Faktencheck

Wie Rotorblätter von Windrädern in Deutschland entsorgt werden

Rotorblätter von Windrädern sind schwer zu recyclen. Anders als immer wieder online mit Fotos behauptet, werden sie in Deutschland aber nicht vergraben, sondern meistens weiterverwertet.

von Steffen Kutzner

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Anders als online behauptet werden Rotorblätter nicht vergraben, das ist in Deutschland nicht erlaubt (Foto: Hans / Pixabay)
Behauptung
Die Rotorblätter von Windrädern können angeblich nicht recycelt werden und würden deswegen vergraben, wie Fotos angeblich zeigen. Die Grünen hätten in Deutschland 75.000 Windräder bis 2040 geplant.
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Größtenteils falsch. Dass Rotorblätter vergraben werden, ist in Deutschland unzulässig und in der Vergangenheit nur in Einzelfällen vorgekommen. Die Fotos, die vergrabene Rotorblätter zeigen, stammen nicht aus Deutschland, sondern aus den USA. Da Rotorblätter schwer recycelbar sind, werden sie in der Regel als Brennstoff oder Füllmaterial verwertet, oder im Ausland deponiert. Die Grünen waren an einem Gesetz von 2022 beteiligt, das den Ausbau der Windenergie für die nächsten Jahrzehnte fördert – eine konkrete Anzahl an Windrädern bis 2040 ist darin aber nicht festgelegt.

Manche Legenden des Internets sind schwer totzukriegen. Eine davon geht so: „Windräder können nicht recycelt werden. Niemand weiß was mit den Rotorblättern aus Fiberglas anzufangen, deshalb werden sie vergraben.“ Dennoch würden „die Grünen“ 75.000 Windräder bis 2040 planen, heißt es in einem viralen Video auf Instagram. Zu sehen sind dazu Fotos von Rotorblättern, die mit Schaufelbaggern vergraben werden. 

Doch die Fotos stammen nicht aus Deutschland, sondern aus den USA. Hierzulande werden Rotorblätter überwiegend in Zementfabriken weiterverwertet. 

Dieser virale Instagram-Beitrag stellt falsche Behauptungen über Windkraftanlagen in Deutschland auf und teilt dazu altes Bildmaterial aus den USA (Quelle: Instagram / Benjamin Rasmussen / Getty Images; Screenshot und Schwärzungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Fotos in den Beiträgen sind alt und zeigen vergrabene Rotorblätter im US-Bundesstaat Wyoming

Nach dem Bildmaterial haben wir schon für einen früheren Text gesichtet. Es findet sich in der Bilddatenbank Getty Images und hat mit Deutschland nichts zu tun. In der Beschreibung zu dem Bildmaterial heißt es: „Teile von Windturbinenflügeln werden am 9. Januar 2020 in der regionalen Mülldeponie von Casper, Wyoming, vergraben. Allein in den Vereinigten Staaten müssen jährlich etwa 8.000 Windturbinenblätter entfernt und entsorgt werden.“ 

Einem Medienbericht von 2024 zufolge sind in der Stadt Casper seit 2021 keine Rotorblätter mehr vergraben worden, nachdem die Deponie von den Betreibern der Windkraftanlagen eine vorherige Zerkleinerung der Blätter verlangt hatte.

In Deutschland werden Rotorblätter in der Regel anders behandelt, als auf den Bildern aus den USA zu sehen. In dem Blog Erneuerbare Energien.NRW hieß es im Jahr 2018, eine Deponie-Lagerung komme nicht infrage. Der Grund: Rotorblätter werden unter anderem aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) hergestellt, deren Deponierung in Deutschland seit 2005 gesetzlich verboten ist. Sie würden deshalb geschreddert und darin enthaltene Metallreste abgeschieden. Die übrigen Abfälle würden als Brennstoff und Sandsubstitut in der Zementindustrie thermisch eingesetzt oder in konventionellen Müllverbrennungsanlagen verbrannt.

