Kanzlerwahl: Grünen-Politiker Dzienus postete Foto des Wahlausweises, nicht der Stimmkarte
Ein Foto des Grünen-Politikers Timon Dzienus sorgte am Tag der Kanzlerwahl für Aufregung: Angeblich soll er seine Stimme ungültig gemacht haben, weil er ein Selfie mit der Stimmkarte veröffentlichte. Das stimmt nicht.

Ein Foto des Grünen-Politikers und Bundestagsabgeordneten Timon Dzienus schaffte es am 6. Mai 2025 in den Live-Ticker der Bild zur Kanzlerwahl von Friedrich Merz: Dzienus veröffentlichte nach dem ersten Wahlgang ein Selfie von sich mit einem orangen Zettel in der Hand mit der Aussage „Gerade gegen Friedrich Merz gestimmt“.
Bild schrieb dazu, Dzienus stecke hinter der einen ungültigen Stimme beim ersten Wahlgang, weil er ein Foto des Stimmzettels veröffentlichte. Auch andere Nutzer behaupteten, Dzienus habe mit dem Foto seine Stimme ungültig gemacht. Der Hamburger FDP-Politiker Gert Wöllmann schrieb auf X zu dem Foto, „Ordnungsstrafe für Bild mit Stimmkarte: 1.000€“. Sein Beitrag wurde mehr als eine halbe Million Mal angezeigt. Doch sowohl Bild als auch Wöllmann nahmen ihre Behauptung zurück.

Dzienus zeigte bei Merz-Kanzlerwahl seinen Wahlausweis, nicht seine Stimmkarte
Auf dem Foto zeigt Dzienus keinen Stimmzettel, sondern seinen Wahlausweis, was deutlich auf der orangen Karte zu lesen ist. Diesen Wahlausweis benötigen Abgeordnete, um ihre Stimme abgeben zu können, wie Bundestagspräsidentin Julia Klöckner vor der Wahl erklärte (Seite 42): „Bevor Sie den Wahlumschlag in eine der Wahlurnen werfen, müssen Sie Ihren Wahlausweis einer der Schriftführerinnen oder einem der Schriftführer an der Wahlurne übergeben. Der Nachweis der Teilnahme an der Wahl kann nur durch die Abgabe dieses Wahlausweises erbracht werden.“

Die Bild löschte ihren Beitrag im Live-Ticker und veröffentlichte einen Hinweis, auch der Focus musste einen entsprechenden Artikel korrigieren und FDP-Politiker Wöllmann berichtigte in einem Kommentar: „Nachtrag: Timon hält hier den Wahlausweis in die Kamera, nicht seine Stimmkarte.“

Wie auch bei anderen Wahlen, wie wir etwa hier berichteten, verletzt das Fotografieren oder Filmen der ausgefüllten Stimmkarte in der Wahlkabine das Wahlgeheimnis. Das erklärte auch Klöckner bei der Kanzlerwahl – den Wahlausweis erwähnte sie hierbei aber nicht.
Eine Aufnahme des Stimmzettels könne Ordnungsmaßnahmen nach sich ziehen, sagte die Bundestagspräsidentin. Laut der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestags kann dies etwa ein Ordnungsgeld von 1.000 Euro sein. Einen solchen Fall gab es 2018, als der AfD-Abgeordnete Petr Bystron seinen Stimmzettel fotografierte und veröffentlichte – ungültig wurde die Stimme dadurch aber nicht.
Ungültig seien, wie Klöckner ebenfalls erklärte, Stimmen auf nichtamtlichen Stimmkarten sowie Stimmkarten, die mehr als ein Kreuz, kein Kreuz, andere Namen oder Zusätze enthalten.
Alle Faktenchecks rund um die Bundestagswahl 2025 lesen Sie hier.
Redigatur: Max Bernhard, Gabriele Scherndl
Die wichtigste, öffentliche Quelle für diesen Faktencheck:
- Plenarprotokoll 2. Sitzung Deutscher Bundestag, 6. Mai 2025: Link (PDF, archiviert)