Faktencheck

Kiew statt Belgrad: Medium ordnet Foto falsch zu

Im Netz heißt es, Medien würden das Bild einer brennenden Stadt fälschlich als Aufnahme aus dem Ukraine-Krieg ausgeben. Das Foto zeige Belgrad im Jahr 1999. Einer Zeitung aus Bosnien und Herzegowina ist dieser Fehler tatsächlich unterlaufen.

von Viktor Marinov

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Dieses Bild zeigt nicht Kiew, sondern Belgrad nach den Bombardierungen der Nato im Jahr 1999 (Quelle: Everett Collection / Picture Alliance)
Behauptung
Ein Bild zeige ein brennendes Gebäude in Belgrad im Jahr 1999. Es wird teils behauptet, teils suggeriert, dass Medien dasselbe Foto spiegelverkehrt im Jahr 2022 mit der Ortsmarke Kiew gezeigt hätten.
Bewertung
Fehlender Kontext
Über diese Bewertung
Fehlender Kontext. Das Bild zeigt tatsächlich Belgrad im Jahr 1999 und nicht Kiew im Jahr 2022. Wir fanden aber lediglich ein einziges Medium aus Bosnien und Herzegowina, welches das Foto der ukrainischen Stadt zuordnete.

Schon kurz nach dem Beginn von Russlands Krieg gegen die Ukraine tauchte im Netz ein Vergleich zweier Bilder auf. Auf dem oberen Foto steht „Belgrad 1999“, auf dem unteren „Kiev 2022“. Beide Bilder zeigen dieselbe Szene: Eine Großstadt, die an mehreren Stellen brennt, aus einem Hochhaus steigt eine Rauchwolke auf. Der einzige Unterschied: Die Bilder sind spiegelverkehrt.

Der Bildervergleich kursiert seit 2022 international immer wieder in Sozialen Netzwerken. Häufig behaupten oder suggerieren Nutzerinnen und Nutzer, dass Medien das Bild der ukrainischen Hauptstadt Kiew zuordnen und die Berichterstattung manipulieren. „Vertrau den Medien“, heißt es etwa in einem viralen englischsprachigen Twitter-Beitrag, „Mainstream-Medien sind Fake-News-Maschinen“ steht in einem französischen Beitrag. Ein Facebook-Nutzer schreibt: „Die Nazi-Propaganda existiert seit 33 und war nie weg! Heute ARD und ZDF, Verbrecher!“

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In einem deutschsprachigen Facebook-Beitrag suggeriert ein Nutzer, die Fotos seien Propaganda von ARD und ZDF (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Das Bild zeigt tatsächlich die Folgen von Nato-Angriffen auf das damalige Jugoslawien im Jahr 1999. Es gibt aber keine Hinweise dafür, dass Medien das alte Bild systematisch als aktuell ausgeben und behaupten, es zeige Kiew. Wir fanden einen einzigen solchen Fall: Eine bosnische Zeitung verwendete das Bild tatsächlich im falschen Kontext.

Foto zeigt Bombardierung der Nato auf Belgrad

Um den Ursprung des Bildes zu finden, haben wir zuerst eine Bilderrückwärtssuche gemacht. Sie führt zu Medienberichten, die das Bild richtig zuordnen: Es zeigt die Folgen der Bombardierung der Nato auf Belgrad 1999, damals die Hauptstadt Jugoslawiens. 

Das bestätigt auch ein Eintrag zu dem Foto in der Bilderdatenbank Picture Alliance. Dort lautet die Beschreibung: „Brennende Gebäude in Belgrad am 21. April 1999 während des NATO-Bombardements auf Jugoslawien“. Die Nato griff am 24. März 1999 militärisch in den Kosovo-Krieg ein; bis zum 10. Juni desselben Jahres flogen Piloten tausende Lufteinsätze und bombardierten viele Ziele.

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Ein Eintrag in der Bilderdatenbank Picture Alliance zeigt, dass das Foto die Folgen des Nato-Angriffs auf Belgrad im April 1999 zeigt (Quelle: Picture Alliance / Everett Collection; Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Für Medienberichte, die das Foto fälschlicherweise Kiew zuordnen, finden wir hingegen nur einen Beleg. In einem Twitter-Beitrag mit der Behauptung ist ein Artikel der Dnevni Avaz verlinkt, eine Tageszeitung in Bosnien und Herzegowina. Das Foto ist dort Teil einer Bilderstrecke. Darunter steht auf Bosnisch: „Um und in Kiew finden schwere Kämpfe statt.“ Das Bild ist weiterhin auf der Webseite der Zeitung zu finden.

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Die Zeitung Dnevni Avaz ordnete das Bild der brennenden Stadt fälschlicherweise der ukrainischen Hauptstadt Kiew zu (Quelle: Dnevni Avaz; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Eine Google-Suche mit den Stichworten aus dem Bild, „Kiew 2022“, lieferte zudem keine weiteren Ergebnisse für Medienberichte, die das Foto im Kontext des Ukraine-Kriegs nutzten. Auch die Faktencheck-Redaktion von Reuters überprüfte die Behauptung und fand ebenfalls keine anderen Beispiele.

Redigatur: Gabriele Scherndl, Matthias Bau