Doch, im Landwirtschaftsministerium darf noch Fleisch gegessen werden
Die CSU wettert in Sozialen Netzwerken gegen ein angebliches Fleischverbot im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft von Cem Özdemir. Doch die dortige Kantine serviert weiterhin Fleisch.
„Landwirtschafts- und Ernährungsminister Cem Özdemir verhängt ein Fleischverbot in seinem Ministerium. Künftig stehen auf der Speisekarte nur noch streng vegetarische Gerichte“, schreibt die bayerische CSU auf Instagram-und Facebook.
Dazu hat die Partei eine Collage gebaut. Zu sehen ist der Bundesminister für Landwirtschaft und Ernährung, Cem Özdemir, daneben ein gegrilltes Steak. Das Steak ist durchgestrichen. Zitiert wird in den Beiträgen auch der CSU-Generalsekretär Martin Huber mit den Worten, das sei „pure Ideologie und ein Schlag ins Gesicht aller hart arbeitenden Landwirte“.
Die rechtskonservative Zeitung Junge Freiheit, die schon mehrfach mit Desinformation auffiel, griff das Thema ebenfalls auf. Sie titelte dazu: „Fleischverbot: Özdemir macht sein Ministerium vegetarisch“ – der Link zum Artikel wurde auf Twitter und Telegram weiterverbreitet.
Doch die Behauptung stimmt so nicht. Wie die Junge Freiheit selbst im Text anmerkt, soll lediglich bei Veranstaltungen des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) das Catering grundsätzlich vegetarisch sein. Ein generelles Fleischverbot, etwa für die Speisekarte der Kantine des Ministeriums, gibt es nicht.
Essen bei Veranstaltungen im BMEL soll vegetarisch sein, ein Fleischverbot gibt es nicht
Die Junge Freiheit zitiert in ihrem Text aus einem Artikel der Bild vom 26. Juni 2023 über die Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der CDU/CSU-Fraktion. Darin heißt es, bei Veranstaltungen des BMEL solle „das Catering grundsätzlich vegetarisch sein und zu 100 Prozent aus Produkten aus ökologischem Anbau bestehen. Abweichungen werden je nach Veranstaltung vorgesehen […]“. Eine ähnliche Richtlinie habe auch das Bundesministerium für Umweltschutz, heißt es in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage weiter.
Dass das für das gesamte BMEL – also auch für das Kantinenessen – gilt, geht aus der Drucksache aber nicht hervor. In einem Artikel des Tagesspiegel vom 30. April 2023 heißt es, das BMEL habe in Berlin gar keine Kantine, sondern werde über das Arbeitsministerium versorgt. Eine eigene Kantine habe das Ministerium lediglich in Bonn.
Auf Anfrage schreibt Oliver Kertész von der Pressestelle des BMEL, am Bonner Standort würden „selbstverständlich” jeden Tag Fleischgerichte angeboten. Und: „Die Mitarbeitenden in Berlin am Standort Wilhelmstraße können die wenige Meter entfernte Kantine des BMAS [Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Anm. d. Red.] – sowie auch grundsätzlich die Angebote der anderen Bundesministerien – ohne Einschränkungen nutzen“. Es existiere also kein Fleischverbot und auch keine Richtlinie, die als solches interpretiert werden könne.
Richtig sei, dass das Ministerium beim Catering grundsätzlich vegetarische Speisen anbiete, schreibt Kertész. Doch es gebe Ausnahmen: „So werden beispielsweise bei größeren Veranstaltungen wie dem Tag der offenen Tür oder bei repräsentativen Empfängen etwa im Rahmen der Grünen Woche natürlich auch Fleischgerichte angeboten.“
Die Pressestelle der CSU und deren Generalsekretär Huber reagierten bislang nicht auf eine Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck dazu, warum sie in Sozialen Netzwerken eine Nachricht teilte, die so nicht stimmt.
Redigatur: Matthias Bau, Viktor Marinov
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Drucksache der Bundesregierung, 21.6.2023: Link (Archiviert)