Faktencheck

US-Wahl: Beiträge streuen falsche Behauptungen über schwarzen Punkt auf Wahlzetteln

Vor den US-Wahlen verbreitete sich ein Foto von einem Wahlzettel, das angeblich Betrug belegen soll. Darauf ist ein schwarzer Punkt in dem Kästchen für Kamala Harris zu sehen. Angeblich würden dadurch Stimmen für andere Kandidatinnen und Kandidaten als ungültig gewertet. Wieso das nicht stimmen kann.

von Max Bernhard

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Dieses Bild verbreitet sich vor den US-Wahlen mit der Behauptung, es belege Wahlbetrug. Angeblich macht der schwarze Punkt es unmöglich, für andere Kandidatinnen zu wählen. Das ist falsch. (Quelle: Facebook; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein schwarzer Punkt auf Wahlzetteln in den USA sorge dafür, dass der Auswerteautomat nur Stimmen für Kamala Harris als gültig zähle. Bei allen anderen Kandidatinnen und Kandidaten sei die Stimme ungültig, da der Automat diese wegen des Punkts als doppelt angekreuzt auswerte.
Bewertung
Falsch. Das Wahlamt des Bundesstaates Kentucky, aus dem der Wahlzettel stammt, erklärte, dass bisher niemand dem Wahlleiter oder den Strafverfolgungsbehörden einen solchen vormarkierten Stimmzettel gemeldet habe. Ein kleiner Punkt wird laut Vorgaben des Bundesstaates zudem nicht als gültige Markierung gewertet und kann demnach auch keine andere Stimme ungültig machen.

Am 5. November haben die USA Donald Trump zum neuen Präsidenten gewählt. Im Vorfeld der Wahl verbreiteten sich verschiedene Falschbehauptungen zu angeblichen Wahlbetrug, wie wir bereits hier, hier und hier berichteten. Darunter auch ein Foto von einem Wahlzettel, auf dem in dem Kästchen für die Kandidatin der Demokraten, Kamala Harris, ein kleiner Punkt zu sehen ist.

In einem deutschen Beitrag vom 5. November dazu auf Facebook wird behauptet, der „Punkt“ finde sich auf hunderttausenden Wahlzetteln und ermögliche Wahlbetrug: „Wird bei Harris angekreuzt, wertet der Auswerteautomat die Stimmabgabe als gültig aus, bei allen anderen Kästchen ist die Stimme ungültig, da der Automat es doppelt angekreuzt auswertet.“ Ähnliche Behauptungen zu dem Foto verbreiteten sich auch auf Englisch und in weiteren Sprachen. Auf X teilte es der rechtsextreme Account „Libs of Tiktok“, der immer wieder durch Desinformation auffällt und erzielte mit dem Beitrag mehr als fünf Millionen Ansichten.

Doch aus mehreren Gründen ist die Behauptung falsch.

In Facebook-Beiträgen heißt es, das Foto mit dem Punkt auf dem Stimmzettel sei ein Beleg für Wahlbetrug. Das ist falsch. (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Wahlamt von Kentucky dementiert: „Gerücht zu Punkt existiert derzeit nur im Vakuum der sozialen Medien“ 

Das Foto zeigt einen Wahlzettel für den Bundesstaat Kentucky. Das lässt sich daran erkennen, dass bei der dritten Kandidatin auf der Liste Jill Stein, die „Kentucky Party“ eingetragen ist. Die Partei gibt es nur in dem Bundesstaat. In dem englischen Text, der über dem Foto zu sehen ist, wird der Bezirk Laurel County in Kentucky erwähnt. Dort sahen die Stimmzettel jedoch anders aus. Stattdessen ähnelt der Stimmzettel auf dem Foto dem für Larue County, ebenfalls ein Bezirk in Kentucky. In Kentucky gewann Donald Trump mit rund 65 Prozent der Stimmen.

Der Landeswahlausschuss von Kentucky erklärte am 4. November 2024 in einer Mitteilung, dass bisher niemand dem Wahlleiter oder den Strafverfolgungsbehörden einen solchen mit einem Punkt vorgedruckten Stimmzettel gemeldet habe. „Die Behauptung, dass mindestens ein Stimmzettel in Kentucky einen vorgedruckten Aufdruck gehabt haben könnte, existiert derzeit nur im Vakuum der sozialen Medien“, hieß es von der Behörde weiter.

Ein kleiner Punkt auf dem Stimmzettel ist laut Vorschriften in Kentucky keine gültige Markierung

Davon abgesehen gilt ein kleiner Punkt auf dem Stimmzettel wie auf dem Foto laut den in Kentucky geltenden Vorgaben nicht als gültige Markierung. Anders als online behauptet, würde ein Wahlautomat demnach den Punkt – zusätzlich zu einem an anderer Stelle gesetzten Kreuz – nicht als doppelte Stimme werten und damit die Stimmabgabe ungültig machen.

In den Beiträgen ist laut Wahlausschuss ein Briefwahlzettel zu sehen. Das sei an dem geraden Knick in der Mitte des Stimmzettels zu erkennen. Bei der Briefwahl liege ein Merkblatt bei, das Wählende darüber informiert, dass sie bei mehr als einem angekreuzten Kandidaten ihre bevorzugte Wahl einkreisen können – diese werde dann entsprechend gezählt.

Bei der Wahl an der Urne könnten Wählende einen neuen Stimmzettel verlangen, falls tatsächlich ein Punkt oder eine andere vorherige Markierung enthalten sei. Das sei auch noch nach dem Ausfüllen möglich, falls der Wahlscanner feststellt, dass mehrere Kandidatinnen oder Kandidaten ausgewählt wurden, erklärte die Behörde weiter.

Auch in anderen Staaten gibt es Systeme, um Wählende über Mehrfachstimmen zu informieren 

Auch außerhalb Kentuckys gibt es Systeme, um sicherzustellen, dass Wählende benachrichtigt werden, wenn sie mehr Stimmen als erlaubt abgegeben haben. Das legt der „Help America Vote Act“ von 2002 fest. Laut dem Gesetz muss außerdem die Möglichkeit gegeben werden, den Stimmzettel zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, bevor die Stimme gezählt wird.

Jeder Bundesstaat habe ein eigenes Verfahren, um die Absicht der Wähler zu interpretieren und die Wahlzettel zu scannen, erklärte die Geschäftsführerin der National Association of State Election Directors, Amy Cohen, gegenüber PolitiFact. Doch wenn ein Stimmzettel sowohl eine kleine Markierung als auch ein vollständig ausgefülltes Auswahlfeld für dasselbe Amt enthält, werde in vielen Staaten die Stimme für den vollständig markierten Kandidaten gezählt, so Cohen.

Redigatur: Matthias Bau, Paulina Thom

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Stimmzettel US-Wahl 2024 Larue County in Kentucky: Link (Englisch, archiviert)
  • Mitteilung des State Board of Elections, 4. November 2024: Link (Englisch,archiviert)
  • Gesetzliche Regelung zur Abstimmung in Kentucky, Link (Englisch, archiviert)
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