Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

es ist genau ein Jahr her, dass sich in der Villa Adlon in Potsdam hochrangige AfD-Vertreter, CDU-Leute, potenzielle Geldgeber und Neonazis trafen, um über einen „Masterplan“ für Deutschland zu beraten. Wir von CORRECTIV hatten davon erfahren und recherchierten vor Ort – im Januar veröffentlichten wir unseren Text „Geheimplan gegen Deutschland“.

Noch immer mühen sich Kräfte von Rechtsaußen (und zum Teil auch etablierte Medien, die sich politisch in der Mitte verorten) vermeintliche Fehler in der Recherche zu finden – und dabei wird gerade sichtbar, wie sehr Teile der AfD versuchen, so zu tun, als sei das völkisch-nationale Konzept „Remigration“ eine ganz normale politische Forderung, die man ernsthaft diskutieren müsse: Am Wochenende hat die AfD Bayern eine „Resolution“ verabschiedet (hier im Original nachzulesen). Darin steht, es „…müssen grundgesetzkonforme Wege geschaffen werden, eine bereits zuerkannte deutsche Staatsbürgerschaft wieder abzuerkennen.“ Mehr dazu im Thema des Tages.

Außerdem möchte ich Ihnen heute noch dies ans Herz legen, das zum selben wichtigen Themenkomplex gehört: Unser Reporterteam versucht, vom Bundesamt für Verfassungsschutz dessen gerade fertiggestelltes, aber unter Verschluss gehaltenes Gutachten über die AfD zu bekommen. Was dabei passierte, sehen Sie in diesem Kurzfilm.

Thema des Tages: „Remigration“ – jetzt auch offiziell

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: Tiktok-Video gibt Umfragewerte aus Brandenburg als Stimmungsbild zur Bundestagswahl aus

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Es besagt im Kern, dass es durch Gesetze – also auf offiziellem demokratischen Wege – für Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland ungemütlich gemacht werden soll. Mit dem Ziel, dass Millionen von Menschen langfristig Deutschland freiwillig verlassen. Zum Konzept gehört aber auch, dass Menschen, die als „nicht assimiliert genug“ (wie Sellner sagt) gelten, die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden soll. 


Wie Akteure von Rechtsaußen versuchen, dieses Konzept salonfähig zu machen:
Das haben wir anhand von Zahlen und Fakten analysiert: Wir haben ausgewertet, wie häufig vor und wie häufig nach unserer Veröffentlichung im Januar Online-Werbe-Anzeigen bei Facebook und Instagram geschaltet wurden, die den Kampfbegriff enthalten – und von wem.

Das Ergebnis: In den vergangenen Monaten wurden mindestens 215 Werbe-Posts, die den Begriff „Remigration“ enthielten, von AfD-Accounts beauftragt (Fraktionen, einzelne Politiker etc.). Die klare Stoßrichtung: es so aussehen lassen, als handele es sich nicht um einen verfassungsfeindlichen Plan, sondern ein ganz normales politisches Konzept, über das man eine ernsthafte politische Diskussion führen müsse.

Wir können mit der gerade eben veröffentlichten Recherche also zeigen, wie Kräfte von Rechtsaußen versuchen, das Konzept „Remigration“ als deutlich harmloser erscheinen zu lassen, als es ist.

Wo es nun allzu sichtbar wird:
Im Zehn-Punkte-Plan, den die AfD Bayern am Wochenende verabschiedete, vermengt sie verfassungskonforme Forderungen wie die Abschiebung straffällig gewordener Asylbewerber mit dem verfassungsfeindlichen „Remigrations“-Konzept. 

Die RTL-Wahlumfrage im Tiktok-Video zeigt das Stimmungsbild vor der Landtagswahl in Brandenburg im September 2024 und hat keinen Bezug zur anstehenden Bundestagswahl (Quelle: Tiktok; Screenshot, Unkenntlichmachung und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Wir wissen durch empirische Untersuchungen aus den USA und anderen Ländern, dass das Verschwinden von Lokalmedien gravierende Auswirkungen auf die Demokratie und unser Zusammenleben haben kann. Weniger Menschen gehen zur Wahl, Korruption steigt, Klimaschutz sinkt.

Für Deutschland waren diese Zusammenhänge kaum erforscht. Heute ist das Bild klarer geworden: Das Forschungsprojekt „Wüstenradar“ zeichnet erstmals die Anzahl der wirtschaftlich unabhängigen lokalen Tageszeitungen auf Kreisebene seit 1992 nach. Die Ergebnisse stehen jetzt – mit interaktiver Karte – online unter wuestenradar.de

Das Wichtigste: Es gibt in unserem Land immer weniger Lokaljournalismus, immer mehr Regionen mit nur noch einer lokaljournalistischen Tageszeitung. Noch gibt es offiziell keine Landkreise ohne Lokalmedien. Aus meiner Arbeit im Netzwerk CORRECTIV.Lokal weiß ich, dass es in der Realität dennoch viele Regionen gibt, die Lokalreporterinnen kaum noch besucht bekommen, weil sie zu viel zu tun haben. 

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Sebastian Haupt, Elena Schipfer und Finn Schöneck.