Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters

Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.

Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

unsere heute veröffentlichte Story begann mit einer E-Mail eines SPOTLIGHT-Lesers. Wir bekommen jeden Tag Dutzende Hinweise auf Missstände wie Machtmissbrauch oder Behördenversagen und können nur einem Bruchteil nachgehen. Bei dieser Mail blieben wir nun hängen – weil es um eine Schule geht, die bundesweit bekannt ist: die Rütli-Schule in Berlin.

Viele erinnern sich: Vor 20 Jahren wurde die Bildungsstätte in Neukölln zum Symbol für ein Versagen der Schulpolitik – die kaum Antworten auf die Herausforderungen zu haben schien, die Migration mit sich bringt. Heute gilt die Schule, mittlerweile umbenannt in „Campus Rütli“, als Vorzeigeprojekt: Hier werde gelungene Integration gelebt – so zumindest las es sich zuletzt in Medienberichten.

Wir haben nun allerdings von einem Fall erfahren, der zeigt: Ganz so reibungslos läuft es offenbar an der Rütli-Schule nicht. Er zeigt, dass wir uns als Gesellschaft ehrlicher mit den Herausforderungen beschäftigen müssen, die entstehen, wenn verschiedene Kulturkreise, verschiedene Religionen, verschiedene Bildungsgrade aufeinandertreffen. Mehr im Thema des Tages.

Und wir sammeln Ihre Erfahrungen: Haben Sie an Schulen Erfahrung mit Diskriminierung gemacht – und welcher Art von Diskriminierung?

Außerdem: 

  • Und unsere Sparte für Medienbildung, die Reporterfabrik, hat zwei prominente Medienschaffende zu einem Streitgespräch zusammengebracht: Melanie Amann (bis vor Kurzem beim Spiegel) und Ulf Poschardt von der Welt. Sie diskutieren, wie faire Berichterstattung gelingen kann. 

Ich hoffe, Sie sind gut in die Woche gestartet. Schreiben Sie mir gern, was Sie sonst noch bewegt: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Wie homophob sind Schüler?

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: UN-Generalversammlung: Johann Wadephul hörte Trump-Rede ohne Übersetzung

Gute Sache(n): Erklärt: So wirkt sich der Wohnungsmangel auf die Wirtschaft aus • E-Auto-Boom durch Steuer-Anreize • Oktoberfest weltweit

CORRECTIV-Werkbank: Absage an AfD-kritische Kunst: Zensur oder Neutralitätspflicht?

Grafik des Tages: Antisemitische Vorfälle haben zugenommen

In unserem aktuellen Text beleuchten wir einen Fall von queerfeindlichem Mobbing: Der Ehemann eines Lehrers wurde – offenbar von aktuellen und ehemaligen Schülern – homophob belästigt. 

Das ist allerdings nicht das einzige Problem, sondern: Der Umgang der Schulleitung mit dem Fall wirft Fragen auf.

Sind Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger homophob als andere? Die Frage scheint ein riesiger Elefant im politischen Raum zu sein (Foto: Niklas König)

Hier gibt’s auch ein Kurzvideo zur Recherche.

Wie sich die Schulleitung verhielt:
Anstatt den Fall schulöffentlich zu machen und sich entschieden zu distanzieren, breitete sie über den Fall offenbar den Mantel des Schweigens aus. 

Das betroffene Lehrerehepaar soll sich allein gelassen fühlen, erfuhren wir – und selbst, als das Berliner Landeskriminalamt vor ein paar Monaten begann, in dem Fall zu ermitteln, beteiligte sie sich offenbar nur schleppend an der Aufklärung. 

Rütli-Campus in Berlin-Neukölln: Über den Vorfall mit homophoben Hassbotschaften wurde nicht proaktiv informiert. Quelle: picture alliance/dpa | Sebastian Christoph Gollnow

Was die Verantwortlichen sagen:
Wir von CORRECTIV haben versucht, mit der Schule ins Gespräch zu kommen, außerdem mit der zuständigen Schulaufsichtsbehörde und der Elternvertretung. Niemand davon wollte mit uns sprechen.

Aussagen bekamen wir dagegen von der zuständigen Berliner Senatsverwaltung für Bildung. Sie antwortete im Namen der Schule und der Schulaufsicht: Zu laufenden Ermittlungsverfahren könne und dürfe sie sich nicht äußern. Generell seien Schulen zuweilen mit herausfordernden Situationen konfrontiert.

Wofür der Fall steht:
Es geht eigentlich um eine generelle Frage: Was können/müssen/sollen Schulen tun, wenn Schülerinnen oder Schüler freiheitliche Werte nicht akzeptieren; wenn sie sich frauenverachtend, queerfeindlich oder antisemitisch äußern? 

Wie verbreitet ist das Problem?
Genau das ist der Knackpunkt. Bisher nämlich gibt es wenig belastbare Belege dafür, dass etwa Schüler mit muslimisch-arabischem Hintergrund tatsächlich queerfeindlicher sind als andere.

Weil das Thema so heikel ist, haben wir einen Fachautor gebeten, die Studienlage auszuwerten: Carsten Wolf, der für uns im SPOTLIGHT immer wieder Migrationsfragen sachlich einordnet. Er kommt in unserem Text zu dem Ergebnis: Ja, es gibt eine leichte Tendenz – aber andere Faktoren wie der Bildungsgrad oder die Religiosität spielen eine größere Rolle. 

