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Liebe Leserinnen und Leser,
der Hunger in Gaza ist groß, Deutschland und andere Nationen werfen Nahrungsmittel per Fallschirm ab – eine Praxis, die immer umstrittener wird. Im Thema des Tages berichten wir, in welcher Zwickmühle unsere Regierung hier steckt. Und wir haben mit dem Aktivisten Ruben Neugebauer gesprochen, dessen Team vor Ort ist. In der Grafik des Tages haben wir dargestellt, wie groß der Bedarf an Hilfsgütern im Gazastreifen ist.
Was denken Sie zu diesem komplexen und heiklen Thema? Schreiben Sie mir: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Wenn Hilfslieferungen zur Gefahr werden
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: CORRECTIV-Bericht gefälscht, dahinter steht wohl russische Einflusskampagne
Die deutsche Bundesregierung steckt in der Zwickmühle. Klar ist: Die Menschen in Gaza brauchen dringend Hilfe von außen gegen die Hungersnot.
Doch Israels Regierung lässt Hilfslieferungen per Lastwagen über die Landesgrenzen kaum zu. Derzeit kommen laut „Ärzte ohne Grenzen“ lediglich 60 Lkw mit Hilfslieferungen pro Tag ins Land – gebraucht würden demnach Hunderte.
„Es ist alles da, es braucht nur das ‘Go’ der israelischen Regierung.“
Christian Katzer
Geschäftsführer Ärzte ohne Grenzen
Dieses „Go“ kommt aber nicht. Also behilft sich Deutschland, wie auch andere Staaten, einer Notlösung: Essens-Pakete und medizinische Hilfsgüter werden mit Fallschirmen aus der Luft abgeworfen, sogenannte Air Drops. Daran allerdings wächst die Kritik.

Warum die Kritik?
Die Abwürfe sind gefährlich für die Bewohner Gazas. Wie gefährlich genau, das zeigt ein Sicherheitsbriefing, das die UN vor ein paar Tagen an ihre Mitarbeiter vor Ort geschickt hat und das CORRECTIV vorliegt. Darin heißt es (aus dem Englischen übersetzt):
„Wenn Sie eine Air-Drop-Warnung hören, bringen Sie sich sofort in Sicherheit. Vermeiden Sie öffentliche Flächen, bleiben Sie möglichst in geschlossenen Räumen.“
Sicherheitsbriefing
für UN-Mitarbeiter in Gaza
Die Hungernden vor Ort können es sich aber natürlich nicht leisten, erst einmal in sicheren Gebäuden abzuwarten, bis der Air Drop gelandet ist – vor allem jene Menschen nicht, die in Zelten wohnen müssen. Außerdem müssen sie schnell sein, bevor sich jemand anderes das Essen holt.
Die Abwürfe gelten zudem als ineffizient, weil so nicht sichergestellt ist, dass die Nahrungsmittel möglichst gut aufgeteilt werden.
Warum werden die Air Drops trotzdem eingesetzt?
Unsere Reporterin Samira Joy Frauwallner hat das Auswärtige Amt, das Verteidigungsministerium und Ruben Neugebauer, Safety & Security Advisor bei der NGO Cadus, dazu befragt. Die Antworten:
„Das Auswärtige Amt arbeitet weiter unter Hochdruck daran, den humanitären Landweg mit den erfahrenen UN-Organisationen wieder so weit zu etablieren, dass die Versorgung allein über den Landweg erfolgen kann. Zur Verbesserung der humanitären Lage setzt sich die Bundesregierung außerdem mit Nachdruck für einen Waffenstillstand ein.“
Sprecherin
Auswärtiges Amt
Mit anderen Worten heißt dies: Der Bundesregierung ist klar, dass viele Menschen in Gaza verhungern werden, wenn Israel jetzt nicht schnell den Landweg breit öffnet. Und gleichzeitig traut man sich dort nicht, zu hart mit Israel auf Konfrontationskurs zu gehen.
Auch heißt es: „Nur über den Landweg können Hilfsgüter die Menschen im Gazastreifen in ausreichender Menge erreichen.“
Was sich vor Ort beobachten lässt:
Ruben Neugebauer, den man vor allem von der Seenotrettungs-Organisation Sea Watch kennt, war im April im Gaza: Für die NGO Cadus arbeitet er als Risiko- und Sicherheitsanalyst im Krisengebiet. Die NGO wird vom Auswärtigen Amt unterstützt und arbeitet mit der WHO.

