Faktencheck

Nein, Atomkraft ist nicht CO2-neutral

Atomkraft-Befürworter behaupten gerne, Atomenergie sei CO2-neutral. Auch Alice Weidel griff die Behauptung in ihrem Gespräch mit Elon Musk auf. Doch stimmt das? Ein Faktencheck.

von Matthias Bau

Die Aussage, Atomkraft sei CO2-neutral, ist falsch. (Symbolbild: Picture Alliance / Keystone / Peter Klaunzer)
Die Aussage, Atomkraft sei CO2-neutral, ist falsch. (Symbolbild: Picture Alliance / Keystone / Peter Klaunzer)
Behauptung
Atomkraft sei CO2-neutral.
Bewertung
Falsch. Zur Beurteilung muss die gesamte Ökobilanz betrachtet werden, die über die reine Stromproduktion hinausgeht. Laut Schätzungen des Weltklimarats verursacht Atomkraft zwischen 4 und 100 Gramm CO2-Äquivalent pro produzierte Kilowattstunde Strom.

„Nuclear energy is carbon free – Atomkraft ist CO2-neutral“, das war eine der Aussagen, die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel am 9. Januar 2025 im Gespräch mit Elon Musk traf. Auch in Sozialen Netzwerken wird diese Aussage immer wieder als Argument pro Atomkraft herangezogen. Weidel sagte konkret ab Minute 5:30, die Atomkraft müsse gestärkt werden, da Kernenergie CO2-neutral sei. Ab Minute elf des Gesprächs wiederholt sie die Behauptung. 

Doch das lässt wesentliche Faktoren der Ökobilanz außen vor. Atomkraftwerke stoßen zwar bei der eigentlichen Stromproduktion keine CO2-Emissionen aus, Treibhausgase entstehen aber über den gesamten Lebenszyklus eines Kraftwerks. Zum Beispiel beim Bau, der Instandhaltung und dem Rückbau.

Bereits im Jahr 2019 schrieb der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in seinem Gutachten „CO2-Emissionen der Kernenergie“, dass es bei der Ökobilanz jedes Energieträgers eine Vorkette, Folgeketten und eine Nachkette gebe. Das heißt, dass der Bau des Kraftwerks und der benötigten Infrastruktur, die Urangewinnung und die Anreicherung beziehungsweise die Wiederaufarbeitung des Brennstoffs mit einbezogen werden müssen.

Wie hoch die CO2-Emissionen bei der Nutzung von Atomenergie sind, steht in dem Gutachten nicht. Es nennt verschiedene Quellen, die Werte von fünf Gramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde Strom (für Neuanlagen in der Schweiz) bis hin zu 110 Gramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde errechnen. 

Schätzungen: Zwischen 4 und 100 Gramm CO2-Äquivalent pro produzierter Kilowattstunde Strom

Der Weltklimarat (IPCC) schätzte im Jahr 2014 auf Basis der damals vorhandenen Literatur ebenfalls, dass die Atomkraft bei einer solchen Betrachtung zwischen 4 und 100 Gramm CO2-Äquivalent pro produzierte Kilowattstunde Strom verursache. 

Das Umweltbundesamt gibt demgegenüber in einer Veröffentlichung aus dem Dezember 2023 die CO2-Bilanz von 

  • Photovoltaikanlagen mit rund 56,6 Gramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde an.
  • Für Windkraftanlagen an Land sind es 17,7 Gramm, 
  • für Windkraftanlagen auf See sind es rund 9,7 Gramm. 
  • Bei Wasserkraftwerken variiert der Wert je nach Situation zwischen rund 2,7 und 24,9 Gramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde.

Weitere Behauptungen, die Alice Weidel im Gespräch mit Elon Musk geäußert hat, haben wir hier überprüft. 

Redigatur: Sophie Timmermann, Steffen Kutzner

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