Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser, 

als wir heute Morgen in der Redaktionskonferenz über unser Thema des Tages sprachen – unerschwingliche Mieten in Großstädten – erzählte eine unserer Reporterinnen von folgendem persönlichen Erlebnis in Berlin: 

Um überhaupt eine Wohnung für sich und ihren Partner zu finden, die weniger als 2.000 Euro Miete im Monat kostet, musste sie eine Schwangerschaft vortäuschen – sonst hätte der Makler (dem sie 6.000 Euro Vermittlungsgebühr zahlte) sie gar nicht erst für die Wohnung in Betracht gezogen.

Wir schauen uns heute an, wie groß das Problem mit den immer weiter steigenden Mieten ist – für die Gesellschaft, aber auch: für den Klimaschutz.

Und wir wollen von Ihnen wissen: Was sind Ihre schlimmsten Erlebnisse mit bezahlbarem Wohnraum? Machen Sie bei unserer Umfrage mit, hier oder per Klick aufs Bild:

Außerdem im SPOTLIGHT: In der Grafik des Tages lesen Sie die Ergebnisse unserer Umfrage von gestern – zur Frage, wie problematisch Sie die überteuerten Maskenkäufe von Jens Spahn finden.

Ich hoffe, Sie hatten einen schönen Tag, und schreiben Sie mir gern: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Wer kann sich die Miete noch leisten?

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: Nach Messerangriff in Bielefeld: Nein, der Verdächtige hatte keine acht Identitäten

Gute Sache(n): Besserer Meeresschutz auf Ozeankonferenz vereinbart • So steht es beim Klimaschutz in der eigenen Kommune • Politischer Mordfall nach über 60 Jahren vor Gericht

CORRECTIV-Werkbank: Jeder zweite deutsche Landkreis ist von Grundwasserstress betroffen

Grafik des Tages: Ihre Meinung zur Debatte um Spahns Maskendeal

Wo ist die Lage am schlimmsten?
In München ist das Mieten am teuersten: Hier zahlt man im Schnitt pro Quadratmeter 22 Euro. Für eine 60-Quadratmeter-Wohnung – also das, was man als kleine Familie in etwa braucht – werden somit durchschnittlich 1.320 Euro kalt fällig. Und begehrte Innenstadtlagen sind noch einmal deutlich teurer.

Aber auch in Berlin ist es mittlerweile richtig schwierig, bezahlbaren Wohnraum zu finden: Hier liegt die durchschnittliche Miete pro Quadratmeter mittlerweile bei etwa 18 Euro. 

Petra Mustermann hat eine bezahlbare Wohnung gefunden – aber wahrscheinlich nicht in Berlin oder München. picture alliance / M.i.S.-Sportpressefoto | MiS

Wozu das führt:
Der Kampf um bezahlbare Mietwohnungen in Großstädten wird mit immer härteren Bandagen ausgetragen: Vermittlungsgebühren, die unter der Hand gezahlt werden, sind offenbar mittlerweile weit verbreitet. Ebenso Mondpreise, die neue Mieter den Vermietern für Möbel zahlen müssen, die eigentlich kaum etwas wert sind.

Wer dazu in die Details einsteigen möchte, dem empfehle ich diesen Thread auf der Social-Media-Plattform Reddit: Verzweifelte Wohnungssuchende listen auf, was ihnen so alles widerfahren ist. Sie zeigen in einem Diagramm zudem, wie viele Anfragen sie an Vermieter geschrieben haben, wie viele davon überhaupt nicht beantwortet wurden und woran es sonst noch so scheitern kann.

Welche gesellschaftlichen Folgen es hat:
Schon vor vier Jahren zeigte diese Studie der Hans-Böckler-Stiftung: Fast 13 Prozent der Mieterinnen und Mieter in Großstädten müssen so viel für die Miete zahlen, dass ihr verfügbares Einkommen danach unterhalb des Existenzminimums liegt.

Und seit dieser Studie hat sich die Lage ja noch weiter verschärft. 

Eine vor wenigen Tagen veröffentlichte Umfrage zeigt: Bei 15 Prozent der Mieter geht mehr als die Hälfte des Lohns nur für die Miete drauf. Früher galt mal die Faustregel, man solle nicht mehr als ein Drittel seines Einkommens für Miete ausgeben – doch das ist vielerorts schon lange nicht mehr durchzuhalten.

