Bundestagswahl 2025

Nach Anschlag in Magdeburg: SPD-Chefin Saskia Esken wird falsches Zitat zum Attentäter zugeschrieben

Online kursiert die Falschmeldung, die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken habe sich bei „Markus Lanz“ nach dem Anschlag in Magdeburg gegen eine Abschiebung des mutmaßlichen Attentäters ausgesprochen und Versöhnung gefordert. Doch die besagte Lanz-Sendung gab es gar nicht.

von Kimberly Nicolaus

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Saskia Esken, SPD-Bundesvorsitzende, bei einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (Foto: Kay Nietfeld / DPA / Picture Alliance)
Behauptung
Saskia Esken habe sich in der Sendung von Markus Lanz gegen eine Abschiebung des Magdeburg-Attentäters ausgesprochen. Sie habe Verständnis und Versöhnung mit dem mutmaßlichen Täter gefordert und gesagt: „Viele aus diesen Krisengebieten haben so viel verloren und der Schmerz, das Trauma kann dann eben echt hart sein.“
Bewertung
Falsch. Nach dem Anschlag in Magdeburg und vor Verbreitung dieser Behauptung gab es keine „Markus Lanz“-Sendung. Es gibt keine Hinweise, dass sich Saskia Esken so geäußert hat. Auch ein SPD-Sprecher dementiert.

Beim Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg am 20. Dezember 2024 tötete Taleb A. mit seinem Auto sechs Menschen und verletzte fast 300 weitere (Stand: 6. Januar 2024). Das Motiv des Mannes aus Saudi-Arabien ist weiterhin unklar. Akteure aus rechtsextremen Kreisen und aus Reihen der AfD versuchen seither, die Tat politisch zu instrumentalisieren. Unter die Stimmungsmache mischen sich online auch Beiträge, die Politikerinnen und Politikern falsche Aussagen in den Mund legen, darunter der SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken. Zur Bundestagswahl 2025 kandidiert sie auf Listenplatz 1 in Baden-Württemberg.

Nach dem Anschlag in Magdeburg kursiert ein Foto von ihr, wozu es heißt, sie habe sich bei Markus Lanz gegen eine Abschiebung des Magdeburg-Attentäters ausgesprochen und Verständnis und Versöhnung mit dem Täter gefordert. Esken habe gesagt: „Viele aus diesen Krisengebieten haben so viel verloren und der Schmerz, das Trauma kann dann eben echt hart sein.“ Beiträge auf Tiktok, Facebook, Instagram, Telegram, Linkedin und X erreichten  hunderttausende Nutzerinnen und Nutzer, ein Tiktok-Video erzielte allein mehr als 420.000 Aufrufe. 

Auf Facebook teilten auch Patrick Liese, AfD-Politiker im Stadtrat Leverkusen und Eckbert Sachse vom AfD-Landesverband Hamburg die Behauptung. Allerdings ist das Zitat frei erfunden. Auf unsere Anfrage reagierten Liese und Sachse nicht.

Auf Tiktok und weiteren Sozialen Netzwerken kursiert nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg ein erfundenes Zitat, das Saskia Esken in den Mund gelegt wird (Quelle: Tiktok; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)
Auf Tiktok und weiteren Sozialen Netzwerken kursiert nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg ein erfundenes Zitat, das Saskia Esken in den Mund gelegt wird (Quelle: Tiktok; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Keine „Markus Lanz“-Sendung nach Anschlag in Magdeburg – Folge erst wieder am 7. Januar 2025

In den Behauptungen heißt es, Esken habe sich bei einer „Markus Lanz“-Sendung gegen die Abschiebung des Attentäters ausgesprochen. Doch zeitlich gesehen, ist das unmöglich. 

Die letzte reguläre Sendung von Markus Lanz im Jahr 2024 war am 18. Dezember 2024, am 19. Dezember gab es zudem einen Jahresrückblick – beides vor dem Anschlag in Magdeburg. Danach ging die Talkshow in die Winterpause. Die erste Sendung im neuen Jahr soll am 7. Januar 2025 stattfinden. Die SPD-Bundesvorsitzende konnte nach dem Anschlag also nicht bei Markus Lanz zu Gast gewesen sein. Esken war zuletzt am 7. November 2024 in der Sendung.

Nach Magdeburg-Anschlag: SPD-Vorsitzende Saskia Esken forderte „lückenlose Aufklärung“ 

Weder über Stichwortsuchen bei Google noch in der Pressedatenbank Genios ist das angebliche Zitat von Saskia Esken auffindbar. Ein Sprecher der SPD teilte uns auf Anfrage mit: „Das Zitat ist frei erfunden, nichts davon hat sie je gesagt.“

Wie Medien berichteten, forderte Esken nach dem Anschlag in Magdeburg eine „lückenlose Aufklärung“ der Tat und „warum die Radikalisierung des Täters und seine dokumentierte Gewaltbereitschaft ohne Konsequenzen blieb“. Sie rief zu Zusammenhalt auf und betonte, es sei wichtig, dass die Opfer und ihre Familien jede Hilfe erhielten, die sie bräuchten. 

Neben Saskia Esken sind noch weitere Politiker von Desinformation zum Anschlag in Magdeburg betroffen, wir berichteten hier. Anders als behauptet, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nicht, es sei an der Zeit, dem Täter zu verzeihen.

Hier liefern wir Tipps, um Falschzitate zu erkennen:

 

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Alle Faktenchecks rund um die Bundestagswahl 2025 lesen Sie hier.

Redigatur: Sophie Timmermann, Steffen Kutzner

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