Klimawandel

Reaktion auf CORRECTIV-Recherche zu „klimaneutralem Erdgas“: Mehr als 40 deutsche Gasversorger ziehen Konsequenzen

Nachdem CORRECTIV im April massive Verbrauchertäuschung bei angeblich klimaneutralen Erdgastarifen aufgedeckt hat, haben nun mehr als 40 Gasversorger und kommunale Stadtwerke reagiert. Die CDU fordert die Überprüfung von Unternehmen und Klimaschutzprojekten.

von Gesa Steeger , Henrike Adamsen

Stadtwerke Oranienburg
Mehr als 40 Gasversorger reagieren auf CORRECTIV-Recherche. Foto: Soeren Stache/picture alliance/dpa

Als Reaktion auf die CORRECTIV-Recherche zu vermeintlichem klimaneutralen Erdgas haben mehr als 40 Gasversorger reagiert und irreführende Werbung entfernt, die Tarife eingestellt oder eine Prüfung angekündigt. Darunter sind vor allem kommunale Gasversorger wie die Stadtwerke Duisburg, die Stadtwerke Kamp-Lintfort oder die Stadtwerke Aschaffenburg.

Stadtwerke entfernen Hinweise auf klimaneutrales Erdgas

So bewarben die Stadtwerke Kamp-Lintfort ihr Öko-Erdgas noch im April mit dem Versprechen: „So heizen Sie weiterhin wie gewohnt mit Erdgas und leisten gleichzeitig Ihren umweltschützenden Beitrag!“ Mittlerweile hat das Unternehmen das Angebot „KaliGas Natur“ von der Webseite genommen. Auf Anfrage von CORRECTIV teilt das Stadtwerk mit: „Wir bewerben das Produkt nicht mehr, solange keine absolute Sicherheit über die Korrektheit der Herkunftsnachweise besteht.“

Auf der Webseite der Stadtwerke am See, mit Sitz in Baden-Württemberg, ist der Hinweis auf klimaneutrales Erdgas ebenfalls verschwunden. Statt „Öko Gas Neutral“ bietet das Unternehmen jetzt „Öko Klima Gas“ an. Eine Anfrage dazu ließen die Stadtwerke unbeantwortet.

Deutsche Umwelthilfe prüft Klage gegen Eon

Auch der Energieriese Eon zieht Konsequenzen – zumindest teilweise. So hat das Unternehmen ein Zertifikat, das neben der Qualität der CO2-Gutschriften auch die Klimaneutralität garantieren soll, mittlerweile von der Webseite entfernt. Der Konzern wirbt allerdings auch weiterhin mit vollständig klimakompensiertem Erdgas durch CO2-Gutschriften.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert Eon dafür. Gegen den Konzern werde eine Unterlassungsklage geprüft, so eine Sprecherin der DUH gegenüber CORRECTIV. Als Reaktion auf die CORRECTIV-Recherche hatte die DUH 15 Energieversorger aufgrund von irreführender Werbung mit klimaneutralem Erdgas abgemahnt. Darunter auch Eon.

„Solange die Behörden Handel und Industrie in Sachen Verbrauchertäuschung mit Umweltaussagen nicht konsequent kontrollieren, gehen wir gegen besonders dreistes Greenwashing vor“, teilt dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, gegenüber CORRECTIV mit. Es werde derzeit geprüft, ob weitere Gasversorger aufgrund von irreführender Werbung zur Unterlassung aufgefordert würden.

CDU fordert kritische Prüfung von Unternehmen und Projekten

Auf Anfrage teilt Eon gegenüber CORRECTIV mit, dass der Konzern den Begriff „klimaneutral“ seit „geraumer Zeit“ nicht mehr für Produkte verwende. Eine Frage zum entfernten Zertifikat lässt das Unternehmen allerdings unbeantwortet.

Kritik an den Gasversorgern und den vermeintlich klimaneutralen Erdgastarifen kommt von der CDU. „Die Enthüllungen zu Täuschungen mit CO2-Zertifikaten zu Ökogas-Verträgen sind erschreckend“, sagt Mark Helfrich, energiepolitischer Sprecher der CDU im Bundestag, gegenüber CORRECTIV. Es sei nun an den Behörden und Unternehmen, die Herausgeber von Zertifikaten als auch deren Projekte „umgehend kritisch zu prüfen“. CO2-Kompensation sei Teil des globalen Klimaschutzes, so Helfrich. Die Einhaltung von klaren Regeln müsse sichergestellt und „Verstöße geahndet“ werden.

Zuletzt hatten sich auch FDP und Grüne zur Recherche geäußert. Beide Parteien forderten gegenüber CORRECTIV, den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu stärken. Bereits Ende April hatten 20 Gasversorger angekündigt, ihre Gastarife teilweise stillzulegen und zu überprüfen. Darunter die EVD Energieversorgung Dormagen, Logo Energie mit Sitz in Nordrhein-Westfalen oder die Gasversorgung Unterfranken.