Rotorblätter von Windrädern sind schwer zu recyceln

Die Lebensdauer einer Windkraftanlage liegt laut Angaben des Umweltbundesamtes bei etwa 20 bis 30 Jahren. Um die Rotorblätter über Jahre beständig zu machen, werden Kunststoffe eingesetzt, die das Recyceln erschweren

Dennoch ließe sich eine Windkraftanlage theoretisch komplett recyceln, erklärte uns Petra Weißhaupt von der Fachstelle für den Rückbau und das Recycling von Windenergieanlagen beim Umweltbundesamt für einen Text im Jahr 2023.

In der Praxis gilt eine vollständige Verwertung aber als unwirtschaftlich. Normalerweise werden zwischen 80 und 90 Prozent des Materials recycelt. Bei Nordex, einem der größten Hersteller von Windkraftanlagen, werden 85 bis 95 Prozent als recyclebar angegeben. Ein Problem stellen jedoch besonders die Rotorblätter der Windräder dar. Das liegt daran, dass die Rotorblätter aus einem Verbund aus Fasern und Kunstharz bestehen. Die Trennung dieser Materialien ist aufwändig.

Knapp zwei Drittel der Materialien, die für Rotorblätter eines Windrads genutzt werden, bestehen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen. Allein bei diesem Material erwartete das Umweltbundesamt laut eines Berichts von 2022 bis 2040 etwa 600.000 Tonnen Rotorblattabfälle (Seite 129).

Laut Umweltbundesamt mangelte es damals vonseiten des Gesetzgebers an Normen und Verordnungen für Rückbau und Recycling der Rotorblätter. „Somit wird es viele Abfallverwerter geben, die Rotorblattabfälle aus technischen und organisatorischen Gründen nicht behandeln können, was regional zu faktisch fehlenden Verwertungskapazitäten führen kann“, erklärt Weißhaupt. Das Hinterlassen von Abfällen in der Umwelt sei selbstverständlich nicht erlaubt.

Bericht des Umweltbundesamtes: Rotorblätter in Einzelfällen vergraben 

Auch der Pressesprecher des Entsorgungswirtschaftsverbands BDE, Dirk Böttner-Langolf, schrieb im September 2025 per E-Mail, das Ablagern oder Vergraben von Rotorblättern im Boden sei in Deutschland unzulässig. „Abfälle dürfen ausschließlich in genehmigten Abfallverbrennungs- oder Mitverbrennungsanlagen behandelt werden. Eine offene Verbrennung unter freiem Himmel ist hierzulande gesetzlich verboten.“

Für einen Bericht von 2019 befragte das Umweltbundesamt verschiedene Akteure zum Rückbau von Windkraftanlagen, darunter Windparkbetreiber und Entsorgungsfachfirmen (Seite 61). Demnach sei es vorgekommen, dass „das Vergraben von ganzen Rotorblättern in Einzelfällen praktiziert worden sei“ (Seite 92). 

Torsten Müller, der sich am Fraunhofer Institut für Chemische Technologie mit der Verwertung von faserverstärkten Kunststoffen befasst, schrieb uns 2023 per E-Mail, dass Rotorblätter „zum Großteil aus Metallen, Holz und faserverstärkten Kunststoffen bestehen“ und „die in den Rotorblättern verbauten Materialien gebunden und damit unkritisch sind“. Es kursierten durchaus Bilder größerer Mengen von Rotorblättern, die auf Freiflächen gelagert sind, dabei handele es sich aber um Lagerplätze bis zu einer weiteren Behandlung.  

Wir fragten damals auch beim Windradhersteller Nordex nach, was mit nicht mehr genutzten Rotorblättern passiert. Pressesprecher Felix Losada bestätigte uns, es sei schwierig, die Rotorblätter zu recyceln: „Die einzige verfügbare und wirtschaftlich machbare Lösung für das Recycling“ sei sogenanntes Co-Processing. Das bedeutet, dass die Rotorblätter als Brennstoffe, also etwa zum Betrieb von Hochöfen, oder als geschreddertes Füllmaterial in der Zementindustrie genutzt werden. 