Air Drops hält Neugebauer für wenig sinnvoll: „Eine komplette Bevölkerung damit versorgen, ist komplett absurd.“ Technisch seien große, präzise „Dropzones“, also Landeflächen, nötig – „die gibt es aber nicht im Gaza“.
Selbst die präzisesten ihm bekannten Air-Drop-Systeme für kleine Lasten benötigen mindestens 50 mal 50 Meter und mehr, sagt er. Im Falle Gaza schlügen aber geschätzt bis zu hunderte Kilo schwere Paletten mit einer Geschwindigkeit von mehreren Metern pro Sekunde ein – selbst mit Fallschirm. In den dicht bevölkerten Gebieten und Zeltlandschaften sei das mehr als gefährlich.
Er warnt vor Verletzten und unkontrollierter Verteilung durch das Prinzip „First Come, First Serve“ und dadurch „das Recht des Stärkeren“. Aber auch vor tödlichen Unfällen, wenn Hilfsgüter etwa am Küstenstreifen ins Meer fallen und Menschen zu weit schwimmen und dabei ertrinken.
Sein Fazit ist deutlich: „Air Drop ist immer die schlechteste Variante.“ Diese Form der Hilfslieferung sei nur dann gut, „wenn man gar keine andere Möglichkeit hat.“ In Gaza sei das aber nicht der Fall – Hilfslieferungen könnten über Land erfolgen. Es mangele „rein am politischen Willen“, um „ausreichend Hilfe zuzulassen“.
Air Drops seien außerdem allein aufgrund von Flugstunden und Militärlogistik schon „wahnsinnig teuer“ im Vergleich zu LKW-Lieferungen per Landweg – und wirkten Neugebauer zufolge daher eher wie PR-Maßnahmen.
Trumps Ultimatum an Putin läuft ab
Zwei Tage vor Ablauf von US-Präsident Donald Trumps Ultimatum ist der US-Sonderbeauftragte Steve Witkoff in Russland eingetroffen. Er verhandelt mit Wladimir Putin über ein mögliches Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die USA drohen Russland mit Sanktionen, falls keine Einigung erzielt wird.
fr.de
Nachwuchspolitiker setzen klare Forderungen zur Rentenfinanzierung
Die Jusos, die Grüne Jugend und die Junge Union fordern verschiedene Maßnahmen zur Rentenfinanzierung. Die Jusos (SPD) setzen auf höhere Abgaben von hohen Kapitalerträgen, die Grüne Jugend auf das Heranziehen privater Milliardenvermögen und die Junge Union auf eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit.
welt.de
Lokal: Diebstahl von tödlichem Arsen im Harz
Nach dem Diebstahl von vier Flaschen tödlichem Arsen setzt die Polizei nun eine Belohnung aus. Die Behörden besorgt besonders, was mit dem gestohlenen Arsen passieren könnte.
haz.de
CORRECTIV: Was der Abschied vom Gasanschluss kosten kann
Wie teuer der Umstieg von Erdgas auf eine klimafreundliche Heizart ist, hängt vom Gasnetzbetreiber ab. Eine Umfrage von CORRECTIV und SWR zeigt: Je nach Anbieter kostet es zwischen null und 8.000 Euro.
correctiv.de

