Faktencheck

Nein, Krankschreibungen sollen nicht ab Mai 2024 kostenpflichtig werden

Laut einem Tiktok-Video wolle die Bundesregierung, dass sich Arbeitnehmer nicht mehr unbegründet krank melden, um sich einen freien Tag zu „gönnen“. Es sei deshalb geplant, ab dem 1. Mai 2024 alle Krankschreibungen kostenpflichtig zu machen. Das ist erfunden.

von Viktor Marinov

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Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt zu bekommen, soll nicht ab Mai 2024 kostenpflichtig werden (Symbolbild: B. Leitner / Picture Alliance / Blickwinkel / McPhoto)
Behauptung
Ab dem 1. Mai 2024 sollen Krankschreibungen kostenpflichtig werden. Damit wolle die Bundesregierung sicherstellen, dass Arbeitnehmer sich nicht unbegründet krank meldeten.
Bewertung
Frei erfunden
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Frei erfunden. Es finden sich keine Berichte darüber, dass Krankschreibungen ab Mai 2024 etwas kosten sollen. Das Bundesministerium für Gesundheit dementiert.

Mehr als 200.000 Menschen haben ein Tiktok-Video gesehen, das eine vermeintlich brisante Nachricht verkündet: „Es ist offiziell“, heißt es darin: „Ab dem 1.5.2024 sollen alle Krankschreibungen kostenpflichtig werden.“ Die Begründung: Arbeitnehmer sollen sich dadurch keinen freien Tag mehr „gönnen“, wenn sie gar nicht krank seien. 

Andere Tiktok-Accounts verbreiten das Video weiter. Die Kommentare zeigen, dass einige die Meldung ernst nehmen oder verunsichert sind: „Und wer kassiert dann was und wieviel“, fragt ein Account, ein anderer schreibt: „Das kann ich mir nicht vorstellen“. 

Gefragt nach einer Quelle schreibt eine Verbreiterin in den Kommentaren: „Tagesschau“. Doch die angebliche Meldung ist aus der Luft gegriffen.

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Diese Falschmeldung über Krankschreibungen verbreitet sich auf Tiktok (Quelle: Tiktok; Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Gesundheitsministerium dementiert, dass es Pläne für eine kostenpflichtige Krankschreibung gibt

Eine Online-Suche nach Medienberichten mit den Stichworten „Krankschreibung“ und „kostenpflichtig“ führt zu keinerlei Belegen, dass es die behaupteten Pläne gibt. Ein Tiktok-Nutzer behauptet zwar in einem Kommentar unter einem Beitrag, bei der Tagesschau habe gestanden, man müsse pro Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Arzt „sofort 50 Euro in bar bezahlen“. Dazu findet sich jedoch kein Artikel. 

Krankmeldungen werden von Arztpraxen seit Januar 2023 digital an gesetzliche Krankenkassen übermittelt. Die Techniker Krankenkasse antwortet auf die Frage, ob dies für die Patienten Geld koste mit „Nein“. Die einzige Neuerung zum Thema ist die Möglichkeit, sich seit Dezember 2023 wieder telefonisch krankschreiben zu lassen. 

Eine Nachfrage beim Bundesministerium für Gesundheit bestätigt, dass die Behauptung auf Tiktok frei erfunden ist. Eine Sprecherin antwortet uns per E-Mail: „Es ist nicht geplant, Krankschreibungen ab dem 1. Mai 2024 kostenpflichtig zu machen.“ Auch dem Gemeinsamen Bundesausschuss, dem obersten Gremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, sind solche Pläne nicht bekannt.

Behauptung kam schon Ende Januar in einem satirischen Tiktok-Video vor

Bei der Suche nach möglichen Belegen für die Behauptung finden wir auf X einen Beitrag, in dem ein satirisches Tiktok-Video geteilt wird. Darin geht es ebenfalls um die angeblich kostenpflichtige Krankschreibung. Im Video kündigt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vermeintlich eine „Strafgebühr“ von 99 Euro für jede Krankschreibung an. Der Grund dafür erklärt ein fiktiver Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: Deutschland befinde sich in einer „desaströsen wirtschaftlichen Lage“, das liege an den zu vielen Krankschreibungen.

Der Beitrag ist jedoch klar als Satire gekennzeichnet; auch im Tiktok-Profil selbst heißt es, dort gebe es Comedy mit KI-generierten Videos. Der Beitrag wurde dort schon am 30. Januar hochgeladen, also Wochen bevor die Falschbehauptung ohne Satire-Hinweis auf Tiktok landete.

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Auch in diesem Tiktok-Video heißt es, die Krankschreibung koste bald etwas – doch es ist klar als Satire gekennzeichnet (Quelle: Tiktok; Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Dass ein hoher Krankenstand die Wirtschaft grundsätzlich belastet, ist richtig. Laut einer im Januar 2024 veröffentlichten Studie des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) gab es 2023 überdurchschnittlich viele Krankentage, die zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten geführt hätten.

Redigatur: Gabriele Scherndl, Sophie Timmermann 

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