Klimawandel

Nach CORRECTIV-Recherche: Gasversorger stellen „klimaneutrale“ Gas-Tarife vorläufig ein

Nachdem CORRECTIV zu Beginn der Woche öffentlich gemacht hatte, dass 116 deutsche Gasversorger CO2-Gutschriften aus Klimaschutzprojekten nutzen, die nicht plausibel nachweisen können, das tatsächlich CO2 reduziert oder eingespart wurde, ziehen mehr als 20 Gasversorger nun Konsequenzen. Kritik kommt von den Linken im Bundestag.

von Gesa Steeger

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Nach CORRECTIV-Recherche ziehen Gasversorger Konsequenzen. Foto: picture alliance / YONHAPNEWS AGENCY

Nach der jüngsten CORRECTIV-Recherche passen erste Energieunternehmen ihr Angebot an: So teilen mehr als 20, vor allem kommunale Gasversorger auf CORRECTIV-Anfrage mit, ihre klimaneutralen oder Ökogas-Tarife zu überprüfen oder sogar vorläufig einstellen zu wollen. Darunter die EVD Energieversorgung Dormagen, Logo Energie mit Sitz in Nordrhein-Westfalen und weitere kommunale Stadtwerke.

Stadtwerke erwägen rechtliche Schritte

Die Stadtwerke Oberursel wollen sogar noch weitergehen und erwägen rechtliche Schritte, wie das Unternehmen gegenüber CORRECTIV mitteilt: „Wir prüfen, ob wir gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen unseren namhaften Dienstleister einleiten“, so die Stadtwerke. Bei diesen habe man „nach bestem Wissen und Gewissen die Zertifikate gekauft“. 

Weitere drei Gasversorger entfernten Werbung für klimaneutrale oder Ökogastarife kommentarlos von ihrer Webseite. Auch die lokalen Medienpartner von CORRECTIV, die die Recherche für ihre Region aufgriffen, berichten über erste Reaktionen von Energieunternehmen. Laut dem Radiosender Emscher Lippe wollen auch die Stadtwerke Kamp-Lintfort ein Ende ihrer Kompensationsgeschäfte prüfen. 

Andere Energieversorger wie der Energieriese Eon oder die Eprimo GmbH wollen weiterhin an kompensiertem Erdgas festhalten. So teilt Eon auf Anfrage mit, dass das Produktportfolio regelmäßig evaluiert werde. „Eine glaubwürdige, faire und verständliche Kommunikation rund um unsere Produkte ist uns selbstverständlich sehr wichtig, daher entwickeln wir auch diese ohnehin kontinuierlich weiter.“

Ökogas: Linke kritisieren Geschäftsmodell

Der Lobbyverband BDEW, der die Interessen der deutschen Energiebranche vertritt, antwortet nicht auf die Anfrage von CORRECTIV nach Konsequenzen aus der Recherche. Der Verband wirbt bei seinen Mitgliedern mit klimaneutralem Erdgas. Stattdessen teilt der BDEW mit, dass die „Nutzung von fossilem, nicht dekarbonisiertem Erdgas bis 2045 bedeutungslos“ werde. 

Kritik an den Gasversorgern und ihren Geschäftspraktiken kommt von Ralph Lenkert, Obmann der Linken im Ausschuss für Klimaschutz und Energie im Bundestag: „Kompensationen wurden eingeführt als gute, freiwillige Idee für den Klimaschutz.“ Gasunternehmen machten daraus ein profitables Geschäftsmodell, „bei dem es um Geld und nicht um Klimaschutz“ gehe, so Lenkert gegenüber CORRECTIV. 

Der Verbraucherzentrale Bundesverband erneuert gegenüber CORRECTIV die Forderung nach einem expliziten „Verbot der Werbung mit Klimaneutralität“. Echte Klimaneutralität könne „auf Produkt- oder Unternehmensebene nicht erreicht werden.“