Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser,

wir Deutschen saufen und rauchen zu viel. Ein neuer Bericht zeigt das Ausmaß – und warum die Sucht nach Alltagsdrogen auch ein Problem für die Wirtschaft ist. Mehr dazu steht im Thema des Tages.

Wir haben heute zwei Nachrichten veröffentlicht. Eine dreht sich um einen Missbrauchsfall in der katholischen Kirche, die derzeit die Justiz beschäftigt. Die andere um den Fußball-Bundesligisten 1. FC Nürnberg – der zeigt, dass es durchaus möglich ist, sich als Verein für organisierten Schutz von Kindern vor sexuellen Übergriffen einzusetzen.

Außerdem im SPOTLIGHT: In der „Leserfrage der Woche“ beantworten wir, warum man beim Arzt so häufig persönlich erscheinen und seine Krankenkassenkarte zeigen muss. Und für die „Werkbank“ hat Leserreporterin Jule Scharun ausgewertet, wo Ihnen Altersdiskriminierung begegnet ist.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Morgen schreibt Ihnen mein Kollege Justus von Daniels. Und zwar zur Frage, welche übergeordnete Bedeutung es hat, dass Donald Trump bei der Beerdigung von Papst Franziskus unter den Gästen sitzen darf. Schreiben Sie mir wie immer gern, was Sie bewegt: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: Der wahre Preis von Saufen und Rauchen

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Leserfrage der Woche: Warum muss ich als chronisch kranke Person jedes Quartal aufs Neue in die Arztpraxis?

Faktencheck: Hunderte Kohlekraftwerke und Millionen aus Deutschland: Was an diesen Zahlen über China dran ist

Gute Sache(n): Kürzere Aufmerksamkeitsspanne dank TikTok – was hilft? • Hamburg: Mitmachaktion zur Entsiegelung • Was Einstein niemals gesagt hat

CORRECTIV-Werkbank: Altersdiskriminierung als stiller Begleiter im Leben vieler

Grafik des Tages: Trumps unfassbarer „Friedensplan“: Worauf die Ukraine verzichten soll

Damit beschäftigt sich ein aktueller Bericht der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen.

Die wichtigste Erkenntnis:
Mehrere Millionen Menschen im Land sind demnach suchtkrank. Und Tausende sterben jedes Jahr an den Folgen – auch der Sucht nach Alltagsdrogen.

Strengere Werbebegrenzungen – wären auch eine Möglichkeit, den Alkoholkonsum einzugrenzen. Quelle: picture alliance / CHROMORANGE | Christian Ohde

Konkret:
An den Folgen des Rauchens sterben pro Jahr fast 100.000 Menschen. Und knapp 50.000 an den Folgen übermäßigen Alkoholkonsums.

Das Problem ist dem Bericht zufolge aber noch viel breiter: Jeder Fünfte trinkt demnach Alkohol in einem „riskanten bis suchtkranken Ausmaß“. Und neun Prozent der Bevölkerung, also etwa jeder Zehnte, ist demnach handfest alkoholabhängig. Das heißt, dass viele von Ihnen, die dies hier lesen, selbst betroffen sind – oder Menschen im Umfeld haben, die abhängig sind.

Unsere Jugendredaktion Salon5 interviewt in diesem Podcast eine trockene Alkoholikerin, die in ihrer Jugend süchtig wurde.

Die Folgen:
Abgesehen davon, dass zu viel Alkohol Beziehungen zerstört: Chronisches Trinken ist teuer – für die Krankenkassen und damit für uns als Allgemeinheit. Denn neben dem wohl bekanntesten gesundheitlichen Risiko, der Leberzirrhose, sind unter Trinkern Herzkrankheiten und bestimmte Krebsarten deutlich verbreiteter.

Die Forscher sprechen von 57 Milliarden Euro an Folgekosten – jedes Jahr. Das entspricht in etwa der Summe der Verteidigungsausgaben im Haushalt 2024 (ohne Sondervermögen).

Die Höhe hängt auch damit zusammen, dass chronisch kranke Trinker unter Umständen nicht mehr arbeiten können und auf die Versorgung der Solidargemeinschaft angewiesen sind.

Die Rolle der Alkohol-Lobby:
Es ist schon ein paar Jahre her, dass wir von CORRECTIV dazu recherchiert haben – aber die Ergebnisse sind immer noch lesenswert: Wir haben damals gezeigt, was die Alkohol-Lobby so alles tut, um schärfere Regeln für den Verkauf von Alkohol zu verhindern.

