Dieses Foto zeigt nicht den ehemaligen Kiewer Polizeichef Wadim Trojan, sondern einen russischen Neonazi
Aktuell wird ein Foto eines Mannes mit Hitlerporträt-, Hakenkreuz- und SS-Tattoos in Sozialen Netzwerken geteilt und behauptet, es zeige den Ukrainer Wadim Trojan. Das ist falsch: Das Foto zeigt nach unseren Recherchen einen russischen Neonazi aus St. Petersburg. Der Fake kursiert seit der umstrittenen Ernennung von Trojan zum Kiewer Polizeichef 2014 im Netz.
Hinweis: In diesem Beitrag sind als Belege Fotos von Symbolen des Nationalsozialismus und des Hitlergrußes zu sehen. Hakenkreuze und SS-Runen haben wir unkenntlich gemacht.
Ein Mann mit Glatze und komplett tätowiertem Oberkörper schaut in die Kamera – unter seinen Tattoos sind Hakenkreuze, ein Bild von Adolf Hitler und SS-Runen. Dieses Foto kursiert derzeit in Sozialen Netzwerken. Es wird behauptet, es zeige den Ukrainer Wadim Trojan (ukrainische Schreibweise: Vadym Troyan), der seit 2014 Polizeichef in Kiew sei. Auf Facebook wurde die Behauptung zum Beispiel vom AfD-Lokalpolitiker Andreas Kühn am 7. September verbreitet. Auch auf Twitter kursiert sie aktuell. Das Foto wurde uns zudem von Leserinnen und Lesern als Hinweis per Whatsapp zugeschickt.
Es handelt sich um Desinformation. Der abgebildete Mann ist ein russischer Neonazi namens Alexej Maximov aus St. Petersburg. Der Ukrainer Wadim Trojan dagegen wurde zwar tatsächlich bei seiner Ernennung zum Kiewer Polizeichef 2014 in Medienberichten als Rechtsradikaler beschrieben – das Foto zeigt jedoch nicht ihn.
Zu Wadim Trojan gibt es einen Eintrag in der Online-Enzyklopädie Wikipedia. Dort steht, er sei bis 2021 Polizeichef in Kiew gewesen. Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass er auf dem Foto ganz anders aussieht als der tätowierte Mann. Er hat darauf zum Beispiel keine Tätowierungen am Hals.
Suche nach dem Foto zeigt: Es handelt sich nicht um Wadim Trojan
Wir haben das Foto des tätowierten Neonazis mit verschiedenen Suchmaschinen wie Google, Tineye und Yandex gesucht, um herauszufinden, wer der Mann ist. Da schon seit vielen Jahren fälschlich behauptet wird, dass es Wadim Trojan zeige, findet man bei der Suche zunächst auch mehrere dazu passende Beiträge, zum Beispiel von 2014 in einem Blog. In einer anderen Variante der Behauptung heißt es (hier und hier), der Mann sei der stellvertretende Leiter der Abteilung für Innere Angelegenheiten der Region Kiew. Auch das stimmt nicht.
Sucht man mit der russischen Suchmaschine Yandex nach dem Bild und schließt die Begriffe „Trojan“ und „Troyan“ von der Suche aus, findet man andere Fotografien desselben Mannes – und seine wahre Identität. Zum Beispiel wird er in einem Beitrag von 2012 auf dem russischen Sozialen Netzwerk VK als „bekannter St. Petersburger Neonazi“ bezeichnet. Dass es derselbe Mann ist, ist zum Beispiel an dem hautfarbenen Muttermal neben seinem Mund erkennbar.
Russischer Neonazi namens Alexej Maximov
Außerdem gibt es einen Blog, der „Classic Skinhead Photography“ heißt und zahlreiche Fotos des Mannes enthält. Er wird im Text mit dem Spitznamen „Муха“ bezeichnet, was „Fliege“ bedeutet. In einem deutschsprachigen Blog-Artikel von 2015 wird der Mann ebenfalls so genannt. Weiter ist dort zu lesen, sein richtiger Vorname laute Alexej.
Das bestätigt auch ein Faktencheck der ukrainischen Seite Stop Fake von 2020, demzufolge der Mann Alexej Maximov heißt und ein russischer Neonazi aus St. Petersburg ist. Zudem fanden wir ein Bild in der Fotodatenbank von Reuters, das den Neonazi 2012 bei einem Hitlergruß während einer Demonstration in Moskau zeigt.
Er wird außerdem in einem Artikel des New York Times Magazine von 2015 erwähnt: Er sei Mitglied der Neonazi-Gruppe „Totenkopf“ aus St. Petersburg.
Fazit: Der Mann mit den Neonazi-Tattoos ist ein Russe namens Alexej Maximov, nicht der Ukrainer Wadim Trojan. Das Bild wird bereits seit 2014 mit dieser falschen Behauptung geteilt.
Dass es sich so hartnäckig verbreitet, liegt mutmaßlich an dem Hintergrund Trojans: Es gab 2014 Vorwürfe gegen den Kiewer Polizeichef, ein Rechtsradikaler zu sein. Unter anderem war er im Regiment Asow tätig, bei dem auch Neonazis aktiv waren. Trojan bestritt in einem Interview eine Verbindung zu rechtsextremen Organisationen und sagte, dem Asow-Regiment habe er sich nicht wegen einer politischen Ideologie angeschlossen.
Seitens Russland wird seit Monaten versucht, die Ukraine als ein von Neonazis beherrschtes Land darzustellen (dazu haben wir hier ausführlich recherchiert).
Redigatur: Sarah Thust, Matthias Bau