Faktencheck

Angebliche Krypto-Werbung: Gefälschter Tagesschau-Artikel über Robert Habeck kursiert auf Facebook

In einem Interview mit Caren Miosga soll Habeck verschiedene Krypto-Plattformen beworben haben. Doch die Tagesschau-Artikel, die darüber berichten, sind gefälscht. Hinter einem steht ein Betreiber, vor dem Finanzaufsichten warnen.

von Paulina Thom

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Dieser gefälschte Artikel der Tagesschau kursiert als Werbeanzeige auf Facebook und erreichte mehr als eine halbe Million Konten (Quelle: hihuyldjkgd.digital; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Die Tagesschau habe über ein Interview zwischen Robert Habeck und Caren Miosga berichtet, in dem er verschiedene Krypto-Plattformen bewirbt.
Bewertung
Manipuliert. Die Artikel sind fake, es kursieren mehrere Versionen. Eine wirbt unter anderem für eine Bitcoin-Handelsplattform, vor der die deutsche und österreichische Finanzaufsicht warnen. Das besagte Interview zwischen Caren Miosga und Robert Habeck fand nie statt.

Mehr als eine Million Konten erreichten Werbeanzeigen auf Facebook mit dem Titel: „Habeck tragisches Ende! Die Nachricht von heute Morgen schockiert alle Bundesbürger!“ Wer auf eine der angeblichen Meldungen klickt, landet bei einem Artikel, der vorgibt, von der Tagesschau zu stammen. Der Grünen-Politiker und Vizekanzler Robert Habeck soll demnach in einem Interview mit der Moderatorin Caren Miosga Krypto-Handelsplattformen beworben haben. Je nach Artikel sind das Plattformen mit Namen wie Immediate Edge, Finance Phantom oder Ethereum Code. 

Doch ein solches Interview gab es nie, die Tagesschau-Artikel sind manipuliert – woran Sie das erkennen und warum die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) unter anderem vor der Plattform Immediate Edge warnt, erfahren Sie in unserem Faktencheck. 

Screenshot der Werbeanzeige
Wer auf diese Werbeanzeige auf Facebook klickt, landet bei einem gefälschten Tagesschau-Artikel. Die Anzeige erreicht laut Facebooks Werbebibliothek hunderttausende Konten. (Quelle: Facebook; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Webadresse des gefälschtes Artikel über Robert Habeck lautet nicht tagesschau.de

Die angeblichen Tagesschau-Artikel haben immer den Titel „Robert Habeck wird wegen Verrats an Deutschland live auf Sendung entlarvt“. Eine Google-Abfrage mit Suchoperatoren zeigt, dass der Artikel nie auf der Webseite der Tagesschau erschienen ist. Ein ähnlicher Fall begegnete uns schon im Dezember 2023, damals ging es um ein angebliches Interview mit Anne Will.

Auch sonst fällt der Artikel durch sprachliche und strukturelle Ungereimtheiten auf, beispielsweise lautet die Webadresse nicht tagesschau.de. Zwar enthalten die gefälschten Artikel das Tagesschau-Logo, andere Elemente der Webseite fehlen jedoch, wie der Hinweis auf die Mediathek und die Einordnung des Artikels in eine Rubrik. Zudem funktionieren die Links auf der Seite nicht. 

Vergleich des gefälschten Artikels mit einem echten Artikel der Tagesschau
Oben der gefälschte Artikel, unten ein echter Artikel der Tagesschau: In der gefälschten Version fehlt der Link zur Mediathek der ARD (rote Markierung) und die Rubrik des Artikels (grüne Markierung). (Quelle: hihuyldjkgd.digital / tagesschau.de; Screenshots, Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Eine Bilder-Rückwärtssuche mit Fotos aus dem gefälschten Artikel führt zu einem Interview zwischen Miosga und Habeck in einer Sendung vom 4. Februar 2024. Darin ging es um wirtschaftspolitische Themen – an keiner Stelle sprechen die beiden über eine der genannten Handelsplattformen für Bitcoins. 

Gefälschter Artikel wirbt für eine Handelsplattform, vor der Behörden und Anwaltskanzleien warnen

Auffällig ist: Die Webadressen der gefälschten Tagesschau-Artikel wechseln regelmäßig und bewerben dann jeweils unterschiedliche Handelsplattformen. 

Die Masche in den Artikel ist aber immer gleich. Mit nur 250 Euro Startkapital soll man auf der Plattform angeblich schnell hohe Gewinne machen können. Um die Plattform auszuprobieren, sollen Nutzerinnen und Nutzer unten im Artikel ihren Namen und ihre E-Mail-Adresse angeben. Auch eine „echte Handynummer“ wird verlangt, damit der Kundenservice in Kontakt treten könne. 

In einem der gefälschten Artikel – der mittlerweile gelöscht wurde – fiel mehrmals der Name Immediate Edge. Doch bei Immediate Edge handelt es sich um keinen seriösen Anbieter – mehrere Behörden und Anwaltskanzleien warnen, dort Geld anzulegen. Die Bafin ermittelt seit November 2023 gegen den Anbieter und schrieb: „Kundinnen und Kunden können über die Website vermeintliche Handelskonten eröffnen. Die versprochenen Gewinne zahlen die Betreiber aber nicht aus.“ Der Anbieter sei nicht von der Behörde zugelassen. Die Bafin rät „bei Geldanlagen im Internet äußerst vorsichtig zu sein und vorab gründlich zu recherchieren, um Betrugsversuche rechtzeitig zu erkennen“. Sie können etwa in einer Datenbank prüfen, ob das Unternehmen eine Erlaubnis der Behörde besitzt. 

Bereits im Juni 2023 hatte die österreichische Finanzmarktaufsicht vor Abschlüssen mit Geschäften mit Immediate Edge gewarnt: „Dieser Anbieter hat keine Berechtigung, konzessionspflichtige Bankgeschäfte in Österreich zu erbringen.“ Auf mehreren Webseiten von Anwaltskanzleien finden sich zudem negative Erfahrungsberichte mit dem Anbieter, der immer wieder neue Webadressen zu nutzen scheint. 

Auf eine Anfrage zu den Werbeanzeigen und warum diese weiter aktiv sind, antwortete Meta bis zur Veröffentlichung nicht. 

Transparenzhinweis: CORRECTIV ist seit 2017 in einer Kooperation mit dem Facebook-Konzern Meta, um Desinformation auf dem Sozialen Netzwerk zu bekämpfen. Mehr Informationen zu der Kooperation erhalten Sie hier.

Redigatur: Sophie Timmermann, Gabriele Scherndl