Auftritt von russischem Botschafter in Torgau trifft auf Kritik 
Zum 80. Jahrestag des Aufeinandertreffens US-amerikanischer und sowjetischer Soldaten fand im sächsischen Torgau eine Gedenkveranstaltung statt. Der russische Botschafter Sergej Netschajew nahm ebenfalls an dem Gedenken teil. Zuvor hatte der ukrainische Botschafter versucht, dessen Teilnahme zu unterbinden. 
zeit.de 

Lokal: Bistum Essen muss im Missbrauchsfall Schadenersatz zahlen
Das Landgericht Essen bestätigte den Missbrauch an dem Kläger Wilfried Fesselmann und verpflichtete das Bistum für den daraus entstandenen Schaden zu bezahlen. Die Forderung nach mehr Schmerzensgeld  wurde zurückgewiesen.
correctiv.org
CORRECTIV berichtet bereits länger über diesen Fall und andere Aspekte klerikalen Missbrauchs. Mehr dazu finden Sie hier:
correctiv.org  

Symbolbild Leserfrage der Woche

„Warum muss ich als chronisch kranke Person jedes Quartal aufs Neue in die Arztpraxis, um meine Gesundheitskarte einlesen zu lassen – zum Beispiel, wenn ich ein neues Rezept brauche oder die telefonische Beratung mit meinem Arzt abgerechnet werden muss?“

Wir haben diese Frage dem Bundesgesundheitsministerium gestellt. Denn dort hat man sich, wie in der Regierung insgesamt, ja eigentlich schon seit Jahren auf die Fahnen geschrieben, für Entbürokratisierung zu sorgen.

Die Antwort: Ganz so bürokratisch, wie Sylke O. schildert, sei es gar nicht – zumindest nicht generell: Um ein Rezept auszustellen, schreibt das Ministerium, sei es nicht unbedingt erforderlich, jedes Mal wieder aufs Neue in die Arztpraxis zu kommen und die Krankenkassenkarte vorzuzeigen. 

Chronisch Kranke, die eine Dauermedikation benötigen, können demnach von der Arztpraxis eine sogenannte Mehrfachverordnung bekommen. Das heißt: In der Apotheke wird diese Verordnung hinterlegt, schrittweise freigeschaltet und kann dann bis zu viermal innerhalb eines Jahres abgeholt werden.

In einem Hafen werden Berge von Kohle verladen.
(Quelle: CFOTO / Picture Alliance)

So geht’s auch
Grün statt Beton – Flächen zu entsiegeln ist eine wichtige Maßnahme, um Städte klimaresilient zu machen. Doch eine CORRECTIV-Recherche hat letztes Jahr gezeigt: In vielen Städten passiert hier nicht genug oder das Gegenteil. Hamburg hat nun eine Aktion ins Leben gerufen, bei der sich alle am Entsiegeln beteiligen können.
ndr.de / hamburg.de

Fundstück
Schon lange werden berühmten Personen Sätze in den Mund gelegt, die in Wahrheit nicht von ihnen stammen. Besonders beliebt: Angebliche Aussprüche von Albert Einstein oder Winston Churchill. Was die beiden (unter anderem) nie gesagt haben, verrät der Tagesanzeiger. Leider spielen Falschzitate auch in der politischen Auseinandersetzung eine große Rolle. Besonders die sozialen Netzwerke sind voll davon. Wie Sie ihnen auf die Schliche kommen, verrät unser CORRECTIV.Faktencheck-Team.
tagesanzeiger.ch / correctiv.org 


Wir haben Sie, unsere SPOTLIGHT-Leserinnen und -Lesern, nach Ihren Erfahrungen gefragt. Über 600 Menschen haben uns ihre Geschichte erzählt, die meisten von Ihnen erfuhren Altersdiskriminierung am Arbeitsmarkt. Etwa, indem sie nicht mehr für kompetent gehalten werden. „Obwohl ich (…) mehr als 15 Jahre und insgesamt mehr als 30 Jahre Berufserfahrung habe, fragen junge Kollegen gezielt jüngere Kollegen“, schreibt uns ein Leser. Die Jobsuche scheint ebenfalls ab einem gewissen Alter unmöglich, das haben viele berichtet. Allerdings meint ein Leser: ,,Natürlich würde niemand zugeben, mich wegen meines Alters (61 Jahre) nicht einstellen zu wollen.“ 

Auch in der medizinischen Versorgung stoßen Ältere mitunter auf Unverständnis. Statt einer ausführlichen Untersuchung gibt es beim Hausarzt mitunter allzuschnelle Schlussfolgerungen: „Das sind Alterserscheinungen“, heißt es da. Das war falsch, die Ursachen lagen in einer zu behandelnden Krankheit. Kein Einzelfall, wie wir unserer Umfrage entnehmen können.

Fragen wie ,,Kann er das überhaupt noch?” haben negativen Einfluss: Viele fühlen sich nicht mehr gehört und verlieren so an gesellschaftlicher Teilhabe. „Als alte Frau im Beruf wurde ich praktisch unsichtbar, wurde für weniger modern und flexibel gehalten“, schreibt uns eine Leserin.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.