Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters

Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.

Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser, 

in der gesetzlichen Pflegeversicherung klafft eine riesige Lücke: Rund zwei Milliarden Euro fehlen, um all die Pflegebedürftigen im Land im kommenden Jahr finanziell zu versorgen. Jetzt denkt die Bundesregierung offenbar darüber nach, die Unterstützung für jene zu streichen, die den leichtesten Pflegegrad 1 attestiert bekommen haben.

Im Thema des Tages erklären wir, was genau dahintersteckt – und wir sammeln Ihre Erfahrungen dazu in einer Umfrage.

Außerdem im SPOTLIGHT: 

  • Am Wochenende fand die bisher größte Demo in Deutschland gegen den Gaza-Krieg statt. 
  • In mehreren Bundesländern gab es gestern Bürgermeister-Stichwahlen – in der Werkbank geht es um den besonders wichtigen Ausgang in Gelsenkirchen, wo ein AfD-Politiker in der Stichwahl stand. 
  • Unions-Fraktionschef Jens Spahn fordert Kürzungen bei Miet- und Heizzuschüssen für Bürgergeldempfänger – in einer Lage, in der die Heizkosten demnächst stark steigen dürften.

Wir sammeln heute wieder Ihre Vorschläge für die „Leserfrage der Woche“. Welche einfach zu beantwortende Frage sollen wir in Ihrem Auftrag einer Behörde oder einem Unternehmen stellen? Schicken Sie Ihre Vorschläge an unsere Leserreporterin: jule.scharun@correctiv.org.

Thema des Tages: Kein Geld mehr für leichte Pflegefälle?

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Faktencheck: Wie Rotorblätter von Windrädern in Deutschland entsorgt werden

Gute Sache(n): Die Debatte über eine Bürgergeldreform • KI-Modell in der Medizin wagt einen Blick in die Zukunft • Ozonschicht über der Arktis scheint sich zu erholen

CORRECTIV-Werkbank: Stichwahl Gelsenkirchen: Wie gehen wir im Lokalen mit einer starken AfD um?

Grafik des Tages: Europa ist nicht hinreichend auf Stromausfälle vorbereitet

Weshalb es diese Überlegung gibt:
Es klafft ein rund zwei Milliarden Euro großes Loch in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Das heißt, sie nimmt viel weniger Geld durch Beiträge ein, als sie ausgeben muss, um alle 5,7 Millionen pflegebedürftigen Menschen zu versorgen.

Pflegegrad 1 – bald gestrichen? Quelle: picture alliance / ZB | Sascha Steinach

Würde man nun komplett die finanzielle Unterstützung für die 863.000 Menschen mit Pflegegrad 1 streichen, wäre das Loch auf einen Schlag fast komplett geschlossen: Einem Medienbericht zufolge würde man so 1,8 Milliarden Euro einsparen.

Was Pflegegrad 1 bedeutet:
Diesen Grad (früher hieß es „Pflegestufe“) bekommt man, wenn man weitgehend selbstständig ist, sich also selbst versorgen kann, aber Einschränkungen im Alltag hat. 

Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn man nur eingeschränkt mobil ist, wenn man Probleme mit Inkontinenz hat und deshalb teure Hygieneprodukte braucht oder wenn man kommunikativ eingeschränkt ist. Hier gibt es eine gute Übersicht zur Orientierung.

Was man bisher an Unterstützung erhält:
Es gibt Anspruch auf einen sogenannten Entlastungsbetrag von derzeit 131 Euro im Monat. Man kann zudem Zuschüsse dafür beantragen, wenn man seine Wohnung barrierefrei umbauen muss oder Pflegehilfsmittel (zum Beispiel Inkontinenzeinlagen) benötigt.

Keinen Anspruch haben die Betroffenen darauf, dass zum Beispiel ein Pflegedienst zu ihnen nach Hause kommt und sie im Alltag unterstützt.

Wie wahrscheinlich es ist, dass die Zuschüsse abgeschafft werden:
Die Entscheidung fällt voraussichtlich Mitte Oktober. Dann wird eine Kommission, die derzeit an Lösungen für die gesetzliche Pflegeversicherung arbeitet, ihre ersten Ergebnisse vorlegen.

Es wird aber keine leichte Entscheidung. Die SPD hat am Wochenende schon signalisiert, dass sie einer pauschalen Abschaffung aller Unterstützungsleistungen für die Menschen mit Pflegegrad 1 nicht zustimmen wird.

