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Liebe Leserinnen und Leser,
am Sonntag werden im größten Bundesland Nordrhein-Westfalen neue Kommunalparlamente und Bürgermeisterinnen und-meister gewählt. Deshalb liegen gerade bei den Vertretern der Parteien die Nerven blank – gerade auch in der CDU.
Für sie geht es aktuell um den wichtigsten Richtungsstreit seit Jahrzehnten: Darf, soll oder muss sie sogar künftig mit der rechtsextremen AfD zusammenarbeiten – besonders auch in den Kommunalparlamenten? Dieser Streit spitzt sich gerade zu. Im Zentrum steht nun ausgerechnet jener NRW-CDU-Politiker, den ich Anfang dieser Woche zum Videointerview getroffen habe: Karl-Josef Laumann, Urgestein der Partei und einer, der das Christliche in der CDU hochhält.
Heute haben wir das Interview veröffentlicht. Es ging genau um diese Frage: Wie viel „C“ steckt noch in der CDU? Kurz nach dem Interview drohte Laumann mit seinem Austritt aus der Partei.

Alle Hintergründe im Thema des Tages. Dort werden auch Ihre Leserfragen an Laumann beantwortet, die wir im SPOTLIGHT gesammelt hatten.
Außerdem im SPOTLIGHT: In der „Leserfrage der Woche“ geht es um die Frage: Kann man sich als Einzelperson dagegen wehren, wenn die Polizei Software des umstrittenen US-Konzerns Palantir einsetzt?
Wie stehen Sie zur CDU? Setzen Sie Hoffnungen auf die Partei? Schreiben Sie es meiner Kollegin: leonie.georg@correctiv.org. Und haben Sie ein schönes Wochenende!
Thema des Tages: Wie viel „C“ steckt noch in der CDU?
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Leserfrage der Woche: Kann eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht Palantir stoppen?
Faktencheck: HSV-Rufe fälschlich als Stimmungsmache gegen Migranten ausgegeben
CORRECTIV-Werkbank: Dortmunder Unternehmer mischt sich per Brief in den Wahlkampf ein
Grafik des Tages: Förderung nur für linke Zivilgesellschaft? Nein
Die CDU steht vor einem Problem – ihr Fraktionschef im Bundestag, Jens Spahn, hat es vor ein paar Tagen in einem Interview mit der FAZ (hinter deren Bezahlschranke) so beschrieben:
„Deutschland wählt seit zehn Jahren in Mehrheit Mitte-rechts, wird dann aber von Mitte-links-Regierungen regiert.“
Jens Spahn
CDU-Fraktionschef im Bundestag
Dieses Zitat griff eine eher unbekannte CDU-Politikerin auf, Carina Herrmann aus Göttingen, Mitglied des niedersächsischen Landtags. Sie spann den Gedanken von Spahn weiter und sagte, es müssten auch „andere Mehrheiten“ möglich sein. Klar war, dass sie meinte: mit der AfD.
Was dann passierte:
NRW-Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann, der als langjähriger Vertreter der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) in der CDU und als überzeugter Christ dafür steht, dass seine Partei fest auf dem Boden des Grundgesetzes steht, platzte der Kragen – das wurde uns aus seinem Umfeld bestätigt:
Laumann packte nach der Herrmann-Äußerung bei einer Sitzung des CDU-Bundesvorstandes die Wut. Er drohte, aus der Partei auszutreten, sollte es tatsächlich künftig Zusammenarbeit mit der AfD geben, wie auch immer geartet: Mehrheitsbildung in Kommunalparlamenten oder gemeinsame Abstimmungen, die immer normaler würden.

Weshalb das so relevant ist:
Wegen der Kommunalwahlen am kommenden Sonntag in NRW. Laumann ist einer der vielen überzeugten Demokraten in der Partei, der seit Wochen im ganzen Land unterwegs ist, um die Wählerinnen und Wähler zu überzeugen: Wählt ihr uns, kauft ihr nicht versehentlich die AfD mit ein.
Zitate wie die von Hermann sind Gift für diese zentrale Wahlkampfaussage der CDU.
Welche Rolle Jens Spahn dabei spielt:
Er gilt als einer, der mit seinen Aussagen und seinen Verbindungen die Partei weiter nach rechts rückt – wie wir von CORRECTIV in unserer Serie „Das Spahn-Netzwerk“ fortlaufend dokumentieren.
