
Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.
Liebe Leserinnen und Leser,
unsere heute veröffentlichte Story begann mit einer E-Mail eines SPOTLIGHT-Lesers. Wir bekommen jeden Tag Dutzende Hinweise auf Missstände wie Machtmissbrauch oder Behördenversagen und können nur einem Bruchteil nachgehen. Bei dieser Mail blieben wir nun hängen – weil es um eine Schule geht, die bundesweit bekannt ist: die Rütli-Schule in Berlin.
Viele erinnern sich: Vor 20 Jahren wurde die Bildungsstätte in Neukölln zum Symbol für ein Versagen der Schulpolitik – die kaum Antworten auf die Herausforderungen zu haben schien, die Migration mit sich bringt. Heute gilt die Schule, mittlerweile umbenannt in „Campus Rütli“, als Vorzeigeprojekt: Hier werde gelungene Integration gelebt – so zumindest las es sich zuletzt in Medienberichten.
Wir haben nun allerdings von einem Fall erfahren, der zeigt: Ganz so reibungslos läuft es offenbar an der Rütli-Schule nicht. Er zeigt, dass wir uns als Gesellschaft ehrlicher mit den Herausforderungen beschäftigen müssen, die entstehen, wenn verschiedene Kulturkreise, verschiedene Religionen, verschiedene Bildungsgrade aufeinandertreffen. Mehr im Thema des Tages.
Und wir sammeln Ihre Erfahrungen: Haben Sie an Schulen Erfahrung mit Diskriminierung gemacht – und welcher Art von Diskriminierung?
Außerdem:
- Heute ist in unserem Buchverlag ein neues Buch erschienen: Die CORRECTIV-Story – Wie eine Idee den Journalismus in Deutschland veränderte.
- Und unsere Sparte für Medienbildung, die Reporterfabrik, hat zwei prominente Medienschaffende zu einem Streitgespräch zusammengebracht: Melanie Amann (bis vor Kurzem beim Spiegel) und Ulf Poschardt von der Welt. Sie diskutieren, wie faire Berichterstattung gelingen kann.
Ich hoffe, Sie sind gut in die Woche gestartet. Schreiben Sie mir gern, was Sie sonst noch bewegt: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Wie homophob sind Schüler?
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: UN-Generalversammlung: Johann Wadephul hörte Trump-Rede ohne Übersetzung
CORRECTIV-Werkbank: Absage an AfD-kritische Kunst: Zensur oder Neutralitätspflicht?
Am Campus Rütli in Berlin-Neukölln lernen Schülerinnen und Schüler mit vielen unterschiedlichen Geschichten zusammen: Viele Kinder und Jugendliche haben eine Migrationsgeschichte. Es gibt einen recht großen Anteil an Schülerinnen und Schülern mit arabisch-muslimischem Hintergrund, es gibt solche aus sehr religiösen Familien – und es scheint immer mal wieder zu krachen.
In unserem aktuellen Text beleuchten wir einen Fall von queerfeindlichem Mobbing: Der Ehemann eines Lehrers wurde – offenbar von aktuellen und ehemaligen Schülern – homophob belästigt.
Das ist allerdings nicht das einzige Problem, sondern: Der Umgang der Schulleitung mit dem Fall wirft Fragen auf.

Hier gibt’s auch ein Kurzvideo zur Recherche.
Wie sich die Schulleitung verhielt:
Anstatt den Fall schulöffentlich zu machen und sich entschieden zu distanzieren, breitete sie über den Fall offenbar den Mantel des Schweigens aus.
Das betroffene Lehrerehepaar soll sich allein gelassen fühlen, erfuhren wir – und selbst, als das Berliner Landeskriminalamt vor ein paar Monaten begann, in dem Fall zu ermitteln, beteiligte sie sich offenbar nur schleppend an der Aufklärung.

