Herr Gesundheitsminister Laumann, übernehmen Sie: Nur eine Studie kann den Opfern des Pansch-Apothekers gerecht werden.
Es gibt einen Weg, nachzuweisen, ob Peter S. aus Bottrop Patienten geschädigt hat. Doch dafür müsste der Gesundheitsminister aus NRW jetzt aufstehen und reagieren. Es braucht eine Fall-Kontroll-Studie. Ein Appell.
Herr Gesundheitsminister Laumann, übernehmen Sie: Das Gesundheitsministerium NRW muss endlich auf den Fall der Alten Apotheke reagieren und eine Studie anordnen. Es ist zehn Monate her, dass Peter S. verhaftet wurde. Zehn Monate, in denen die Patienten weiter im Ungewissen darüber bleiben, was Peter S. ihnen angetan hat: allein 1000 Patienten in Düsseldorf, insgesamt mindestens 3700 Menschen.
Patienten brauchen Gewissheit
Die Menschen, die Peter S. geschädigt hat, indem er in seiner Apotheke Krebsmedikamente panschte, brauchen Gewissheit und Antworten auf ihre Fragen: Hatte die Panscherei Einfluss auf ihre Krankheit? Hat Peter S. ihren Angehörigen Lebenszeit genommen?
Diese Gewissheit kann ihnen eine Studie wie zum Beispiel die Fall-Kontroll-Studie bringen. Das haben uns verschiedene Ärzte gesagt. Dabei würde man die Krankheitsverläufe aller Patienten, die aus der Alten Apotheke in Bottrop beliefert wurden, mit einer gleich großen Gruppe von Menschen vergleichen, die ein gleiches Krankheitsbild, Alter und Medikation vorweisen und nicht aus der Alten Apotheke beliefert wurden.
Eine Studie kann helfen
Das wäre zum Beispiel mit einer häufigen Krebsform wie Brustkrebs gut möglich. Man legt dafür quasi zwei Stapel mit Behandlungsunterlagen nebeneinander: Auf dem einen Stapel 1000 Brustkrebs-Patientinnen, die mit Medikamenten von Peter S. behandelt wurden. Auf dem anderen Stapel 1000 Brustkrebs-Patientinnen, die Medikamente aus einer anderen Apotheke bekamen. Dann vergleicht man.
In einer solchen Betrachtung lässt sich nachweisen, ob Patienten, die von Peter S. Krebsmedikamente bekamen, geringere Heilungschancen hatten.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt vor allem wegen des Betrugs an den Krankenkassen. Es ist nicht ihre Aufgabe, jeden Einzelfall zu prüfen. Der Einzelfall hilft sowieso nicht weiter, denn Krebs verläuft sehr individuell. Wir wissen nicht, welche Infusionen Peter S. gestreckt hat und welche nicht. Es scheint kein System gegeben zu haben. Wir wissen aber, dass Peter S. bis zu 70 Prozent weniger Wirkstoff in über 60.000 Infusionen getan hat.
Das System hat versagt
Seit November 2016 wissen wir, dass es sich um einen der größten Medizinskandale in Deutschland handelt. Seit November 2016 tut die Politik nichts dafür, den betroffenen Menschen zu helfen – die einzige Anlaufstelle ist die Info-Hotline des Gesundheitsamts Bottrop. Und dort wurden über Monate hinweg falsche Informationen verbreitet.
Der Fall von Peter S. war nicht nur wegen der Gier eines Einzelnen möglich. Ein System hat versagt: Das System der Apotheken-Kontrolle. Seitdem S. aufgeflogen ist, sehen wir dabei zu, wie weiteres Versagen dazu führt, dass die Geschädigten alleine dastehen.
Wo Systeme versagen, muss derjenige eingreifen, der sie überwacht: Das Land NRW muss endlich handeln und eine Fall-Kontrollstudie in Auftrag geben. Damit Wissenschaftler unabhängig prüfen, welche Schäden der Apotheker Peter S. angerichtet hat.
Patienten informieren und Studie beauftragen
Allerdings gibt es noch zwei Hürden:
-
Die Patienten und die Angehörigen der Verstorbenen müssen dieser Studie zustimmen. Das können sie aber nur, wenn sie wissen, dass sie betroffen sind. Also müssen alle Patienten endlich darüber informiert werden, dass sie Infusionen aus der Alten Apotheke bekommen haben.
-
So eine Studie kostet Geld. Und hier liegt die Verantwortung im Gesundheitsministerium von NRW.
Wir fordern Herrn Minister Laumann auf, die Verantwortung nicht weiter zu verschieben. Wir raten ihm, Geld in die Hand zu nehmen und eine Studie wie zum Beispiel die Fall-Kontroll-Studie in Auftrag zu geben.
Nur dann erhalten die Opfer von Peter S. Gewissheit und Gerechtigkeit. Es kann sogar sein, dass das Ergebnis einer solchen Studie denen hilft, die zivilrechtlich gegen Peter S. klagen. So könnte man die Geschädigten zusätzlich unterstützen. Und wenn dabei herauskommt, dass Panscherei absolut keinen Einfluss auf die Krankheitsverläufe von tausenden Patienten hatte – dann sollten die Pharmafirmen sich in der Pflicht fühlen, sich zu rechtfertigen.