Warum wir Geheimpapiere veröffentlichen
Die Verhandlungen über TTIP finden bisher im Geheimen statt. Wir finden: das ist einer Demokratie unwürdig. Deshalb haben wir uns entschlossen, interne Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich zu machen – pünktlich zur nächsten Verhandlungsrunde, die am Montag in Brüssel beginnt.
Für TTIP interessieren sich zur Zeit vor allem die Gegner. Das ist ein Fehler. Denn das geplante Freihandelsabkommen betrifft, wenn es denn umgesetzt wird, 820 Millionen Menschen in Europa und den Vereinigten Staaten.
Aber ist Freihandel nicht ein alter Hut? Sind heute nicht schon nahezu alle Zölle abgeschafft? Stimmt. Deshalb geht es in den Verhandlungen über die Transatlantic Trade and Investment Parnership (TTIP) heute auch um Regulierungen, Produktstandards und den umstrittenen Investorenschutz. Also darum, ob Autoblinker orange (Europa) oder rot (USA) sein müssen. Ob genveränderte Lebensmittel gekennzeichnet sein müssen. Oder ob zum Beispiel ein Energiekonzern wie Vattenfall einen souveränen Staat wie Deutschland auf Schadensersatz verklagen kann, wenn dessen Regierung den Atomausstieg beschließt.
TTIP betrifft letztlich uns alle. Umso ärgerlicher ist es deshalb, dass eine Bürokraten-Kaste am liebsten alles im Geheimen verhandeln und den Parlamenten wie der Öffentlichkeit am Ende ein fertiges Abkommen präsentieren will. Friss oder stirb.
Wir sind als Redaktion gegen diese Heimlichtuerei, die zu Angst und Verunsicherung führt. Mehr Transparenz sorgt unserer Ansicht nach für eine bessere Debatte über das Abkommen. Deshalb veröffentlichen wir heute zahlreiche interne Dokumente auf unserer Webseite. Darunter sind Gesprächsprotokolle aus den Treffen der EU-Kommission mit den Regierungsvertretern aus Deutschland, Frankreich und anderen EU-Staaten. Darunter sind auch Papiere der EU-Kommission, mit denen sie in die Verhandlungen mit den US-Vertretern gegangen sind. Und Berichte, in denen die Mitgliedsstaaten ihre Position zu einzelnen Themen der EU übermittelt haben.
In einem ersten Schwung veröffentlichen wir über 100 solcher Dokumente. Aus ihnen geht hervor, wie die Verhandlungen mit den USA laufen und welche Konflikte es gibt. Die Gesprächsprotokolle sind relativ leicht zu lesen und vermitteln die Stimmung während der einzelnen Verhandlungsrunden. Sie zeigen zum Beispiel, dass Griechenland unbedingt verhindern will, dass bestimmte Investitionen vor einem Investitionsgericht einklagbar sind. Oder dass Frankreich TTIP scheitern lassen will, wenn bestimmte Käsesorten nicht geschützt werden. Die Gesprächsprotokolle zeigen aber auch, wie unzufrieden Europas Regierungen sind, weil ihnen die EU-Behörden zu wenig Einsicht in die Verhandlungen gewähren und so die Furcht wächst, dass die Punkte, die den Ländern wichtig sind, am Ende aus den Verhandlungen fliegen.
Die andere Sorte Dokumente (EU-Papiere und Positionspapiere) sind eher technischer Natur. In ihnen geht es um konkrete Vorschläge, die in die Verhandlungen eingebracht werden.
Ist es unfair, dass die geheimen Dokumenten, die wir veröffentlichen, nur aus der EU stammen? US-Papiere wurden bisher nicht geleakt. Aber wir freuen uns auch, wenn es Informationen aus der Perspektive der US-Verhandler geben würde.
Einige Stellen in den Dokumenten haben wir geschwärzt. Warum? Wir haben dort geschwärzt, wo persönliche Daten, Emailadressen oder Verteilernamen stehen. Wir wollen keinen Verhandler persönlich vorführen oder angreifen.
Am Montag, 13. Juli, startet eine neue Verhandlungsrunde in Brüssel, die die ganze Woche dauert. Unser TTIP-Reporter Justus von Daniels (justus.von.daniels@correctiv.org) wird in Brüssel vor Ort sein und aktuell in einem Liveblog vom Verhandlungsort berichten. Marta Orosz (marta.orosz@correctiv.org) und er werden die Verhandlungen mit Berichten begleiten. Folge unserem Twitter-Account @correctiv_org und diskutiere mit unter #openTTIP.
Wir bleiben am Ball und bereiten in der Redaktion schon die Veröffentlichung des nächsten größeren Pakets bisher geheimer Dokumente vor. Und würden uns freuen, wenn Ihr Euch durch CORRECTIV gut informiert fühlt.
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Hier geht’s zu den #openTTIP Dokumenten.
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Wenn Du weitere Geheimdokumente hast, kannst Du uns diese schicken – gerne auch anonym.