Faktencheck

In einem Artikel und einem Video, die von CORRECTIV stammen sollen, wird ein Skandal um Bundeskanzler Friedrich Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beschworen. Doch beides ist gefälscht. Die Fakes stammen offenbar von einer russischen Desinformationskampagne, über die CORRECTIV zuvor berichtete.
correctiv.org
Endlich verständlich
Immer wieder wird behauptet: Die hiesigen Sozialleistungen seien der entscheidende „Pull“-Faktor, weshalb Deutschland für Geflüchtete besonders attraktiv sei. Auch Markus Söder schlug zuletzt vor, die Leistungen für Menschen aus der Ukraine zu kürzen. Doch eine neue Studie des ifo-Instituts in München zeigt Gegenteiliges. Vor allem die Jobchancen und das Lohnniveau sind demnach relevant, denn die meisten Menschen auf der Flucht suchen nach einer Beschäftigung. Außerdem entscheidend: ein persönliches Netzwerk. Sozialleistungen zu kürzen hat demnach – wenn überhaupt – nur eine geringe Auswahl auf die Wahl des Ziellandes.
spiegel.de
So geht’s auch
In Bremen läuft eine Unterschriftenkampagne, um an 26 Fußgängerampeln Motive mit gleichgeschlechtlichen Paaren zu installieren. Das Ziel ist mehr Toleranz im Alltag für Homosexualität.
welt.de
Fundstück
Es sind nun schon 360 Künstlerinnen und Künstler aus Deutschland, die den Offenen Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz unterschrieben haben. Ihre Forderung: „Lassen Sie Gaza nicht sterben, Herr Merz“. In dem Brief geht es um einen ungehinderten Zugang von humanitären Hilfen und den sofortigen Stopp aller deutschen Waffenexporte an Israel.
deutschlandfunk.de
Es gibt ein weit verbreitetes Stereotyp, nach dem die japanische Politik langweilig, rational und höflich sei. Aber die letzte Wahl hat alles verändert. Kommentatoren sprechen von einem Erdbeben, das die politische Landschaft verändert hat, als die rechtsextreme populistische Partei Sanseito von einem auf 15 Sitze anstieg. Das markiert das Ende der siebzigjährigen Dominanz der Liberaldemokratischen Partei. Die regierende LDP-Koalition verlor ihre Mehrheit in beiden Parlamentskammern.
Sanseito ging mit ihrem „Japan zuerst“-Slogan als größte Gewinnerin hervor. Sie nennt Donald Trump als Vorbild, er pflege einen „mutigen politischen Stil“. Der Aufstieg wurzelt in wirtschaftlicher Frustration – die Preise für Reis verdoppelten sich, Löhne stagnieren und die Inflation steigt. Frustrierte junge Wähler wandten sich Parteien zu, die Veränderung versprachen.
Sanseito hat Japans wachsende ausländische Bevölkerung (11 Prozent) mit wirtschaftlichen Problemen verknüpft und Touristen als störend dargestellt. Der Digital-First-Ansatz der Partei brachte ihr fast 500.000 Youtube-Abonnenten, traditionelle Medien werden umgangen.
Japans rechtsextremer Aufstieg spiegelt den Aufstieg der AfD und anderer rechtsextremer Parteien wider. Alle entstanden aus wirtschaftlicher Angst und Einwanderungssorgen. Und alle nutzten digitale Plattformen, um ihre Botschaften zu verbreiten. Sie zeigen, wie populistischer Nationalismus Grenzen überschreitet und dass keine Demokratie gegen diese Strömungen immun ist.

Nach Angaben der Bundeswehr haben die deutschen Transportflugzeuge – Stand gestern – etwa 74 Tonnen Hilfsgüter über dem Gazastreifen abgeworfen. Doch wie viel Hilfe wäre nötig? Unsere Grafik des Tages schlüsselt das auf.
Um die Menschen im Gazastreifen allein mit den wichtigsten Lebensmitteln zu versorgen, wären monatlich etwa 62.000 Tonnen an Lieferungen erforderlich. Das schreibt das Welternährungsprogramm. Das entspricht etwa 100 bis 120 Lastwagen pro Tag. Sollen auch andere Grundbedürfnisse abgedeckt werden, unter anderem Medikamente und Treibstoff, müssten etwa 500 Lkw täglich in das Gebiet fahren. So hoch lag der Wert auch vor dem Hamas-Terroranschlag auf Israel.
Im vergangenen Monat kamen im Gazastreifen etwa 60 bis 80 Lkw pro Tag an. Davor waren es noch weniger. Hinweis: In der Grafik haben wir Angaben der israelischen Behörden verwendet, Angaben anderer Organisationen können aus verschiedenen Gründen davon abweichen.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Tristan Devigne, Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Sebastian Haupt, Jean Peters und Jule Scharun.
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