Was dafür spricht:
Es gibt von Jahr zu Jahr deutlich mehr Menschen in Deutschland, die pflegebedürftig sind – weil wir länger leben. Im Verhältnis dazu gibt es immer weniger Menschen, die ins gesetzliche Pflege- (und Kranken-) Versicherungssystem einzahlen. 

Die Entwicklung kann man beim Statistischen Bundesamt nachlesen. Dort steht: Im Jahr 2035 dürfte es schon rund 6,8 Millionen Pflegebedürftige bundesweit geben. Das heißt: Irgendetwas muss sich ändern.

Was dagegen spricht:
Wer pflegebedürftig ist, dem geht es in der Regel finanziell ohnehin nicht besonders gut. Streicht man 863.000 Betroffenen nun Zuschüsse, signalisiert man: Wir sparen an den Verwundbarsten im Land. Das ist politisch nicht unbedingt geschickt in einer Lage, in der die Umfragewerte populistischer Parteien steigen.

Was sagen Sie?
Wir wollen von Ihnen wissen: Wären Sie von einer Streichung der Zuschüsse betroffen? Und: Was würde sich konkret für Sie ändern? Nehmen Sie an unserer Umfrage teil, per Klick hier oder aufs Bild:

Stellenabbau bei Lufthansa als Folge schlechter Rendite
Die größte deutsche Fluggesellschaft Lufthansa streicht rund 4.000 Stellen. Seit der Corona-Pandemie ist die Rendite der Fluggesellschaft stark zurückgegangen. Das Problem sei zu wenig Produktivität mit zu vielen Mitarbeitern, erklärt der Bernstein-Research-Analyst Alex Irving. 
sueddeutsche.de 

Lokal: Zehntausende demonstrieren für Gazastreifen in Berlin 
Zwischen 60.000 und 100.000 Menschen protestierten vergangenen Samstag in Berlin für Frieden im Gazastreifen. Ein Bündnis von 50 Gruppen, zu denen unter anderem Amnesty International gehört, hatte zu der Großdemonstration aufgerufen. 
morgenpost.de 

Recherche: Ermittler locken Tausende Drogenhändler in die Falle
Eine Recherche der FAZ zeigt, wie das FBI eine weltweite Täuschungsoperation gegen Tausende Kriminelle durchführte. Mithilfe eines angeblich abhörsicheren Messaging-Dienstes sammelten die Ermittler die Daten der Kriminellen. Allerdings könnte der dafür notwendige litauische Gerichtsbeschluss rechtswidrig zustande gekommen sein – was Auswirkungen auf die Strafverfolgung auch in Deutschland haben könnte.  
faz.net (€) / lto.de

Windrad vor blauem Himmel
Foto: Hans / Pixabay

So geht’s auch
Künstliche Intelligenz soll künftig dem deutschen Gesundheitssystem helfen. Bislang werden erste Systeme in der Medizin getestet, die etwa Krankheitsverläufe besser einschätzen können. Die KI-Anwendungen erlauben derzeit Prognosen zum Gesundheitszustand von Personen von bis zu 20 Jahren im Voraus.
mdr.de 

Fundstück
Nach Angaben der Weltwetterorganisation ist das Ozonloch im vergangenen Jahr 2024 kleiner gewesen als in den Vorjahren. Zudem ist es sogar unter dem Durchschnittswert von 1990 und 2020. Mitverantwortlich für die Erholung der Ozonschicht ist das Verbot von ozonschädigenden Substanzen wie FCKW. Wie es dazu kam, rekonstruiert der Deutschlandfunk.
zeit.de / deutschlandfunknova.de (Audio)


Zwei Etagen über dem Ratssaal analysiert die AfD den Ausgang der Stichwahl und sagt den „Kartell-Parteien“ den Kampf an. Knapp 27.000 Menschen haben am Sonntag den AfD-Kandidaten Norbert Emmerich gewählt. Das waren fast genauso viele wie beim ersten Wahlgang. Die AfD konnte damit keine weiteren Wähler mobilisieren. Sie scheint aber eine Wählerschaft zu haben, die über den reinen Protest hinausgeht und die AfD aus Überzeugung wählt. Warum die Partei in Gelsenkirchen so stark abschneidet, haben wir letzte Woche hier analysiert.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Till Eckert, Samira Joy Frauwallner, Leonie Georg, Sebastian Haupt und Jule Scharun.