Zwar war der konkrete Auslöser für den Laumann-Wutanfall das Zitat der niedersächsischen Parteikollegin – aber sie setzte ja auf das auf, was Spahn zuvor gesagt hatte.
Im Interview hatte ich Laumann gefragt, ob Spahn seiner Ansicht nach eine stabile Haltung gegen die AfD hat. Seine Antwort:
„Da haben Sie mal gar keine Sorgen. Christdemokrat zu sein und AfD, wie die AfD heute ist, schließt sich aus.“
Karl-Josef Laumann
NRW-Arbeitsminister – im CORRECTIV-Interview
Wenn Sie genau hinschauen beziehungsweise genau lesen, sehen Sie vielleicht, dass Laumann in seiner Antwort ganz geschickt vermeidet, direkt etwas zu seiner Einschätzung von Jens Spahn zu sagen.
Wo steht die CDU derzeit insgesamt?
Nach dem Videointerview haben wir Laumann noch die Fragen der SPOTLIGHT-Leserinnen und -Leser geschickt. Natürlich nicht alle, sondern ein paar, die das zusammenfassen, was die meisten von Ihnen geschrieben haben. Hier die Fragen und Antworten:
1. Warum will die CDU am Sozialstaat sparen und nicht an den Reichen? Weshalb hat sie so eine Angst vor einer Vermögensteuer für Superreiche?
Frage von Gabriele V.
Laumann: Die CDU will nicht am Sozialstaat sparen, sondern ihn so reformieren, dass er auch in Zukunft Bestand hat. Hier brauchen wir ein schlüssiges Gesamtsystem, das zum einen auf einem soliden finanziellen Fundament steht und zum anderen den Menschen die nötige Sicherheit gibt, dass sie auf die Solidarität der Gesellschaft vertrauen können. Da bringt es uns nicht weiter, einzelne Finanzposten gegeneinander aufzurechnen.
2. Warum wird über das Thema „Reformen des Sozialstaats“ vs. „Höhere Steuern für Reiche“ immer als ein Entweder – Oder? diskutiert? Warum kann man nicht beides machen: Die sozialen Sicherungssysteme fit für die Zukunft machen, aber dafür auch diejenigen bitten, ihren Teil beizutragen, denen das finanziell nicht weh tut?
Frage von Stefan H.
Laumann: Meiner Meinung nach passiert das ja schon. Wer zum Beispiel mehr verdient, hat schon heute höhere Steuersätze. Aber so einfach ist es sowieso nicht: Die Sozialversicherungen werden grundsätzlich – wie es der Name schon nahelegt – durch Versicherungsbeiträge finanziert, wobei es in weitaus geringerem Maße Steuerzuschüsse gibt. Wir brauchen wie gesagt ein Gesamtsystem, bei dem ich es auch so sehe, dass es kein „Entweder – Oder“ geben muss.
3. Warum ist kein Vertreter des Arbeitnehmerflügels in der Regierung?
Frage von Johann H.
Sicherlich hätten auch Vertreterinnen und Vertreter der CDA auch der Riege der Ministerinnen und Minister gut getan. Aber: Friedrich Merz hat ein gutes Kabinett zusammengestellt. Und es kommt vielmehr auf die Teamchemie und vor allem die Inhalte und den Koalitionsvertrag an.
4. Was müsste in der CDU/CSU passieren, damit Sie sagen würden: Das „C“ passt nicht mehr?
Frage von Karin N.
Laumann: Wenn man gemeinsame Sache mit der AfD machen würde. Die AfD ist eine Nazi-Partei. Damit ist klar: Die Inhalte und Positionen der AfD sind unvereinbar mit den Werten der Christdemokratie und damit auch der CDU.
5. Inwiefern trägt die Rhetorik des Bundeskanzlers und anderer CDU-Spitzenpolitiker (z.B. bei Kürzungen am Sozialstaat) Ihrer Meinung nach dazu bei, dass sich die Spaltung unserer Gesellschaft vertieft und damit den Aufstieg populistischer Kräfte begünstigt?
Frage von Alexander G.
Laumann: Dazu trägt nicht die Rhetorik des Bundeskanzlers bei, sondern das perfide Vorgehen der radikalen und extremistischen Parteien. Ich kenne Friedrich Merz schon lange und habe ihn als einen Mann kennengelernt, der durchaus Ecken und Kanten hat, aber unser Land voranbringen will. Und meiner Meinung nach ist es unbestritten, dass wir den Sozialstaat reformieren müssen.