Was die Verantwortlichen sagen:
Wir von CORRECTIV haben versucht, mit der Schule ins Gespräch zu kommen, außerdem mit der zuständigen Schulaufsichtsbehörde und der Elternvertretung. Niemand davon wollte mit uns sprechen.
Aussagen bekamen wir dagegen von der zuständigen Berliner Senatsverwaltung für Bildung. Sie antwortete im Namen der Schule und der Schulaufsicht: Zu laufenden Ermittlungsverfahren könne und dürfe sie sich nicht äußern. Generell seien Schulen zuweilen mit herausfordernden Situationen konfrontiert.
Wofür der Fall steht:
Es geht eigentlich um eine generelle Frage: Was können/müssen/sollen Schulen tun, wenn Schülerinnen oder Schüler freiheitliche Werte nicht akzeptieren; wenn sie sich frauenverachtend, queerfeindlich oder antisemitisch äußern?
Wie verbreitet ist das Problem?
Genau das ist der Knackpunkt. Bisher nämlich gibt es wenig belastbare Belege dafür, dass etwa Schüler mit muslimisch-arabischem Hintergrund tatsächlich queerfeindlicher sind als andere.
Weil das Thema so heikel ist, haben wir einen Fachautor gebeten, die Studienlage auszuwerten: Carsten Wolf, der für uns im SPOTLIGHT immer wieder Migrationsfragen sachlich einordnet. Er kommt in unserem Text zu dem Ergebnis: Ja, es gibt eine leichte Tendenz – aber andere Faktoren wie der Bildungsgrad oder die Religiosität spielen eine größere Rolle.
Und mit Religiosität ist eben nicht nur streng muslimische, sondern zum Beispiel auch streng christliche Religiosität gemeint. Übrigens sind Anfeindungen gegen Homosexuelle und Trans-Personen auch unter Schülern mit rechter Ideologie verbreitet. Wie gravierend das werden kann, wenn Schulen nicht reagieren, zeigte vor einiger Zeit der Fall einer Schule im brandenburgischen Burg: Dort wurden zwei Lehrkräfte immer wieder aus der rechten Szene angefeindet.
Was passiert jetzt?
Spannend ist, was uns die Berliner Bildungssenatorin noch von ihrem Pressesprecher schreiben ließ:
„Aktuelle wissenschaftliche Erhebungen speziell für Berlin, die nach Migrationshintergrund differenzieren, liegen nicht vor. In den zurückliegenden Legislaturperioden wurde dieses Themenfeld nicht aufgearbeitet – entsprechende Untersuchungen wurden nicht in Auftrag gegeben, da sie offenkundig politisch als diskriminierend bewertet wurden.“
Sprecher
Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie
Die aktuelle Bildungssenatorin ist die CDU-Politikerin Katharina Günther-Wünsch. Sie beschwert sich also durch die Blume, dass der Vorgängersenat – bis 2023, angeführt von der SPD-Politikerin Franziska Giffey – den Elefanten im Raum ignoriert habe.
Wir haben Bildungssenatorin Günther-Wünsch gebeten, zu einem Gespräch in unsere Redaktion zu kommen – was sich anbietet, weil wir ja in Berlin-Neukölln sitzen. Eine Antwort steht noch aus.
Wir wollen mehr über das Thema erfahren …
… und zwar nicht nur über Berlin, sondern über Schulen im ganzen Land. So wollen wir dazu beitragen, ein vollständiges Bild zu zeichnen.
Dafür benötigen wir Ihre Hilfe: Haben Sie – zum Beispiel als Lehrerin oder Lehrer – selbst homophobe, sexistische oder andere Diskriminierung erfahren? Mit Ihrem Einverständnis wollen wir einzelnen Fällen genauer nachgehen.
Wenn Sie unsere Recherche unterstützen möchten, leiten Sie diesen Aufruf gern an Ihr Kollegium oder an Bekannte aus dem Schulbereich weiter. Sie können hier an unserem CrowdNewsroom teilnehmen, oder per Klick aufs Bild:

Frankreichs Premierminister tritt zurück
Sébastien Lecornu tritt als Premierminister Frankreichs nach nur vier Wochen im Amt zurück. Es ist bereits der fünfte Premierminister in zwei Jahren. Ein Nachfolger steht noch nicht fest.
spiegel.de
Merz: „Wehrdienst wird nicht lange freiwillig bleiben“
Für den deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz ist klar: Freiwilligkeit allein wird nicht reichen, um die Bundeswehr wehrfähig zu machen. Er forderte zudem die Einführung eines gesellschaftlichen Pflichtjahres. Dafür bräuchte es jedoch eine Änderung des Grundgesetzes.
zeit.de
Lokal: Klimawandel regional erkennbar in Leipzig
Extreme Wetterphänomene wie Hitze, Starkregen und Hochwasser prägen zunehmend unseren Alltag – eine direkte Folge des menschengemachten Klimawandels. Auch Leipzig erlebte 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – mit Temperaturen weit über den langjährigen Durchschnittswerten, wie die Leipziger Volkszeitung zeigt.
lvz.de
Recherche: Dünn sein um jeden Preis
Eine Recherche des SWR zeigt, welche Gefahren hinter dem neuen Trend der Abnehmspritze stecken und wer davon profitiert. Dabei geht es um ein Medikament, das eigentlich für Erkrankungen wie Diabetes oder Adipositas verschrieben wird. Dennoch gibt es immer wieder gesunde Patienten, die sich ein Rezept für die Spritze verschreiben lassen.
swr.de

