Faktencheck

Gefälschte NTV-Umfrage zum Medienvertrauen seit Jahren in Umlauf

Diese Fälschung ist ein Dauerbrenner: Seit 2017 verbreitet sich im Netz eine angebliche NTV-Umfrage zum Thema Medienvertrauen. Das vermeintliche Ergebnis irritiert, denn Ja- und Nein-Stimmen ergeben zusammen 104 Prozent. Doch in der ursprünglichen Version der Umfrage ging es um ein völlig anderes Thema – auch die Ergebnisse waren anders.

von Viktor Marinov

Collage_gefälschte_umfrage_ntv
Seit 2017 verbreitet sich im Netz eine gefälschte Umfrage von NTV. Das Bild wurde nachträglich bearbeitet. (Quelle: Twitter; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Der Sender NTV habe Telefonumfrage-Ergebnisse zu der Frage „Trauen Sie den deutschen Medien?“ ausgestrahlt, die insgesamt 104 Prozent ergeben hätten: 17 Prozent Nein-Stimmen und 87 Prozent Ja-Stimmen.
Bewertung
Manipuliert. NTV dementierte die Echtheit der Umfrage schon vor Jahren. Es handelt sich um eine Fotomontage. Im Originalbeitrag waren sowohl die Frage als auch die Ergebnisse anders.

Aktuell kursiert ein Screenshot einer angeblichen Umfrage des Senders NTV in Sozialen Netzwerken – seit 2017 taucht sie immer wieder auf. Angeblich habe der Sender die Frage gestellt: „Trauen Sie den deutschen Medien?“ Das Ergebnis: 17 Prozent Nein- und 87 Prozent Ja-Stimmen, insgesamt 104 Prozent. „Vertrauen wiederhergestellt“, kommentierte ein Nutzer vor sechs Jahren. In diesem Jahr verbreitete auch die AfD-Politikerin Beatrix von Storch das Bild der Fälschung auf Twitter. Ihr Beitrag ist dort immer noch zu finden.

Bei dem Screenshot handelt es sich um eine Fotomontage. Darauf wies NTV bereits 2017 auf Twitter hin. „Wenn etwas zu schön erscheint, um wahr zu sein, dann ist es manchmal einfach: nicht wahr“, kommentierte der Sender unter dem Beitrag von Beatrix von Storch.

NTV dementierte die Echtheit der Umfrage schon 2017 auf Twitter (Quelle: Twitter; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Das Originalfoto der NTV-Umfrage zeigt eine andere Frage

Wir berichteten bereits im Februar 2019 in einem anderen Zusammenhang über die gefälschte Umfrage, die sich nun erneut verbreitet. Damals fanden wir mit einer Bilderrückwärtssuche einen Artikel des russischen Mediums Sputnik vom 19. Oktober 2016, der einen ähnlichen Screenshot zeigte. Allerdings ergaben die Prozentangaben (17 Prozent Nein- und 83 Prozent Ja-Stimmen) bei Sputnik noch 100 Prozent und die Frage lautete: „Soll Merkel Putin in die Schranken weisen?“ 

In der linken unteren Ecke ist der damals aktuelle Wert des STOXX-Europe-50-Index mit 2.841 angegeben. Nach Recherchen der DPA im Jahr 2020, die den historischen Kurs des europäischen Aktienindex fand, betrug er am 19. Oktober 2016 sowohl um 14.05 Uhr als auch um 14.11 Uhr 2.841 Punkte. Das ist ein Hinweis darauf, dass das in den russischen Artikeln verwendete Bild echt ist.

Der Gesichtsausdruck des Moderators und die eingeblendeten Informationen am unteren Rand sind in der Fälschung (oben) und dem Original von NTV (unten) dieselben. Nur die Frage und die Ergebnisse unterscheiden sich. (Quellen: Twitter, kp.ru; Screenshot, Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Die russischen Artikel sind älter als die Behauptung, die erst seit 2017 kursiert. Das ist ein Hinweis darauf, dass das ältere Bild das Original ist. Ein weiterer Hinweis ist die deutlich bessere Auflösung der Version von 2016. Der Gesichtsausdruck des Moderators, die eingeblendete Nachricht am unteren Rand und die Uhrzeit sind dieselben. Der einzige Unterschied zwischen den Bildern sind die Frage und die Ergebnisse.

Redigatur: Matthias Bau, Steffen Kutzner