Brasiliens Ex-Präsident muss für 27 Jahre in Haft
Der ehemalige brasilianische Präsident Jair Bolsonaro wurde von Brasiliens Oberstem Gericht zu 27 Jahren Haft verurteilt. Nach seiner Wahlniederlage 2022 habe Bolsonaro einen Staatsstreich gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Lula da Silva geplant, um eine Neuwahl in Brasilien zu erzwingen.
spiegel.de
Tod von Charlie Kirk: Trump gibt Festnahme bekannt
Der US-Präsident Donald Trump machte kurz nach Bekanntwerden des Vorfalls die Linke in den USA für den Anschlag auf Kirk verantwortlich. Inzwischen vermeldete er die Festnahme eines Tatverdächtigen.
tagesschau.de
Lokal: Thüringens FDP-Chef tritt aus Partei aus
Der FDP-Vorsitzende Thomas Kemmerich tritt aus der FDP aus. Als Begründung nannte er, „dass sich meine Vorstellungen von der Zukunft unseres Landes und die inhaltliche Ausrichtung der Partei auseinander entwickelt haben“. 2020 wurde Kemmerich auch mit der Hilfe von AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt. Nach kurzer Zeit trat er wegen Protesten und innerparteilichem Druck zurück.
zeit.de / thueringer-allgemeine.de
Recherche: Wie ein selbsternannter Lebenscoach Gewalt gegen Frauen verharmlost
Eine Recherche des ORF und des Magazins Datum zeigt, wie der selbsternannte Lebenscoach Markus Streinz mit gewalttätigen Praktiken vorgibt, Frauen zu therapieren, sie aber verletzt und erniedrigt. Die Bundes-Sektenstelle schlägt Alarm: „Wir befürchten, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis jemand durch Streinz’ Praktiken stirbt.“
kleinezeitung.at / datum.at(€)

Leserfrage der Woche

SPOTLIGHT-Leser Ralph G. hat uns gefragt: Was kann gegen die Einführung des Software-Systems von dem US-Unternehmen Palantir getan werden? Kann eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht mit entsprechender höchstrichterlicher Entscheidung Palantir stoppen?
Zum Verständnis: Palantir ist ein US-Software Unternehmen, das ein Computersystem namens „Gotham“ erfunden hat, das bereits einige Bundesländer für ihre Polizeiarbeit nutzen. Dieses soll die Strafverfolgung vereinfachen. Dabei werden unzählige Daten gesammelt und analysiert. Kritiker haben große Sorgen, was mit den Daten geschehen kann, wenn sie in die Hände der US-Regierung gelangen könnten. Hinzu kommt: Der Gründer von Palantir Peter Thiel ist ein Unterstützer radikaler rechter Gruppen.
Wir haben Expertinnen und Experten gefragt. Simone Ruf von der Gesellschaft für Freiheitsrecht sagt: „Ihre Sorge ist absolut berechtigt. Der Einsatz der Palantir-Software durch deutsche Sicherheitsbehörden ist aus Sicht der GFF ein schwerer Eingriff in Grundrechte.“ Die Software führt verschiedenste Datenquellen und eine KI-Analyse polizeilicher Datenbestände zusammen. Dabei könnten auch „unbescholtene Bürger“, etwa Opfer oder Zeuginnen von Straftaten, ins Visier polizeilicher Maßnahmen geraten, so die Juristin. Zudem sei nicht ausgeschlossen, dass Daten aus der Software an Palantir oder an andere Staaten abfließen.
Um gegen das Software-System vorzugehen, empfiehlt sie, sich an Abgeordnete zu wenden oder an Petitionen und entsprechenden Protesten teilzunehmen.
Auch die Co-Vorsitzende des Zentrums für Digitalen Fortschritt, Svea Windwehr, warnt vor der Verwendung der Software. Zudem betont sie: Palantir-Gründer Thiel sei ein enger Vertrauter Trumps und ein „frauen- und demokratiefeindlicher Rechtslibertärer“. Doch auch der Einsatz von europäischer oder deutscher Überwachungssoftware sei problematisch. Die Überwachungspläne der großen Koalition bewertet sie als „grund- und europarechtswidrig – ganz egal, wer die Software für die Umsetzung liefert“.