Was die Folgen fürs Klima sind:
Auf einem Markt, auf dem die Nachfrage viel größer ist als das Angebot – man also als Mieter überhaupt keinen Gestaltungsspielraum hat, sondern nehmen muss, was man kriegt –, bleibt tendenziell der Klimaschutz auf der Strecke.

Das verdeutlicht unsere vor kurzem veröffentlichte CORRECTIV-Recherche „Mieter in der Heizungsfalle“: Darin zeigte unsere Klima-Reporterin Gesa Steeger, dass Mieterinnen und Mieter faktisch gar keine Chance haben, sich für klimafreundlichere Heizungen in ihrer Wohnung einzusetzen.

Mütterrente lässt auf sich warten 
Der Deutschen Rentenversicherung (DRV) fehlen die Ressourcen, um die von der Koalition geplante Ausweitung der Mütterrente schnell umzusetzen. Die CDU äußert sich verärgert: „Das kann doch beim besten Willen nicht so schwer sein“, kommentierte CDU-Politiker Klaus Holetschek die Meldung der Rentenversicherung. 
spiegel.de

Hamburg: Mordverdacht wegen Manipulation von Kindern im Internet 
Nach einem FBI-Hinweis über einen 13-Jährigen, der in den USA aufgrund psychischer Manipulation und Drohungen im Internet Suizid beging, gründete das LKA Hamburg 2023 die Sonderkommission „Manticore“. Nun nahm sie einen 20-Jährigen fest. Er soll den 13-Jährigen in den Selbstmord getrieben und zahlreiche weitere Straftaten begangen haben. Die Ermittler verdächtigen ihn, führendes Mitglied einer international vernetzten Gruppe zu sein, die gezielt im Netz nach psychisch labilen Kindern und Jugendlichen sucht, um sie zu manipulieren. 
ndr.de 

Foto: Mike / Pixabay

So geht’s auch
Wie kommt die eigene Kommune beim Klimaschutz voran? Das kann jede und jeder über das „Klimadashboard“ nachvollziehen – ein unabhängiges Portal, das zahlreiche Datensätze etwa zu Solarenergie, Gasverbrauch, Hitze und Emissionen verfügbar macht.
klimadashboard.de  

Fundstück
Ein politisch brisanter Mordfall, der nach über 60 Jahren endlich verhandelt wird: Patrice Lumumba, der für die Unabhängigkeit des Kongo gekämpft hatte, wurde 1960 dessen erster Premierminister. Nur wenige Monate später wurde er von Separatisten entführt und ermordet – mit Billigung und teils mithilfe der ehemaligen Kolonialmacht Belgien sowie den USA. Seine Familie kämpfte jahrzehntelang für Aufklärung. Nun soll es vor das Strafgericht in Brüssel gehen. Allerdings lebt nur noch ein einziger der ehemals 12 Angeklagten.    
ecchr.eu (Englisch) / dw.com


Das Thema wird jeden Sommer wieder aktuell – und auch in diesem Jahr steuern wir bereits in einigen Regionen Deutschlands auf eine Dürre zu.

Welche Landkreise besonders betroffen sind, das hat nun das Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) im Auftrag des Umweltverbands BUND untersucht. Das Ergebnis: In 201 von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten wird mehr Grundwasser entnommen als neu gebildet wird oder die Grundwasserstände sinken. Manche Regionen sind auch von beiden Entwicklungen betroffen. Kurz: Rund jeder zweite deutsche Landkreis ist von Grundwasserstress betroffen.

Als Grundlage diente den Forschenden dabei auch eine Recherche, die wir bereits 2022 veröffentlicht haben – die aber immer noch relevant ist. Für unseren Grundwasser-Atlas haben wir damals über Monate hinweg Grundwasserstände aus den letzten 30 Jahren zusammengetragen – für rund 6.700 Grundwassermessstellen in 13 Bundesländern. Die Auswertung lieferte erschreckende Befunde: An knapp der Hälfte aller ausgewerteten Orte fiel das Grundwasser in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 auf den tiefsten Stand seit 1990. Die Ergebnisse für Ihren Landkreis finden Sie hier.

Was mich und meine Kolleginnen, die damals an der Recherche beteiligt waren, seither immer wieder beschäftigt, ist die Frage, wie die Verantwortlichen mit diesen Erkenntnissen umgehen. So haben wir zuletzt bei den zuständigen Behörden in den Bundesländern nachgefragt, ob angesichts der drohenden Dürre die Grundwasserentnahme für die Industrie beschränkt wird.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Sebastian Haupt und Jule Scharun.