Teilweise werden sie auch in konventionellen Müllverbrennungsanlagen verbrannt oder im Ausland deponiert. Wie groß der Anteil konventionell verbrannter und ins Ausland gebrachter Rotorblätter ist, ist jedoch unklar. In einem Bericht der Bundes/-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall von 2019, auf den sich das Umweltbundesamt aktuell in einer E-Mail bezieht, heißt es: „Ein relevanter Anteil der in Deutschland in den vergangenen Jahren abgebauten Windenergieanlagen wurde zur weiteren Verwendung ins Ausland exportiert“. 

Auf Nachfrage im September 2025 schreibt uns Dirk Böttner-Langolf vom Entsorgungswirtschaftsverband BDE, dass es dazu keine konkreten Zahlen gebe. Nur ein sehr kleiner Teil der Rotorblätter werde in Pilot- oder Spezialverfahren recycelt. Der überwiegende Teil werde in Müllverbrennungs- oder Zementwerken thermisch verwertet, sprich: verbrannt.

Wie viele Windräder sind bis 2040 geplant?

In den Videos wird außerdem behauptet, die Grünen würden bis 2040 75.000 Windräder planen. Wir haben die Verbreiter auf Instagram nach einer Quelle gefragt. Eine Antwort erhielten wir nicht.

Momentan gibt es in Deutschland laut Bundesverband Windenergie an Land knapp 29.000 Windräder, hinzukommen etwas mehr als 1.600 Offshore-Anlagen. Ob in den Instagram-Beiträgen die Gesamtzahl oder zusätzliche Windräder bis 2040 gemeint sind, ist nicht ersichtlich. 

Die Grünen waren am sogenannten Wind-an-Land-Gesetz beteiligt, das 2022 vom Bundestag beschlossen wurde. Von einer bestimmten Anzahl Windräder ist dort aber nicht die Rede, sondern von mehr Leistung durch Windenergie: „Bei der Windenergie an Land soll der Ausbau demnach jährlich um 10 GW steigen, damit in 2030 ein Wert von 115 GW erreicht wird. Langfristig soll ab 2040 und darüber hinaus die installierte Leistung dann konstant bei 160 GW liegen.“ 

Zum Verständnis: Unterschiedlich große Windräder erzeugen unterschiedlich viel Strom. Zudem lassen sich ältere Anlagen durch sogenanntes Repowering hochrüsten, sodass sie mehr Strom erzeugen können. So hat beispielsweise trotz weniger neuer Anlagen in den letzten Jahren die Windenergieleistung weiter zugenommen.

Die Pressestelle der Grünen schrieb auf Anfrage, dass Behauptungen zu Plänen mit fixen Zahlen zu Windkraftanlagen „irreführend“ seien. „Auch sind uns keine derartigen Zielsetzungen oder Initiativen von politischen Gremien von Bündnis90/Die Grünen auf Bundesebene, grün-geführten Landesministerien oder von Landesverbänden bekannt.“

Fazit: Rotorblätter von Windrädern werden in Deutschland nicht vergraben, sondern verfeuert oder als Füllmaterial recycelt. Die Bilder aus dem verbreiteten Video zeigen zudem nicht Deutschland. Die angeblich geplante Menge an Windrädern ließ sich nicht bestätigen. Unsere Nachfrage nach einer Quelle blieb unbeantwortet.

Redigatur: Paulina Thom, Sarah Thust

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Artikel von Cowboy State Daily zum Thema, weshalb Windräder in den USA nicht mehr vergraben werden, August 2024: Link
  • Abschlussbericht des Umweltbundesamts zur Aufbereitung von Rotorblättern, 2022: Link
  • Abschlussbericht des Umweltbundesamts zu Maßnahmen für einen ressourcensichernden Rückbau von Windkraftanlagen, 2019: Link
  • Bericht der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall zur Entsorgung faserhaltiger Abfälle, 2019: Link 
  • Bericht der Fachagentur Wind und Solar zum Status des Windenergieausbaus in Deutschland, 2025: Link