Klimawandel

Klima-Milliarden für Gas-Pipelines?

Das neue Sondervermögen muss den Weg zur deutschen Klimaneutralität ebnen. Doch die Bundesregierung plant, die Mittel auch in Energieversorgung zu stecken. Damit könnte fossile Gas-Infrastruktur gemeint sein.

von Elena Kolb

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Bislang ist es nicht ausgeschlossen, dass ein Teil des Sondervermögens in den Ausbau der deutschen Gas-Infrastruktur fließt. (Foto: Martin Adams / unsplash.com)

Aktuell werden im Finanzministerium entscheidende Weichen gestellt. Die Bundesregierung will in den nächsten Jahren 500 Milliarden Euro investieren. Dafür änderte sie Anfang des Jahres das Grundgesetz.

Fest steht auch, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral werden muss. Dafür sollen nach und nach hundert Milliarden aus dem Sondervermögen in den „Klima und Transformationsfonds“ (KTF) fließen. Diese Gelder wurden bislang eingesetzt, um die deutsche Wirtschaft klimaneutraler zu machen.

Ein kürzlich geleaktes Rundschreiben löste jedoch eine Debatte über die Verwendung der Klima-Milliarden aus. Denn darin wird angedeutet, dass das Sondervermögen auch genutzt werden könnte, um Haushaltslöcher zu stopfen oder um Energiepreise zu senken. Kritiker bemängeln, dass dies nicht dem Geiste zukunftsorientierter Investitionen entspreche.

Sondervermögen soll Energieversorgungssicherheit garantieren

Aber auch ein weiterer Punkt in dem Rundschreiben wirft Fragen auf. In dem Schreiben heißt es, dass Gelder aus dem Sondervermögen im Bereich Energieinfrastruktur dazu verwendet werden könnten, „Maßnahmen zur Energieversorgungssicherheit“ zu finanzieren.

Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagte im Gespräch mit CORRECTIV, dass damit theoretisch auch Gas-Pipelines gemeint sein könnten. Gleichzeitig betonte das Finanzministerium aber auch, dass noch keine endgültigen Entscheidungen zur Verwendung der Mittel getroffen seien. Derzeit läuft das interne Verfahren zur Aufstellung des Wirtschaftsplans 2025/2026 unter Ausschluss der Öffentlichkeit. „Weitere Informationen können wir aktuell nicht geben“, so die Sprecherin.

Das Finanzministerium weist zusätzlich den Vorwurf zurück, das Sondervermögen könne dazu dienen, Lücken im Kernhaushalt zu füllen. Zehn Prozent der Mittel aus dem Haushalt würden in neue Investitionen fließen. Beträge, die darüber hinausgehen, decke man mit dem Sondervermögen, erklärte eine Sprecherin.

Neue Regierung will Gas-Kapazitäten ausbauen

Dass die neue Regierung Gelder in die Energieversorgung mit Gas setzen wird, scheint jedenfalls nicht unwahrscheinlich. Wirtschafts- und Energieministerin Katherina Reiche plant den Bau neuer Gaskraftwerke mit einer Leistung von zwanzig Gigawatt. Anders als unter der Ampel-Koalition müssen die neuen Gaskraftwerke nicht mehr verpflichtend auf Wasserstoff umgestellt werden. Im Koalitionsvertrag wird außerdem angekündigt, dass man „Potentiale konventioneller Gasförderung im Inland nutzen“ wolle.

Die Klimaschädlichkeit von Erdgas wird häufig unterschätzt. Das Gas besteht überwiegend aus Methan und ist kurzfristig etwa 80-mal klimaschädlicher als CO2. Der Bau neuer Gaskraftwerke schafft neue fossile Abhängigkeiten, die den Weg zur Klimaneutralität erschweren. Es ist nun zumindest zu befürchten, dass die Gas-Pläne der neuen Regierung teilweise mit Mitteln aus dem Sondervermögen oder sogar aus dem KTF finanziert werden könnten. Das könnte das Ziel gefährden, bis 2045 klimaneutral zu werden.

Roda Verheyen, Anwältin für Umweltrecht, hat im Auftrag des WWF ein Gutachten zur Nutzung des Sondervermögens im Sinne der Klimaneutralität geschrieben. Sie fordert, dass nicht nur die 100 Milliarden aus dem KTF, sondern alle 500 Milliarden zur Erreichung der Klimaneutralität eingesetzt werden. „Die Verwendung des gesamten Sondervermögens darf die Klimaziele nicht gefährden“, so Verheyen. Das bedeute eindeutig, dass „neue Gasinfrastruktur nicht errichtet werden darf“, so Verheyen. Bei Gaskraftwerken müsse klar belegt werden, welche Bedarfe sie decken sollen, und wie lange sie laufen können bzw. sollen. „Eine solche Analyse kenne ich bisher nicht“, sagt Verheyen.

Redaktion und Faktencheck: Anette Dowideit

Foto: Ivo Mayr