
Justus von Daniels
Chefredakteur
Es gibt ja immer Standardwerke für den Haushalt oder die Erziehung oder auch zum Kochen, die zum Grundwissen einer Gesellschaft gehören. Ich glaube, jetzt ist Zeit für Standardwerke, die mit der Demokratie zu tun haben.
Exklusiv kann ich Ihnen heute ankündigen, dass wir ab Montag so eins im Programm haben, es heißt „100 Karten über Rechtsextremismus“. Zusammen mit dem Katapult-Verlag zeigen wir mit verständlichen Grafiken und klaren Worten, wo der Rechtsextremismus verwurzelt ist, wie er organisiert ist, welche Stimmungen er ausnutzt oder wie er sich durch Europa frisst.
Wir gehen bewusst in die Vergangenheit, wie es damals angefangen hat und wie es bis heute fortwirkt. Wir räumen mit Vorurteilen auf, etwa in welchen Teilen des Landes Rechtsextremismus besonders stark sein soll. Wir zeigen, wie sich die Politik von Rechtspopulisten in Europa konkret auswirkt.
Das Buch ist nicht nur bunt, weil es voller beeindruckender Grafiken ist. Es geht auch um so unterschiedliche Themen wie „Stimmenanteile der NSDAP bei den Reichstagswahlen 1933“, um „Todesopfer rechter Gewalt vor der Wiedervereinigung“; wir zeigen, in welchem Bundesland die Reichskriegsflagge verboten ist, wie man rechtsextreme Codes erkennt oder wo es die meisten Reichsbürger gibt.
Diese 100 Einblicke vermitteln einen Gesamteindruck über den Rechtsextremismus in unserem Land und in Europa. Sie können das Buch von Beginn bis zum Ende lesen, oder darin blättern und sich auf Aspekte konzentrieren, die Sie vielleicht überraschen. Allein bei der Planung der Themen habe ich unglaublich viel dazu gelernt.
Ich schreibe das nicht leichtfertig, aber in diesem Fall glaube ich, das Buch kann ein Standardwerk sein, das im besten Sinne aufklärt. Auch, weil es aufgrund seiner Zugänglichkeit alle Generationen und alle Teile der Gesellschaft ansprechen kann und soll. Manches werden Sie schon kennen, anderes wird Sie überraschen.
Mein Kollege Florian Bayer war Teil des Teams und gibt am Ende dieses Spotlights einen kurzen, spannenden Einblick, wie das Buch entstand.
Schauen Sie hier rein und bestellen Sie es jetzt schon direkt bei uns im Verlag.

Recherchen der Woche
Die Kinder der Reichsbürger
Es gibt Kinder in Deutschland, die komplett unter dem Radar laufen. Die Behörden wissen nichts von ihnen, denn sie wurden ohne Meldungen zu Hause auf die Welt gebracht. Sie haben keine Geburtsurkunde, für sie wird kein Kindergeld ausgezahlt, sie waren noch nie offiziell bei einem Arzt, denn eine Krankenkassenkarte haben sie nicht. Sie gehen nicht zur Schule, trotz Schulpflicht. Wie viele es sind, ist schwer zu ermitteln. Eva Achinger und Christiane Hawranek haben mit den Eltern von einem dieser Kinder gesprochen. Für sie ist das Leben abseits des Systems ein Akt der Freiheit. Doch ist es das wirklich? Und was hat das mit Reichsbürgern zu tun?
Nachwuchs für Reichsbürger – Doku über Kinder in einer Parallelwelt (ardaudiothek.de, Audio)
BP schraubt Klimaziele deutlich runter
Vor vier Jahren versprach der Ölkonzern BP, die Öl- und Gasförderung bis 2030 um 40 Prozent zu reduzieren und gleichzeitig stark in erneuerbare Energien zu investieren. Unter dem neuen Firmenchef Murray Auchincloss plant der Konzern nun, sich von diesem Ziel zu verabschieden, wie Reuters unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet. Stattdessen soll es neue Investitionen im Nahen Osten und Mexiko geben, um die Förderung fossiler Brennstoffe auszuweiten. Mit dieser Strategie will man offenbar verunsicherte Investoren beschwichtigen. Dennoch will der Konzern nach eigenen Angaben an seinem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden, festhalten.
