
In den Tagen, an denen Elon Musk von Donald Trump als Beauftragter für den Umbau der Bürokratie vorgeschlagen wurde, teilten Robert Habeck und die SPD mit, dass sie jetzt wieder zurück auf X seien. Und das, obwohl X in Deutschland weitaus weniger genutzt wird als andere Plattformen.
Die britische Zeitung Guardian wiederum veröffentlichte fast zeitgleich fast zeitgleich ein Statement, warum sie sich von der Plattform von Elon Musk zurückzieht.
Erleben wir gerade einen gefährlichen Gift-Cocktail für die Demokratie? Es ist schon bemerkenswert, dass ein Mann wie Musk einerseits darüber bestimmen kann, wie die Regeln eines ziemlich mächtigen Diskurs-Raumes sind, an dem auch das politische Berlin teilnimmt. Und der andererseits in Washington mit entscheiden darf, wie die staatliche Regulierung dazu aussehen soll.
Ist Musk die gefährliche Macht im Hintergrund? Schon jetzt bezieht Trump ihn in Anrufe bei Putin ein. Über sein Mega-Account teilt Musk wiederum bewusste Falschinformation. Und künftig soll er womöglich dafür sorgen, dass US-Behörden, die Trump im Wege stehen, entmachtet werden.
Am Donnerstag erzählte mir unser Kollege, der türkische Exil-Journalist Can Dündar, dass die Türkei seinen X-Account vor Kurzem verboten hat. Er beschreibt hier im Spotlight für Sie exklusiv, was seine Sperrung bedeutet.
Offenbar spielen die autoritären Kräfte mit der Öffentlichkeit. Das rüttelt an unserer Demokratie. Es braucht mindestens eine Debatte, wie das in Zukunft verhindert werden kann. Ist es vor diesem Hintergrund wirklich eine gute Idee von Habeck oder der SPD auf X wieder aktiv zu sein?
Das würden wir gern von Ihnen wissen und laden Sie daher über folgenden Link zu dieser kurzen Umfrage über Musk und X ein. Ich freue mich auf Ihre Antworten! Gestern hatten wir ja auch zu Musk die Leserfrage der Woche.
Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende und spannende Einblicke in unsere Empfehlungen der Woche. Am Ende des Spotlight gibt es noch eine kleine Info-Bombe von meinem Kollegen Alexej Hock. Es geht um einen etwas nachlässigen Mitarbeiter der russischen Armee.
Mit besten Grüßen,
Ihr
Justus von Daniels

Letzten Monat wurde der Zugang zu meinem X-Konto aus der Türkei blockiert. Ich bin 2013 Twitter beigetreten – mittlerweile folgen mir dort 5,5 Millionen Menschen.
Für Journalisten wie mich war Twitter einer der wichtigsten Kanäle, um mit Lesern aus Ländern im Austausch zu bleiben, in denen die Medien staatlich kontrolliert werden – wie in der Türkei. Als auch Erdoğan das erkannte, versuchte er, diesen Draht zu kappen. Doch dafür musste er vorerst noch abwarten, dass Twitter zu X wurde. Kurz nach Elon Musks Übernahme von Twitter schüttelte Musk dem türkischen Präsidenten beim WM-Finale in Katar die Hand.
Dieser Handschlag fand fünf Monate vor einer entscheidenden Wahl in der Türkei statt. Während des Kopf-an-Kopf-Wahlkampfes vermeldete mein Twitter-Konto, dass „Maßnahmen ergriffen wurden, um den Zugang zu einigen Inhalten in der Türkei zu beschränken.“
Später erfuhr ich, dass ein Gericht in Istanbul den Zugang zu 122 X-Konten, darunter auch meinem, auf Antrag der Regierung blockiert hatte. Das Gericht nannte keine konkreten Gründe oder Beiträge, sondern nur allgemeine Anschuldigungen wie „Störung der inneren und äußeren Sicherheit“.
Meine Beschwerde an X erhielt folgende Antwort: „Nach türkischem Recht sind wir verpflichtet, der administrativen Entscheidung innerhalb von vier Stunden nach der Benachrichtigung nachzukommen.“ Der rechtliche Prozess? Der folgt erst später. Die Entscheidung der Verwaltung vor Gericht anzufechten, ist nahezu unmöglich, da diese Gerichte bereits der Regierung unterstellt sind. So wurde meine Beschwerde vor einem höheren Gericht rasch abgelehnt. Nun bereite ich mich darauf vor, beim Verfassungsgericht und später beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde einzulegen. Organisationen wie PEN und Reporter ohne Grenzen reagierten sofort.
Ich denke jedoch, dass wir eine globale Reaktion brauchen, um zu verhindern, dass Plattformen wie X von autoritären Regimen missbraucht werden. Noch wichtiger ist, dass wir neue Grundlagen benötigen, auf denen wir unsere Gedanken frei teilen können.
Ein pro-russischer Lobbyist im Umfeld der SPD
Heino Wiese ist ein Vertrauter von Gerhard Schröder und galt bis zur russischen Invasion in die Ukraine als einer der wichtigsten Interessenvertreter Moskaus in Deutschland. Nun rückt Wiese mithilfe von Vertrauten von Gerhard Schröder über zwei Firmen wieder in den Einflussbereich der SPD – mitten in der Debatte um den Umgang der Partei mit dem Erbe des Altkanzlers.
