Zukunftstage an der Ahr: Aus Krisen lernen und konstruktiv über Klima berichten
Fast zwei Jahre nach der Flut kamen im Ahrtal 60 Medienschaffende aus Lokalmedien zusammen. Angeleitet von CORRECTIV, dem SWR und Bonn Institute diskutierten sie darüber, wie konstruktiver über die Klimakrise berichtet werden kann.
Flutkatastrophe und Klimawandel
Im Juli 2021 hat im Ahrtal ein ungewöhnlich zerstörerisches Hochwasserereignis die Menschen stark betroffen. Diese Flutkatastrophe kann nicht kausal der Klimakrise zugeordnet werden, aber in einem veränderten Klima werden solche Extremereignisse wahrscheinlicher. Seitdem wird diskutiert, was besser gemacht werden kann. Die Medien nehmen dabei eine wichtige Rolle ein. Sie entscheiden, welche Informationen geteilt werden.
Daher beschäftigten sich 60 Journalistinnen und -journalisten vor Ort damit, was seitdem passiert ist. Was Verantwortliche in anderen Ecken von Deutschland davon lernen können und wie eine gelungene Klimaberichterstattung aussehen kann.
Journalismus vom Kopf zum Herz
Über drei Tage, vom 8. bis 10. Mai 2023, ging die Fortbildung, die der SWR, das Bonn Institute und CORRECTIV gemeinsam organisierten.
An Tag 1 fanden Workshops zum konstruktiven Lösungsjournalismus statt. Wichtig sei, die Perspektive zu erweitern und „mehr Grautöne“ zu erzählen, sagte Ellen Heinrichs, Gründerin und Geschäftsführerin des Bonn Institute.
Verschiedene Expertinnen und Experten teilten ihr Wissen: Michael Heußler, Reporter des SWR, stellte mit seiner Reportage-Reihe „Ein Dorf baut auf“ Menschen im Ahrtal vor und wie sie mit dem Flutereignis umgehen. Benjamin Kraff, Forscher der Transformationswissenschaft an der TU Darmstadt, lieferte grundsätzliches Wissen zum Klimawandel. Ulla Fiebig, die Landessenderdirektorin des SWR Rheinland-Pfalz, blickte kritisch auf die eigene Branche und sprach über die besondere Bedeutung von Klimajournalismus.
Die Waldbildungsexpertin Monika Runkel stellte ihren Bildungsansatz vor. Wer Veränderung will, muss die Menschen „im Herzen erreichen“. Katarina Huth, Klimareporterin von CORRECTIV, berichtete über den Grundwasser-Atlas und wie die Redaktion bei investigativen Recherchen mit dem Netzwerk CORRECTIV.Lokal zusammenarbeitet.
Im Austausch mit den Menschen vor Ort
An Tag 2 nahmen die Teilnehmenden an sieben Exkursionen teil und wendeten dabei konstruktive Methoden an: im Dialog mit jungen Menschen und Senioren und Seniorinnen aus dem Ahrtal, auf Hochwasserschutzflächen oder Forschungsfeldern mit Photovoltaikanlagen über Apfelplantagen. Zentrale Fragen waren, wie sich Ansätze auf andere Orte übertragen lassen und wo die Grenzen liegen. Denn das Ziel ist nicht, die perfekte Lösung für alle zu finden, sondern auch zu recherchieren, inwiefern Ansätze sich an andere Orte übertragen lassen.
Am Abend fand eine Podiumsdiskussion statt, die als Video online steht: Es diskutierten Landrätin Cornelia Weigand (parteilos), Fluthelferin Missy Motown, Trauma-Therapeutin Katharina Scharping, Ellen Heinrichs, Gründerin des Bonn Institute für konstruktiven Journalismus, und SWR-Ressortleiterin Monica Mellino. An der Diskussion nahmen verschiedene lokale Initiativen teil. Auch hier stand im Zentrum die Frage, was der Journalismus in der Berichterstattung leisten soll.
Mit CORRECTIV.Lokal gemeinsam recherchieren
Die Zukunftstage vereinten die zentralen Elemente von unserem Netzwerk CORRECTIV.Lokal: Dort setzen wir auf Fortbildungen, vernetzen Medienschaffende, recherchieren gemeinsam und geben Veranstaltungen, um den Lokaljournalismus zu stärken. Im Ahrtal kamen festangestellte und freiberufliche Reporterinnen und Reporter aus verschiedenen Bundesländern zusammen. Sie berichten für klassische Tageszeitungen und öffentlich-rechtliche Medienhäuser.
Wir sind gespannt, welche Impulse aus dem Ahrtal in andere Regionen getragen werden. Die Veröffentlichungen zu den Zukunftstagen sammeln wir auf dieser Karte.