
Liebe Leserinnen und Leser,
Investitionen in den Klimaschutz helfen nicht nur der Umwelt – sondern sie stärken mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die weltweite Wirtschaft. Das ist das Ergebnis einer gerade veröffentlichten Studie im Auftrag von OECD und UNO.
Demnach müsste alles klar sein, oder? Ist es aber nicht: Das politische Lager um US-Präsident Donald Trump macht seit ein paar Monaten massiv Stimmung gegen Investitionen in den Klimaschutz. Banken und Finanzinvestoren werden unter Druck gesetzt, ihre selbst gesetzten Ziele für klimafreundliche und sozialverträgliche Investitionen zurückzudrehen.
Das hat jetzt spürbare Auswirkungen – auch auf uns in Deutschland, wie unsere heute veröffentlichte Recherche zeigt. Mehr im Thema des Tages.
Übrigens tagen derzeit die Innenministerinnen und -minister der 16 Bundesländer in Bremerhaven – und unsere Reporterin Marie Bröckling ist vor Ort. In unserer Morgenkonferenz berichtete sie heute, dass merkwürdigerweise keine Diskussion über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren auf der Tagesordnung steht. Dafür wird allerdings über das Thema gesprochen, über das wir letzte Woche ausführlich berichtet hatten: Wie kann der Rechtsstaat mit erklärten AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst umgehen – zum Beispiel in Richterämtern?

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend – und schreiben Sie mir wie immer gern, auf welche Themen sich Ihrer Meinung nach der SPOTLIGHT richten sollte: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: Geldanlage: weniger grün dank Trump
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Amoklauf in Graz: Unbeteiligter wird wegen ähnlichem Namen zur Zielscheibe
CORRECTIV-Werkbank: Deutschland rutscht bei Transparenz-Index nach hinten
Grafik des Tages: Geflüchtete: Anzahl Vertriebener weltweit in zehn Jahren verdoppelt
In den vergangenen Jahren war der große Modebegriff in der Finanzbranche ESG, kurz für „Ecology, Social and Governance“. Auf Deutsch heißt das in etwa Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. Banken und Finanzinvestoren setzten sich selbst ehrgeizige Ziele, die beweisen sollten, dass sie das Geld ihrer Anleger klima- und sozialverträglich investieren.
Jetzt aber macht die Finanzbranche die Rolle rückwärts. Das zeigt unser heute veröffentlichter Text von Klima-Reporterin Gesa Steeger und Finanzmarkt-Expertin Gabriela Keller.

Was unsere Recherche zeigt:
Das MAGA-Lager („Make America Great Again“) fährt seit Jahren teure Kampagnen mit dem Ziel, die Finanzwelt zu beeinflussen: Grüne, nachhaltige Investitionen soll es nicht mehr geben, wenn es nach ihnen geht – zumindest nicht als verbindliche Vorgabe.
Finanzinstitute und Banken, die nachhaltig investieren, geraten in den USA jetzt schonmal schnell ins Visier von Aufsichtsbehörden und werden mit juristischen Folgen bedroht.
Die Kampagnen haben in den USA spürbare Auswirkungen. Banken, Vermögensverwalter und Finanzinstitute haben dort Klima- und Sozialziele bereits deutlich zurückgedreht. Mehr dazu steht im Text unseres Recherchepartners DeSmog.
Was das mit uns in Deutschland zu tun hat:
Auch in Europa zeigt der Kampf gegen nachhaltige Finanzanlagen jetzt schon Wirkung. Das haben uns verschiedene Finanzfachleute berichtet – Banker, Nachhaltigkeitsfachleute und Insider, mit denen wir gesprochen haben.
Unter anderem sprachen wir mit Wiebke Merbeth. Sie ist Partnerin bei der Strategieberatung Monitor Deloitte und Mitglied im Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung. Und sie berichtet, dass mittlerweile teils absurdes Pseudo-Wissen die Runde in der Finanzwelt macht:
„Es gibt Aufsichtsräte und Vorstände von Konzernen, die sagen mir jetzt: Frau Merbeth, wissen Sie eigentlich, dass die Polkappen gar nicht schmelzen, sondern wachsen?“
Wiebke Merbeth
Nachhaltigkeitsexpertin
Erste deutsche Unternehmen, darunter die Versicherungsriesen Allianz und Munich Re, kippen jetzt freiwillige Klimaabkommen oder stampfen ihre Gleichstellungsziele ein – wie zuletzt der Softwarehersteller SAP. Als Begründung gibt der Konzern die politische Lage in den USA an. (Zur Behauptung mit den angeblich wachsenden Polkappen empfehlen wir Ihnen übrigens diese Einordnung.)
Über 200 Tote bei Flugzeugabsturz in Indien
Kurz nach dem Start im indischen Ahmedabad stürzte eine mit über 240 Personen besetzte Boeing ab. Deutsche befanden sich ersten Angaben zufolge nicht an Bord.
tagesspiegel.de
Vorwürfe gegen ehemaligen Gesundheitsminister Spahn wegen Corona-Masken-Bericht
Die Opposition verlangt von Gesundheitsministerin Warken die Veröffentlichung eines Untersuchungsberichtes. In diesem soll es um die Beschaffung von Corona-Masken gehen. Der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn soll einem Unternehmen aus seiner Heimat ohne Ausschreibung einen Auftrag über 1,5 Milliarden Euro erteilt haben.
tagesschau.de
Karlsruhe: Mitglieder einer Linksextremen-Gruppe angeklagt
Die Bundesanwaltschaft hat sieben mutmaßliche Mitglieder einer linksextremen Gruppe, die aus dem Umfeld von Lina E. stammen, angeklagt. Sie sollen gemeinsam in der Vergangenheit Rechtsextremisten in Thüringen, Sachsen und Budapest angegriffen haben. Lina E. wurde bereits verurteilt
stuttgarter-nachrichten.de
Recherche: Schweizer Anwälte und Berater agieren als illegale Helfer
Eine Undercover-Recherche des REFLEKT zeigt, dass Anwälte und Berater in der Schweiz Wohlhabenden Personen helfen, illegale Gelder zu verstecken. Das Geld von Korruptionen, Steuerhinterziehungen oder anderen Delikten wird durch Strohleute und komplexe Firmenkonstrukte verschleiert, so wie ihre Besitzer.
reflekt.ch