Faktencheck

Nius-Chef Julian Reichelt deutet auf X an, Bundesaußenminister Johann Wadephul habe eine Übersetzung für Trumps Rede vor der UN-Generalversammlung gebraucht. Dabei zählt Deutsch überhaupt nicht zu den Amtssprachen der UN – und ist dementsprechend auch nicht als Übersetzungsoption verfügbar.
correctiv.org
Endlich verständlich
Rund 1,2 Millionen Wohnungen fehlen allein im Westen der Bundesrepublik. Das hat das in Hannover ansässige Pestel-Institut im Auftrag der Messe München errechnet. Und es erklärt, warum das auch für die Wirtschaft schlecht ist: Denn laut Studie schrecken Arbeitnehmende vor einem Jobwechsel zurück, wenn dieser mit der Suche nach einer neuen Wohnung verbunden ist.
spiegel.de
So geht’s auch
Streitpunkt E-Autos: Während in Deutschland oft emotional darüber diskutiert wird, legen andere Länder vor. Zum Beispiel Dänemark. Über die Hälfte aller neu zugelassenen Autos im letzten Jahr waren Elektrofahrzeuge. In Deutschland betrug der Anteil rund 13 Prozent. Neben einer gut ausgebauten Ladeinfrastruktur in Dänemark helfen vor allem Steueranreize. Für E-Autos werden deutlich weniger Abgaben fällig. Gute Nachricht für alle deutschen Elektro-Fahrenden: Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) will die Steuerbefreiung für E-Autos bis 2035 verlängern.
wiwo.de
Fundstück
Das Oktoberfest ist für dieses Jahr beendet. Zumindest in München. In anderen Teilen der Welt wird zum Teil noch gefeiert – etwa im kanadischen Ontario. Der Reisereporter stellt hier einige Orte vor, die nach bayerischem Vorbild ein eigenes Oktoberfest ausrichten. Darunter: Städte in China, Brasilien und den USA.
reisereporter.de
Wie neutral muss eine Stadtverwaltung sein und wann ist eine Ausladung eine Ausladung? Diese Fragen beschäftigen uns in der Gelsenkirchener Lokalredaktion seit vergangener Woche. Darum geht’s: Die Künstlerin Melisa Kujević aus Saarbrücken wollte auf dem Goldstücke-Festival ihre Lichtinstallation „Hallender Hass“ zeigen, die sich mit der Normalisierung rechter Rhetorik beschäftigt, insbesondere mit Blick auf die AfD. Das hat nicht geklappt, die Stadtverwaltung hat die Teilnahme abgesagt. Das Projekt passe nicht zum diesjährigen Motto „Active positive“ und sei nicht mit dem Neutralitätsgebot vereinbar.
Die Künstlerin wirft der Verwaltung Zensur vor, spricht von einer „Ausladung“ und kündigt rechtliche Schritte an. Einen schriftlichen Vertrag gibt es nicht – darauf verweist auch die Kommune wiederholt. Sie will deshalb nichts von einer Ausladung wissen, es gebe ja auch keine offizielle Einladung. Aber: Mails zwischen dem Kurator des Festivals und der Künstlerin, die uns vorliegen, lassen kaum Zweifel an einer Zusage. Es geht um sehr konkrete Absprachen, wie den Transport der Arbeiten oder Hotelbuchungen.
Unsere Frage danach, wer die Absage am Ende entschieden hat, lässt die Verwaltung unbeantwortet. Ebenso, wer die rechtliche Einschätzung zur Neutralitätspflicht gab. Die gilt insbesondere vor Wahlen. Die Gelsenkirchener Verwaltung argumentiert, dass mit der Öffentlichkeitsarbeit für das Festival schon vor der Oberbürgermeister-Stichwahl am 28. September begonnen worden sei. Das Festival selbst fand erst danach statt. Letztlich könnten nur Gerichte in einem solchen Fall entscheiden, sagten uns Verwaltungsjuristen.
Die Installation indes könnte Gelsenkirchen trotzdem noch erreichen – es gibt erste Gespräche zwischen Kunstschaffenden in der Stadt und Melisa Kujević. Und: Teile der Arbeit wollen wir selbst bei uns im Café SPOTLIGHT in der Gelsenkirchener Innenstadt ausstellen. Haben Sie Gedanken zur Absage? Melden Sie sich gerne bei mir: mario.buescher@correctiv.org.

Seit dem Terrorangriff auf Israel vor zwei Jahren und dem Krieg im Gazastreifen berichten jüdische Menschen in Deutschland von mehr Antisemitismus. Der neue Rias-Bericht bestätigt diese Wahrnehmung: Die Anzahl der Versammlung mit antisemitischen Parolen hat sich demnach vervielfacht. „Aufrufe zur Vernichtung Israels, Befürwortung von Gewalt gegen Jüdinnen und Juden, offene Unterstützung des Terrors der Hamas und die Relativierung der Schoa – all das ist zwei Jahre nach dem 7. Oktober zur bedrückenden Normalität geworden“, sagte Benjamin Steinitz, Geschäftsführer des Bundesverbands Rias.
Übrigens: Natürlich führt der fortdauernde Krieg im Gazastreifen auch zu Kritik am Vorgehen der Regierung Netanjahu. Wo die Grenze zwischen legitimer Kritik und Antisemitmus verläuft, ordnet hier der BR ein.
zeit.de
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Samira Joy Frauwallner, Leonie Georg, Sebastian Haupt, Ulrich Kraetzer und Jule Scharun.
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