Pro-russischer Lobbyist wieder im SPD-Umfeld aktiv (correctiv.org)
„Neue Generation Neonazis“
Die Denkfabrik Center for Monitoring, Analysis and Strategy (CeMAS) hat einen Bericht veröffentlicht, in dem es um die neu formierten Neonazi-Bewegungen geht, die im Sommer vermehrt auf den Straßen zu sehen waren. Die rechtsextremistischen Bewegungen sind besonders jung und vernetzen sich über diverse digitale Kanäle. Im Interview der Zeit spricht der Forscher Joe Dücker über die Bewegung, die sich die queere Communtiy auf CSD-Veranstaltungen als Feindbild gesucht hat.
„Es geht darum, kampfbereit zu sein“ (zeit.de)
Tausende Euro Nachzahlung
In den vergangenen Monaten berichteten Lokalmedien wie der MDR oder der RBB immer wieder über auffällig hohe Heizkostenabrechnungen. CORRECTIV ist diesen Meldungen nachgegangen. Unsere neue Recherche zeigt, dass enorme Nachforderungen von bis zu 5.000 Euro keine Einzelfälle sind: Einzelne Contracting-Firmen nutzen offenbar rechtliche Schlupflöcher aus, um Profit zu machen. Deutschlandweit könnten Hunderttausende betroffen sein.
Mieter in der Heizungsfalle (correctiv.org)
Drogen-Krise in deutscher Provinz
Junge Menschen, die von starken Schmerz- und Beruhigungsmitteln abhängig sind; Ländliche Regionen, die von Crystal Meth, Speed oder Ecstasy geradezu überschwemmt werden: Die vierteilige ZDF-Doku-Serie „Drogen-Land – Provinz im Rausch“ geht der rasanten Ausbreitung von legalen und illegalen Drogen in Deutschland nach. Gespräche mit Süchtigen, Dealern und lokalen Behörden setzen ein klares und teilweise erschreckendes Bild zusammen: Die Zahl Jugendlicher und junger Erwachsener, die von starken Schmerz- und Beruhigungsmitteln wie Tilidin oder Xanax abhängig sind, steigt rasant an. Die Mittel besorgen die Abhängigen sich ganz legal beim Arzt oder in der Apotheke – in manchen Fällen reicht der Griff in den elterlichen Medikamentenschrank. Das erinnert an die Entwicklung in den USA, wo die Opioid-Krise seit Jahren grassiert. Eine Krise, das zeigt diese Serie, die auch in der deutschen Provinz angekommen ist.
Drogen-Land – Provinz im Rausch (zdf.de, Video)
Schweizer Chips in russischen Drohnen
Eigentlich sollte der Export von Militärgütern nach Russland nicht möglich sein – trotzdem gelangen weiterhin Schweizer Chips in russische Kampfdrohnen. Ein aktueller Fund eines Chips der Firma „u-blox“ in einer Drohne zeigt, wie Sanktionen umgangen werden. CORRECTIV Recherchen zeigen wie: Über illegale Handelswege und Drittländer werden die Waren über Online-Shops angeboten.
Schweizer Chips in russischen Kampfdrohnen (correctiv.org)

CORRECTIV Inside
Es fühlt sich ein bisschen an, als hätten wir etwas Unmögliches geschafft. Wir haben mit unseren Recherchen eine raffinierte Propaganda-Kampagne eingedämmt, die der russische Staat gegen Deutschland und weitere Länder gefahren hat. Ihr Ziel war es, mit manipulierten Artikeln Stimmung gegen die Ukraine zu machen. In dieser Woche können wir mit ausreichender Sicherheit behaupten: Die Inhalte erreichen Sie vorerst nicht mehr.
Wir haben Spuren im Internet verfolgt, IT-Spezialisten konsultiert und kritische Anfragen an involvierte Internetfirmen verschickt. In vielen Teilen waren die Recherchen sehr technisch. Interessant wurde es immer dann, wenn sich der Datennebel lichtete und die digitalen Spuren zu realen Personen führten. Ich möchte Ihnen zwei Beispiele erzählen.
Wir haben einen Dienstleister ermittelt, der die Kampagne mit einem technischen Verfahren versorgt, das häufig Internetbetrüger nutzen. Weil es sich um eine umstrittene Dienstleistung handelt, hat der Betreiber viel dafür getan, um nicht identifiziert zu werden. Wir haben ihn gefunden, es handelt sich um einen Mann aus dem Süden der Ukraine – ausgerechnet. Er hat sich auf unsere Anfrage eingelassen, weil für ihn persönlich die Grenze bei russischer Propaganda gegen sein Land lag. Daran wollte er sich auf keinen Fall beteiligen.
Ein anderer Mann aus Moskau hat vermutlich in seiner Arbeitszeit privat im Internet gesurft und dabei Spuren hinterlassen. Blöd nur, dass er laut einem Datenleck für die Russische Armee tätig ist, in einer Fernmeldetruppe des Generalstabs. So konnten wir den Anschluss seiner Abteilung mit einer Internetadresse zusammenbringen, über die auf verschiedene Kundenkonten der Propaganda-Kampange zugegriffen wurde. Es ist der erstmalige Hinweis auf die direkte staatliche Steuerung der Kampagne.
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