Faktencheck

Zum Amoklauf in einer Grazer Schule in Österreich kursiert in Sozialen Netzwerken ein falscher Name des Angreifers. Ein Unbeteiligter geriet dadurch ins Visier von Hass und Hetze.
correctiv.org
Endlich Verständlich
Nur ein geringer Teil der Städte ist auf Hitze vorbereitet. Welche das sind und wie die anderen nachholen können, hat die Deutsche Umwelthilfe ergründet.
ndr.de / duh.de
So geht’s auch
Bedingungsloses Grundeinkommen für Dörfer: Die Stadt Winterberg (NRW) gewährt ihren zugehörigen Ortsteilen jedes Jahr ein „bedingungsloses Dorfeinkommen“. Vorgaben, wie sie das Geld investieren sollen, gibt es nicht. Die Beträge sind zwar nicht hoch, das Projekt kommt aber lokal sehr gut an.
wdr.de
Fundstück
Fast 700 Jahre dauerte es, bis dieser Mordfall aus dem historischen England aufgeklärt wurde:
geo.de
Reporterin sein bedeutet mitunter, in Büros von Behörden zu sitzen und umgeben von Gummibäumen und Laminat in staubigen Ordnern zu blättern. Oder aus digitalen Registern Listen und Verträge herunterzuladen. Der Zugang zu öffentlichen Dokumenten ist wichtig, damit Geldverschwendung und Kungeleien nicht unter den Teppich gekehrt werden können. Anders gesagt: Demokratie und Transparenz sind eng miteinander verknüpft.
Deshalb ist es ein schlechtes Zeichen, dass Deutschland im Schattenfinanzindex der Organisation „Tax Justice Network“ von Platz 7 auf Platz 6 gerutscht ist (je höher der Rang, desto schlechter). Ein Grund ist: Deutschland verweigert weiter den öffentlichen Zugang zu Transparenzregistern. Darin kann man nachgucken, wer als wirtschaftlich Berechtigter von Unternehmen eingetragen ist – theoretisch. Es soll damit Durchblick hinter die Strukturen von Firmen schaffen und so die Bekämpfung von Geldwäsche unterstützen.
Laut einem Urteil der Europäischen Gerichtshofs von 2022 sollte Deutschland den öffentlichen Zugang wiederherstellen. Anders als in anderen EU-Staaten bleibt das Register aber unter Verschluss. „Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Betonung von Vertraulichkeit und dem Schutz der Privatsphäre jedenfalls für Teile der vorherigen Bundesregierung zu einem Feigenblatt geworden ist, um Transparenz zu verhindern”, sagte Markus Meinzer, Finanzexperte beim Tax Justice Network. „Das fördert Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung.“
Übrigens zeigt der Schattenfinanzindex: Fast alle der größten Schattenfinanzplätze und Steueroasen sind sich in den vergangenen zehn Jahren in Richtung Autokratie gerutscht. Besonders deutlich zeigt dies der Staat auf Platz eins: Dort stehen die USA.

123 Millionen Menschen befanden sich laut UN-Angaben Ende 2024 auf der Flucht, vor Krieg, Konflikten oder Verfolgung. Innerhalb von zehn Jahren habe sich die Zahl der Vertriebenen verdoppelt, die Finanzierung sei aber nicht mitgewachsen. Das heißt: Für jede Person in Not steht weniger Geld zur Verfügung.
Wichtig: Nur ein Bruchteil davon kommt nach Europa. Den größten Anteil (fast 74 Millionen) machen Binnenvertriebene aus, die sich weiter in ihrem Heimatland aufhalten. Von den grenzüberschreitend Geflüchteten leben zudem rund zwei Drittel in den Nachbarländern – die mitunter zu den ärmsten Staaten der Welt gehören.
morgenpost.de
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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