
Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.
Liebe Leserinnen und Leser,
in Ballungszentren ist das Wohnen mitunter kaum bezahlbar. Das trifft nicht nur Berlin, sondern eine ganze Reihe deutscher Großstädte. Massives Bauen soll helfen, das Problem zu beseitigen. Doch hält dieser politische Kurs, was er verspricht? Es gibt Zweifel. Denn für neue Gebäude werden oft die alten Häuser abgerissen. Die Folge: erheblich steigende Mieten. Wie groß das Problem ist, lässt sich jedoch nicht genau beziffern. Wie wir mit einem interaktiven Recherche-Tool versuchen, endlich Licht ins Dunkel zu bringen, ist heute unser Thema des Tages.
Außerdem im SPOTLIGHT: Im Denkanstoß blickt Netzpolitik-Gründer Markus Beckedahl zurück auf einen Skandal, der vor zehn Jahren nicht nur ihn erschütterte. Der Verfassungsschutz unter Hans-Georg Maaßen hatte damals Anzeige gegen das Medium wegen Landesverrats erstattet. Die Vorwürfe waren nicht haltbar – und bewegten dennoch die deutsche Presselandschaft. (Natürlich hat auch CORRECTIV damals recherchiert und herausgefunden: Maaßen ging es offenbar nicht nur um einen Schlag gegen kritische Medien.)
In der Grafik des Tages lesen Sie die Auswertung unserer Umfrage zur Extra-Versicherung gegen Unwetterschäden.
Haben Sie einen guten Abend und schreiben Sie mir Feedback gern unter sebastian.haupt@correctiv.org.
Thema des Tages: Abrissbirne macht Wohnen teurer
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Denkanstoß: Presse unter Verdacht – Ermittlungen wegen Landesverrat
Faktencheck: Keine Belege für Verbrennungsöfen im US-Abschiebegefängnis „Alligator Alcatraz“
CORRECTIV-Werkbank: Nius: Unabhängige Redaktion oder politische Kampagnenschleuder?
Um neuen Wohnraum zu schaffen, müssen in vielen Städten alte Gebäude weichen. Was die Exposés der neuen Wohnungen verschweigen: Der Abriss produziert Unmengen an CO2 und Müll. Mehr als ein Drittel des EU-Abfalls stammt aus Bau und Abriss. Zudem treibt der Neubau oft die Wohnkosten in die Höhe. Wir untersuchen dieses Problem inzwischen europaweit. Was dazu wichtig ist:

Wohnungsmangel durch Bauen beheben
„Bauen, bauen, bauen“ lautet die Devise, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Und der wird dringend gebraucht: In Deutschland fehlen zwischen 400.000 und 800.000 Wohnungen – je nach Quelle und deren Interessenlage. Doch Neubau ist nicht immer die beste Lösung.
Das Problem: Steigende Mieten
Vielerorts werden Bestandsgebäude abgerissen, um moderne Wohnungen zu schaffen oder bestehenden Wohnraum nachzuverdichten. Neubauten führen jedoch oft zu deutlich höheren Mietpreisen. Einige der bisherigen Bewohnerinnen und Bewohner können sich das nicht mehr leisten.
Anschaulich aufgearbeitet hat diesen Mechanismus unser Team von CORRECTIV in der Schweiz (hier nachzulesen). Basierend auf einer neuen Studie zeigen sie, wie stark sich das Einkommensniveau durch Abriss und Neubau verändert. In Basel oder Bern hat es sich durchschnittlich verdoppelt, wie die Grafik zeigt. Das heißt im Klartext: Mieterinnen und Mieter von einst werden verdrängt. Mehr Wohnraum für alle? Eher für die, die es sich leisten können. Dabei wäre eine Sanierung oft die umwelt- und mieterfreundlichere Lösung.

