Fußballdoping

Thiago mit Wachstumshormon behandelt?

Thiago Alcântara vom FC Bayern München ist nach Aussage seines spanischen Arztes mit "GrowthFactors" behandelt worden. Wir versuchen derzeit, vom FC Bayern und vom spanischen Arzt selbst zu erfahren, um welche Behandlungsmethode es sich dabei genau handelt.

von Jonathan Sachse

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Wachstumshormon steht auf der Dopingliste, immer – sowohl im Wettkampf, als auch im Training. Nur mit einer Ausnahmegenehmigung ist der Einsatz gestattet. Ob Thiago solch eine Genehmigung hat, war bislang weder von der Nationalen Anti-Doping-Agentur, noch vom FC Bayern zu erfahren. Wachstumsfaktoren sind umstritten, im Zweifel aber legal. Nach Hinweisen von Lesern haben wir unseren ersten Beitrag von gestern Abend ergänzt.

Im Folgenden unser Update.

Am Wochenende war Thiago Alcântara zum dritten Mal in Serie das Innenband im rechten Knie gerissen. Schon länger schwelt eine Diskussion über seine medizinische Behandlung. Gestern sollte Thiago in Barcelona operiert werden. Die OP wurde von Ramón Cugat durchgeführt. Ein Mannschaftsarzt des FC Bayern soll mit vor Ort gewesen sein, schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Der verantwortliche Arzt Cugat schrieb einen Tag vor der Operation, auf seinem Blog über die aktuelle Diskussion und äußerte sich auch mit mehreren 140-Zeichen-Meldungen auf Twitter.

Thiago, so schreibt Cugat auf Twitter, wird mit Wachstumsfaktoren behandelt. Die Behandlung mit Wachstumsfaktoren sei eine Methode, die er schon seit Beginn des Jahrhunderts anwende.

Schon am Wochenende hatte Cugat darüber geschrieben, dass er Thiago mit Wachstumsfaktoren behandele. Hier der entsprechende Blogbeitrag auf Cugats Seite, hier die Übersetzung mit Google-Translate.

Wir haben den FC Bayern und Ramón Cugat danach gefragt, was mit „GrowthFactors“ gemeint ist und was seine Therapie genau umfasst. Cugat hat in der Vergangenheit mit einer Methode gearbeitet, in der Wachstumsfaktoren im Plasma des Eigenblutes angereichert und dann zur Behandlung genutzt werden. Die Methode hat mehrere Namen, am bekanntesten ist sie wohl unter PRP oder PRPT, Plasma-Richt-Platelet-Therapy. Diese Behandlung ist zwar umstritten, aber legal. Wir haben auch hier auf fussballdoping.de schon darüber berichtet.

Es gibt verschiedene Vereine in England, Norwegen, aber auch in Deutschland, die diese Methode anwenden. Die WADA hatte PRP 2011 von der Dopingliste genommen. Eine aktuelle Studie legt jedoch Nahe, dass PRP deutlich wirksamer ist, als bislang angenommen – und dadurch eigentlich verbotene Substanzen im Blut sehr stark angereichert werden.

Im Gegensatz dazu ist Wachstumshormon Doping. Nur mit einer Ausnahmegenehmigung, einer Therapeutic Use Exemption, ist eine Anwendung erlaubt. Die muss offiziell bei der NADA beantragt werden. So steht es in der NADA-Datenbank. Ob eine solche Ausnehmegenehmigung vorliegt, wollte die NADA gestern Nachmittag mit Verweis auf den Schutz von Thiagos persönlichen Daten nicht bekannt geben. Die Pressestelle des FC Bayern hat auf zwei Anfragen per E-Mail bislang nicht reagiert.

Wachstumshormon ist als Dopingmittel sehr beliebt und verbreitet. Es wirkt anabol, fördert also das Wachstum der Muskeln. Außerdem, berichten Experten und Sportler, lässt die Substanz Fett schmilzen wie Butter in der Sonne. Die Nebenwirkungen sind jedoch genauso extrem: Füße und Hände wachsen, Nase, Kinn und Ohren, dazu entstehen Lücken zwischen den Zähnen, man kann Diabetes bekommen und hat ein erhöhtes Krebsrisiko.

Beim FC Bayern soll zuletzt lange diskutiert worden sein, welcher Arzt Thiagos Knie operieren soll. Das schrieben verschiedene Münchner Medien (Abendzeitung, Süddeutsche Zeitung). Zuletzt hatte der FC Bayern kritisiert, dass Thiago mit Cortison behandelt worden sei. Daraufhin wehrte sich nun dessen spanischer Arzt und korrigierte: Nicht Cortison, sondern Wachstumsfaktoren habe er für Thiagos Behandlung genutzt. Das macht die ganze Angelegenheit noch interessanter.

Müller-Wohlfahrt operiert beim FC Bayern in der Regel nicht selbst, sondern stellt Diagnosen und vermittelt an andere Ärzte. Oft nehmen die Spieler deshalb weite Reisen auf sich. Mehrmals schickte Müller-Wohlfahrt Spieler in die USA zu Dr. Steadman. Aus dem aktuellen Kader flogen zum Beispiel die zuvor lange Zeit verletzen Javi Martinez und Holger Badstuber in die USA.

In München hat Mannschaftsarzt Müller-Wohlfahrt seine Praxis im Zentrum der Stadt. Das führt zu einem Konflikt mit Trainer Pep Guardiola, der es aus Barcelona gewohnt ist, seine Ärzte direkt griffbereit auf dem Trainingsgelände zu haben. Das ist ein Konflikt, der an die Zeit unter Trainer Jürgen Klinsmann erinnert. Damals gipfelte das Problem darin, dass Müller-Wohlfahrt für einige Monate nicht mehr als Mannschaftsarzt des FC Bayern tätig war — bis die Bayern Klinsmann rausschmissen.