Exclusive: BP abandons goal to cut oil output, resets strategy (reuters.com, englisch)
„100 Minuten Propaganda“
Als „100 Minuten Propaganda” beurteilt ein Experte den neuen Imagefilm des AfD-Politikers Björn Höcke auf Youtube. Wer sind die Leute, die Rechte in Szene setzen? Unsere Recherche zeigt: Hinter der Produktionsfirma „Filmkunstkollektiv“ verbergen sich rechtsextreme Aktivisten und Mitglieder der Identitären Bewegung – auch die Süddeutsche Zeitung berichtet über weitere Personen hinter den Kulissen. Ihr Ziel: Mit aufwändigen Produktion die Rechten als heroisch und volksnah inszenieren. Es ist ein weiterer Beleg, wie eng die AfD mit diesem politischen Vorfeld zusammenarbeitet.
„100 Minuten Propaganda“: Rechtsextreme drehen Imagefilm über Björn Höcke (correctiv.org)
Regenbogenflagge verboten – Oberbürgermeister tritt zurück
Der Oberbürgermeister von Neubrandenburg hat auf Facebook seinen Rücktritt bekannt gegeben, ohne dabei konkrete Gründe zu nennen. Ebenso auf Facebook feierte der parteilose Stadtrat Tim Großmüller die Annahme des Beschlusses, die Regenbogenflagge am Bahnhof in Neubrandenburg abzunehmen. Großmüller hatte den Oberbürgermeister in der Vergangenheit immer wieder homophob beleidigt – erst im März durchsuchte die Polizei seine Wohnung wegen des Verdachts auf Beleidigung, Bedrohung und Volksverhetzung. Der Artikel von Katapult MV beschreibt die Provokationen, den Hass und die zermürbende Kommunalpolitik in Neubrandenburg. Eine regionale Geschichte, die aber viel über politische Kämpfe vor Ort erzählt.
Stadtvertretung Neubrandenburg verbietet Regenbogenflagge (katapult-mv.de)
Wo es keine Postfilialen mehr gibt
Das Postgesetz verpflichtet die Deutsche Post, in allen Gemeinden über 2000 Einwohnern eine sogenannte Universaldienstfiliale zu betreiben, in der alle gängigen Dienstleistungen angeboten werden. Eine Datenrecherche des Spiegel zeigt: In 111 Gemeinden kann die Deutsche Post diese Minimalversorgung nicht gewährleisten.
Hier ist der Weg zur Post zu weit (spiegel.de, €)
Gazastreifen in Trümmern
Nach einem Jahr Krieg ist der Gazastreifen in großen Teilen verwüstet – gut 90 Prozent der Bevölkerung wurden vertrieben und geschätzt rund 42.000 Menschen durch israelische Angriffe getötet. Laut dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen herrscht im Gazastreifen eine Hungersnot. Die Zeit zeichnet anhand öffentlicher Daten und Satellitenbildern das Ausmaß der Zerstörung nach.
Vertrieben, getötet, ohne ausreichende Hilfe (zeit.de, €)
Florian Beyer
freier Journalist
Eigentlich komme ich ja vom Schreiben her. Der Journalismus in Textform ist mein täglich Brot. An einem Buch mitarbeiten zu dürfen, das vor allem mit seinen Grafiken Inhalte vermittelt, war also erstmal ungewohnt.
Dann zeigte sich aber, dass die grundlegende Arbeit in vielen Dingen sehr ähnlich ist. Was ist ein Thema für uns, was nicht? Wie bereitet man eine Recherche auf? Wie vermittelt man sie am besten? Was ist essenziell, was kann weg? All diese Entscheidungen galt es zu treffen, und das ist gar nicht mal so anders zum Alltag in einer Textredaktion. Nur in der Darstellung knapper und pointierter.
Mit Katapult hatten wir die absoluten Spezialisten für diese Darstellungsform an Bord. Wir wurden schnell zum eingespielten Team und ergänzten uns immer besser. Und ich denke, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Es ist das richtige Buch zur (leider) richtigen Zeit.
Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, kann ich nur wärmstens empfehlen, einen Blick in das Buch zu werfen. Es irritiert, fasziniert, überrascht – und regt zum eigenen Nachdenken an.
CORRECTIV ist spendenfinanziert
CORRECTIV ist das erste spendenfinanzierte Medium in Deutschland. Als vielfach ausgezeichnete Redaktion stehen wir für investigativen Journalismus. Wir lösen öffentliche Debatten aus, arbeiten mit Bürgerinnen und Bürgern an unseren Recherchen und fördern die Gesellschaft mit unseren Bildungsprogrammen.