Es fehlen Zahlen
Auch in Deutschland gibt es ähnliche Fälle, wie wir hier dokumentiert haben. Doch um das Problem seriös zu bewerten, fehlen Daten. Erfasst werden nur genehmigungspflichtige Abrisse – und das ist die Minderheit. Deshalb sammeln wir gemeinsam mit Recherche-Partnern seit einiger Zeit Fälle im Abrissatlas. Unser Team von CORRECTIV.Europe hat die Recherche nun auf ganz Europa ausgeweitet. Jeder kann helfen, die interaktiven Karten mit Daten zu füllen.
Wie lässt sich mehr bezahlbarer Wohnraum schaffen?
Das Bundesbauministerium (BMWSB) verweist CORRECTIV gegenüber auf den „Bau-Turbo“ – will also durch Neubau und Nachverdichten mehr Wohnungen schaffen. Die Bauvorschriften sollen gelockert werden, sodass unnötige Standards – und dadurch unnötige Kosten – vermieden werden. Zudem soll der Etat für sozialen Wohnungsbau schrittweise ansteigen: von 3,5 Milliarden Euro (2025) auf 5,5 Milliarden bis 2029. Diese Erhöhung begrüßt der Deutsche Mieterbund auf CORRECTIV-Nachfrage. Allerdings dürfte das nicht reichen. Jedes Jahr gehen etwa 40.000 Sozialwohnungen verloren. Deshalb fordert die Vereinigung unter anderem, die Sozialbindung auf Dauer zu stellen. Bislang läuft sie meist nach 15 bis 30 Jahren aus.
Zudem spricht sich der Mieterbund für mehr Regeln beim Abriss von Wohnanlagen aus. Auf Basis einer Ökobilanzierung müssten Abrisse genehmigungspflichtig werden. So lasse sich auch preiswerter Wohnraum erhalten.
US-Administration kippt Grundlagen für den Klimaschutz
Treibhausgase und Klimawandel stehen in kausalem Zusammenhang, das ist wissenschaftlich unumstritten. Die US-Umweltbehörde möchte die wissenschaftliche Gefahreneinschätzung von Treibhausgasen nun jedoch streichen. Laut Lee Zeldin, dem Chef der Umweltbehörde EPA, werden die nötigen Schritte eingeleitet.
zdfheute.de
Radikale Unterstützer drohen der AfD mit einer Konkurrenzpartei
Der Streit um die völkische Ideologie in der AfD weitet sich zum innerparteilichen Machtkampf aus. Die Konfliktlinien dahinter haben wir hier beschrieben. Die völkischen Ideologen in der Partei wehren sich gegen die Mäßigung und drohen der AfD mit einer Konkurrenzpartei. Dabei ist auch Alice Weidel eher dem völkischen Lager zuzuordnen. Auslöser des Machtkampfes sind nicht zuletzt die Enthüllungen durch die CORRECTIV-Recherchen rund um das verfassungsfeindliche Konzept der „Remigration“, das auch auf Staatsbürger zielt.
gmuender-tagespost.de / tagesspiegel.de (€) / correctiv.org (Hintergrund)
Lokal: Ermittlungen zum Solinger Brandanschlag werfen Fragen auf
Anfangs erklärten die Polizei und die Staatsanwaltschaft den Fall für aufgeklärt. Erst Monate später kam es im Laufe des Prozesses nochmal zu ausführlichen Ermittlungen. Während für die Opfer des Anschlages der rechtsextreme Hintergrund des Täters auf der Hand liegt, wollen die Ermittler das nicht als Tatmotiv erkennen.
taz.de
CORRECTIV: Hunderte Millionen Fördergeld für barrierefreie Bahnhöfe ungenutzt
Jeder fünfte Bahnhof ist nicht barrierefrei. Der Bundesrechnungshof wirft dem Verkehrsministerium Untätigkeit vor. Jetzt soll eine Reform kommen – doch der Plan bleibt vage.
correctiv.org
Heute, vor genau zehn Jahren, bekam ich Post, die mein Leben – und ein Stück weit auch die deutsche Debatte über Pressefreiheit – erschütterte.
Mittags lag ein Einschreiben des Generalbundesanwalts im Briefkasten. Darin: die Mitteilung, dass seit Monaten gegen mich als damaligen Chefredakteur von netzpolitik.org, gegen meinen Redakteur Andre Meister und gegen unsere Quellen ermittelt werde. Vorwurf: Landesverrat – ein Delikt, das bei Verurteilung mindestens ein Jahr Haft bedeutet.
Was war passiert?
Monate zuvor hatten wir bei netzpolitik.org Auszüge aus Budgetplänen des Bundesamtes für Verfassungsschutz veröffentlicht und so den heimlichen Ausbau seiner Internetüberwachung offengelegt. Wir stellten die Dokumente bewusst online, weil wir überzeugt waren: Nur wer unsere Quellen prüfen kann, kann unsere Arbeit wirklich hinterfragen.
Zwei Jahre nach den Snowden-Enthüllungen behandelte die Bundesregierung diese eher als Machbarkeitsstudie denn als Warnung. Unser Ziel war deshalb klar: Wir wollten eine öffentliche Debatte darüber ermöglichen, ob im Geheimen beschlossene Pläne zur Internetüberwachung überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Hans-Georg Maaßen, damals Präsident des Verfassungsschutzes, passte das nicht.
Er konstruierte eine Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen, zeigte uns beim Generalbundesanwalt Harald Range an – und brachte ihn dazu, Ermittlungen wegen Landesverrats einzuleiten. Ein absurder Vorwurf. Es waren die ersten seit Jahrzehnten gegen Journalistinnen in Deutschland. …
Wie sich dieser Vorgang zur Staatsaffäre entwickelte – und warum das ein Warnschuss war, der heute wie eine düstere Vorankündigung erscheint: Das lesen Sie hier in der vollständigen Version des Denkanstoßes.