Und mit Religiosität ist eben nicht nur streng muslimische, sondern zum Beispiel auch streng christliche Religiosität gemeint. Übrigens sind Anfeindungen gegen Homosexuelle und Trans-Personen auch unter Schülern mit rechter Ideologie verbreitet. Wie gravierend das werden kann, wenn Schulen nicht reagieren, zeigte vor einiger Zeit der Fall einer Schule im brandenburgischen Burg: Dort wurden zwei Lehrkräfte immer wieder aus der rechten Szene angefeindet.  

Was passiert jetzt?
Spannend ist, was uns die Berliner Bildungssenatorin noch von ihrem Pressesprecher schreiben ließ: 

„Aktuelle wissenschaftliche Erhebungen speziell für Berlin, die nach Migrationshintergrund differenzieren, liegen nicht vor. In den zurückliegenden Legislaturperioden wurde dieses Themenfeld nicht aufgearbeitet – entsprechende Untersuchungen wurden nicht in Auftrag gegeben, da sie offenkundig politisch als diskriminierend bewertet wurden.“
Sprecher
Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie

Die aktuelle Bildungssenatorin ist die CDU-Politikerin Katharina Günther-Wünsch. Sie beschwert sich also durch die Blume, dass der Vorgängersenat – bis 2023, angeführt von der SPD-Politikerin Franziska Giffey – den Elefanten im Raum ignoriert habe.

Wir haben Bildungssenatorin Günther-Wünsch gebeten, zu einem Gespräch in unsere Redaktion zu kommen – was sich anbietet, weil wir ja in Berlin-Neukölln sitzen. Eine Antwort steht noch aus.

Wir wollen mehr über das Thema erfahren …
… und zwar nicht nur über Berlin, sondern über Schulen im ganzen Land. So wollen wir dazu beitragen, ein vollständiges Bild zu zeichnen.

Dafür benötigen wir Ihre Hilfe: Haben Sie – zum Beispiel als Lehrerin oder Lehrer – selbst homophobe, sexistische oder andere Diskriminierung erfahren? Mit Ihrem Einverständnis wollen wir einzelnen Fällen genauer nachgehen. 

Wenn Sie unsere Recherche unterstützen möchten, leiten Sie diesen Aufruf gern an Ihr Kollegium oder an Bekannte aus dem Schulbereich weiter. Sie können hier an unserem CrowdNewsroom teilnehmen, oder per Klick aufs Bild:

Merz: „Wehrdienst wird nicht lange freiwillig bleiben“
Für den deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz ist klar: Freiwilligkeit allein wird nicht reichen, um die Bundeswehr wehrfähig zu machen. Er forderte zudem die Einführung eines gesellschaftlichen Pflichtjahres. Dafür bräuchte es jedoch eine Änderung des Grundgesetzes.
zeit.de 

Lokal: Klimawandel regional erkennbar in Leipzig 
Extreme Wetterphänomene wie Hitze, Starkregen und Hochwasser prägen zunehmend unseren Alltag – eine direkte Folge des menschengemachten Klimawandels. Auch Leipzig erlebte 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – mit Temperaturen weit über den langjährigen Durchschnittswerten, wie die Leipziger Volkszeitung zeigt.
lvz.de

Recherche: Dünn sein um jeden Preis 
Eine Recherche des SWR zeigt, welche Gefahren hinter dem neuen Trend der Abnehmspritze stecken und wer davon profitiert. Dabei geht es um ein Medikament, das eigentlich für Erkrankungen wie Diabetes oder Adipositas verschrieben wird. Dennoch gibt es immer wieder gesunde Patienten, die sich ein Rezept für die Spritze verschreiben lassen.
swr.de

Bundesaußenminister Johann Wadephul sitzt am Tisch in der UN-Generalversammlung
Bundesaußenminister Johann Wadephul bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen im September 2025 (Foto: Kay Nietfeld / DPA / Picture Alliance)

So geht’s auch
Streitpunkt E-Autos: Während in Deutschland oft emotional darüber diskutiert wird, legen andere Länder vor. Zum Beispiel Dänemark. Über die Hälfte aller neu zugelassenen Autos im letzten Jahr waren Elektrofahrzeuge. In Deutschland betrug der Anteil rund 13 Prozent. Neben einer gut ausgebauten Ladeinfrastruktur in Dänemark helfen vor allem Steueranreize. Für E-Autos werden deutlich weniger Abgaben fällig. Gute Nachricht für alle deutschen Elektro-Fahrenden: Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) will die Steuerbefreiung für E-Autos bis 2035 verlängern. 
wiwo.de 

Fundstück
Das Oktoberfest ist für dieses Jahr beendet. Zumindest in München. In anderen Teilen der Welt wird zum Teil noch gefeiert – etwa im kanadischen Ontario. Der Reisereporter stellt hier einige Orte vor, die nach bayerischem Vorbild ein eigenes Oktoberfest ausrichten. Darunter: Städte in China, Brasilien und den USA. 
reisereporter.de


Die Künstlerin wirft der Verwaltung Zensur vor, spricht von einer  „Ausladung“ und kündigt rechtliche Schritte an. Einen schriftlichen Vertrag gibt es nicht – darauf verweist auch die Kommune wiederholt. Sie will deshalb nichts von einer Ausladung wissen, es gebe ja auch keine offizielle Einladung. Aber: Mails zwischen dem Kurator des Festivals und der Künstlerin, die uns vorliegen, lassen kaum Zweifel an einer Zusage. Es geht um sehr konkrete Absprachen, wie den Transport der Arbeiten oder Hotelbuchungen. 

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Samira Joy Frauwallner, Leonie Georg, Sebastian Haupt, Ulrich Kraetzer und Jule Scharun.