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Wie lösungsorientierter Journalismus im Lokalen funktioniert

Lösungsjournalismus und Lokaljournalismus - passt das zusammen? Das Bonn Institute wollte das herausfinden und arbeitete dafür im letzten Jahr eng mit der Lokalredaktion der Rheinischen Post in Mönchengladbach zusammen. Was dabei herausgekommen ist, erfährst du in diesem Fallbeispiel.

von Tobias Hauswurz

Moenchengladbach-Bonn-Institute

Zwischen Juni und November 2022 veröffentlichte die Lokalredaktion 20 lösungsorientierte Geschichte rund um den Themenkomplex Innenstadtentwicklung. Der dabei entwickelte Workflow um vom Thema zur lösungsorientierten Geschichte zu kommen, lässt sich auch auf viele andere Themenkomplexe anwenden und ist leicht nachzumachen.

Vom Themenkomplex zur lösungsorientierten Geschichte

Im Prinzip geht es darum in vier Schritten wie mit einem Mikroskop erst immer näher ranzuzoomen, um am Ende schließlich den Kopf wieder zu heben, und sich umzuschauen. Die vier Schritte sind:

Schritt 1: Themenkomplex finden

Zuerst ging es für die Redaktion darum, ein großes Überthema zu finden und einigte sich am Ende darauf, die nächsten Monate lösungsorientiert über die Entwicklung der Innenstadt zu berichten.

Schritt 2: Themenkomplex herunterbrechen

Im nächsten Schritt hat die Redaktion das Überthema weiter heruntergebrochen. Zur Innenstadtentwicklung gehören fast immer Unterthemen wie Handel, Sicherheit, Verkehr, Gestaltung oder Wohnen. Mit einem Unterthema geht es weiter zu Schritt 3.

Schritt 3: Teilaspekte identifizieren

Jedes Unterthema besteht wiederum aus mehreren Teilaspekten. Bei der Gestaltung könnten das zum Beispiel Aspekte wie Sauberkeit, Sitzgelegenheiten, Spielplätze, oder der Baumbestand sein. Es ist auch von Stadt zu Stadt unterschiedlich, welche Aspekte wichtig erscheinen. Die einzelnen Artikel sollten sich dann mit jeweils einem Teilaspekt befassen. Das reicht schon.

Schritt 4: Über den Tellerrand schauen

Jetzt geht es darum, nicht mehr durch das Mikroskop zu schauen, sondern den Kopf wieder zu heben und sich umzublicken. Welche Lösungsansätze gibt es woanders? Wer macht etwas besser und wie? Was bräuchte meine Stadt, um das auch umzusetzen? Mit validen Lösungsansätzen können wiederum die viel besser konfrontiert werden, die in der eigenen Stadt etwas zu entscheiden haben.

Dieses Fallbeispiel ist Teil des Angebots vom CORRECTIV.StartHub, der Anlaufstelle für Journalistinnen und Journalisten, die ihr eigenes Community-zentriertes Medienprojekt gründen wollen.

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Indem die Lokalredaktion in Mönchengladbach diese vier Schritte immer wieder angewendet hat, sind zwischen Juni und November 20 lösungsorientierte Geschichten zum großen Themenkomplex Innenstadtentwicklung entstanden. Besonders die Fokussierung auf Teilaspekte war dabei wichtig. Lisa Urlbauer sagt im Nachhinein: „Wir hätten es teilweise noch kleiner machen können. Wenn man so eine Recherche startet kann man nämlich sehr lange davon leben.”

Dialog fördern

Ein zentrales Element des Experiments war auch, Möglichkeiten für Dialog und Austausch zu bieten. Bei einem Event mit einer mobilen Redaktion auf dem zentralen Marktplatz konnten Bürgerinnen und Bürger mit der Stadtverwaltung diskutieren, Fragen stellen und eigene Lösungsvorschläge präsentieren. Dabei rumgekommen sind sehr konkrete und konstruktive Dinge: Einige wünschten sich bessere Beleuchtung an bestimmten Stellen in der Stadt, mehr Spielflächen für Kinder, Fahrradwege, die nicht kurz vor der Innenstadt aufhören oder bessere Busanbindung in den Abendstunden. Wer sich nicht ans Mikro traute, konnte auf einer Pinnwand kleine Maßnahmen vorschlagen. Für die Redaktion war es laut Lisa Urlbauer ein besonders prägendes Erlebnis, den Marktplatz als Ort des Austausches für die Redaktion zu nutzen.

Das Ergebnis

Zum Experiment gehörte auch zu messen, ob die lösungsorientierte Berichterstattung einen Effekt auf das Leseverhalten der Menschen hatte. Tatsächlich zeigte sich, dass Leserinnen und Leser der lösungsorientierten Artikel engagierter sind, häufiger lesen, länger auf der Seite verweilen und speziell bei den lösungsorientierten Artikeln länger dranbleiben.

Die Ergebnisse sind aber mit Vorsicht zu genießen, sagt auch das Bonn Institute. 20 Artikel sind zu wenig, um sie repräsentativ auszuwerten. Außerdem spielen immer auch viele weitere Aspekte ein Rolle bei der Messung von Klickzahlen, Verweildauer etc.