Faktencheck

Auf Tiktok wird das Abschiebegefängnis „Alligator Alcatraz“ in den USA als „Auschwitz 2.0“ bezeichnet, weil dort angeblich Verbrennungsöfen installiert seien. Verschiedene Versionen des Gerüchts gehen viral, obwohl es dafür keine Belege gibt.
correctiv.org
Endlich verständlich
Es sind atemberaubende Bilder, die tausende Touristen in die Alpen locken. Riesige Gipfel, tiefe Schluchten, wunderschöne Sonnenauf- und -untergänge. Doch die Bergrettung warnt vor den Risiken, die sich in den Alpen verstecken. Innerhalb eines Monats gab es fast drei tödliche Unfälle pro Tag in den italienischen Alpen. Der Grund für diese hohe Zahl sind laut Maurizio Dellantonio, Leiter des hiesigen Berg- und Höhlenrettung-Dienstes, viele unerfahrene Wanderer oder Bergsteiger.
spiegel.de
So geht’s auch
Bald soll es an jeder Schule in Kiel (Schleswig-Holstein) genderneutrale Toiletten geben. Dies erwirkt eine Initiative des Jungen Rates der Stadt. Der Rat vertritt die Interessen junger Menschen in Kiel. Gerade non-binäre Schüler fühlen sich bei der Benutzung von strikt aufgeteilten Toiletten unwohl, so wurde der Umbau von Alt- und Neubau beantragt.
spiegel.de
Fundstück
Sollte es einen Alkoholtest im Bundestag geben? In unserem Nachbarland Polen ist das schon fast Realität. Nach einem fragwürdigen Auftritt eines Abgeordneten von einer rechtsextremen Partei in Polen will der Parlamentspräsident Szymon Hołownia einen Alkoholtest für Abgeordnete durchsetzen. Die deutsche Bundestagspräsidentin Julia Klöckner ist der Meinung: „Für derartige Überlegungen gab und gibt es keinen Anlass.“
n-tv.de
In Amerika kaufte ein Milliardär ein Soziales Netzwerk, nannte es „X“ – und verbrannte Milliarden. Wir staunten erst. Komisches Geschäftsmodell, sagten einige.
Heute sehen wir: Es war eine politische Investition, in Meinungsmacht.
Und in Deutschland? Da läuft ein ähnliches Spiel, nur leiser. Der Software-Millionär Frank Gotthardt finanziert ein Medium, das kaum Einnahmen, aber massive Werbeausgaben hat – und zwar gezielt politisch. Das recherchierten wir bei CORRECTIV kürzlich.
Besagtes Medium, Nius, richtet sich häufig gegen Einzelpersonen. Etwa gegen die Juristin Brosius-Gersdorf. Ich habe mir die Zahlen aus dem Nius-Leak angeschaut: 350.000 Euro Abo-Einnahmen seit 2023, mehr nicht. Dagegen stehen mindestens 1,4 Millionen Euro Werbekosten.
Ende 2023 lag der Jahresfehlbetrag bei über 13 Millionen Euro Verlust. Chefredakteur Julian Reichelt bekam ein persönliches Darlehen vom Millionär: 345.000 Euro. Frank Gotthardt hat 520.000 Stimmanteile, Reichelt 52.000.
Ist das also eine unabhängige Redaktion – oder doch viel mehr politisches Kampagnenmedium?
Der Mann mit dem Geld ist kein schräger Einzelgänger, sondern Großunternehmer im Gesundheitswesen. Seine Firma blühte zu der Zeit auf, als Jens Spahn Gesundheitsminister war. Sie kennen sich beide seit Langem, unter anderem aus dem CDU-Wirtschaftsrat. Spahn will aber mit der Gründung der Firma nichts zu tun haben.

Wir haben Sie gestern gefragt, ob Sie dafür oder dagegen sind, eine Versicherung gegen Elementarschäden etwa durch Flut oder Starkregen zur Pflicht zu machen. Die meisten sprechen sich für eine solche Pflicht aus. Das Ergebnis unserer nicht-represäntativen Umfrage zeigt die Grafik des Tages.
Kritischer betrachten einige aber die Idee, dass alle dafür gleich viel zahlen sollen. Schließlich würden so diejenigen mitfinanziert, die wissentlich in Risikogebieten bauen, geben einige Kommentierende zu bedenken. Der Anreiz genau dafür müsse aber sinken – die höheren Versicherungsprämien wären deshalb genau richtig. Andererseits gibt es natürlich viele Bestandsgebäude, die historisch bedingt in potentiell gefährdeten Flächen liegen.
Sie haben weitere Hinweise zum Thema? Schreiben Sie gern an elena.kolb@correctiv.org.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Tristan Devigne, Till Eckert, Samira Joy Frauwallner und Jule Scharun.
CORRECTIV ist spendenfinanziert
CORRECTIV ist das erste spendenfinanzierte Medium in Deutschland. Als vielfach ausgezeichnete Redaktion stehen wir für investigativen Journalismus. Wir lösen öffentliche Debatten aus, arbeiten mit Bürgerinnen und Bürgern an unseren Recherchen und fördern die Gesellschaft mit unseren Bildungsprogrammen.