Ein Video soll zeigen, wie eine Menschenmenge in Deutschland „Send them home“ skandiert und fordere, dass Migranten abgeschoben werden. Die Verbreiter des Videos setzen offenbar darauf, dass man hört, was man hören will. Denn die Realität klingt anders.
correctiv.org
Endlich verständlich
Luna und Rayan aus unserer Jugendredaktion Salon5 erklären, wie wichtig Kommunalwahlen auch für junge Menschen sind – und welche Rolle das Jugendparlament in Bottrop spielt. Denn in diesem Gremium besprechen die Jugendlichen, was sie vor Ort verändern wollen. Wie es dabei hilft, die Interessen der jungen Menschen in Bottrop besser zu vertreten, lesen Sie hier:
salon5.correctiv.net
So geht’s auch
27 Schülerinnen und Schüler in Senftenberg haben zusammen mit ihren Lehrern und einer Journalistin ein Buch gegen Extremismus und für Demokratie geschrieben. Darin geht es vor allem um Extremismus und Rassismus im Alltag. Die Schüler wollen an die Menschen appellieren, aufklären und Mut machen.
instagram.com
Fundstück
Um das Ehrenamt in Deutschland attraktiver zu gestalten, hat das Bundeskabinett beschlossen, die steuerlich absetzbare Pauschale für Ehrenamtler zu erhöhen. Auch das sogenannte Haftungsprivileg soll ausgeweitet werden, das heißt, Ehrenamtler sind bei Ihrer Arbeit besser geschützt.
wdr.de
Als ich kürzlich durch den Westenhellweg in der Innenstadt Dortmunds schlenderte, lachten mich bunte Plakate mit fettgedruckten Versprechen an. Am Sonntag ist Kommunalwahl. Ehrenbürger und Unternehmer Jochen Opländer schaltete daher in den „Ruhrnachrichten“ eine Anzeige. Er wetterte gegen die kommunale Politik, sprach von „Partei-Kumpanei”“ und „politischem Klüngel“. Worauf er sich konkret bezieht, schreibt er nicht.
Enttäuscht von der kommunalen Politik wirbt er für den parteilosen Kandidaten Martin Cremer. Warum ein parteiloser Kandidaten besser wäre, lässt er ebenfalls unbegründet. Fakt ist, dass beide sich kennen: Sie sitzen im Aufsichtsrat desselben Unternehmens.
Medial bekommt der Brief natürlich reichlich Aufmerksamkeit. Der CDU-Parteichef etwa Dortmunds vergleicht Opländer mit Elon Musk. Opländers Brief wird zum Skandal.
Ich fragte die Politikwissenschaftlerin Ute Fischer von der FH Dortmund, wie viel Einfluss der Brief tatsächlich hat: „Herr Opländer zeigt sich hier schlecht informiert. Daher würde ich dem Offenen Brief und den Auslassungen Herrn Opländers kein großes Gewicht beimessen.“ Fischer sieht das Problem bei den Medien, die den Brief skandalisieren. Das schade dem Wahlkampf mehr als der Brief an sich.

Zu viel Geld für den linken Teil der Zivilgesellschaft? Diese Behauptung kommt in jüngerer Zeit immer wieder auf. Angeblich finanziere der Staat mit seinen Fördergeldern etwa für Demokratieprojekte nur ein linkes Klientel. Autorinnen der Zeit haben die These näher überprüft – und zeichnen hier (€) nach, wie diese Behauptung als Kampfstrategie der extremen Rechten inzwischen weit in die Mitte vorgestoßen ist. Ursprünglich von der AfD immer wieder lanciert, um Präventionsprojekte gegen Extremismus auszutrocknen, fragte im Februar auch die Union nach der Finanzierung zahlreicher NGOs, die gegen das Zusammenstimmen von Union und AfD im Bundestag protestiert hatten.
Besonders im Fokus: Die Omas gegen Rechts. Anders als häufig dargestellt sind diese aber nicht gemeinnützig, also gerade nicht steuerbegünstigt. Und sie erhielten in der Vergangenheit lediglich einige projektgebundene Mittel. Anders als etwa die Ludwig-Erhard-Stiftung, eine FDP-nahe Einrichtung, die für die Arbeit ihrer ordoliberalen Denkfabrik 800.000 Euro kassiert. Das meiste öffentliche Geld aber, so die Zeit-Autorinnen, geht ohnehin an andere Vereinigungen: Sportverbände und Wohlfahrtsverbände.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Leonie Georg, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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