Klimawandel

Weniger Klimaschutz-Gelder für 2026

Aus dem Klima- und Transformationsfonds soll der deutsche Klimaschutz bezahlt werden. Doch mit ihrem Haushaltsentwurf für 2026 setzt die Regierung den Fonds mit zahlreichen Posten unter Druck, die mit der ursprünglichen Ausrichtung kaum noch vereinbar sind. Gleichzeitig wird auf EU-Ebene an der langfristigen Finanzierung des Topfs gesägt.

von Elena Kolb

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Mit den Geldern aus dem KTF sollen eigentlich zusätzliche Investitionen in Klimaschutz bezahlt werden, doch 2026 werden Ausgaben in den Topf geschoben, die vorher im Kernhaushalt lagen. (Ivo Mayr/CORRECTIV – KI-generiert mit Midjourney, Magnific AI und Firefly)

Gäbe es ein Sparschwein, mit dem die Regierung ihren Klimaschutz bezahlt, hieße es KTF. Denn aus diesem Sondertopf, dem Klima- und Transformationsfonds, finanziert die Bundesregierung ihre Klima-Ausgaben – und zwar außerhalb des normalen Haushalts. So sollen die Gelder für Klimaschutz zusätzlich und unabhängig von Schwankungen in der Wirtschaft fließen.

Mittlerweile scheint die politische Idee des KTF allerdings immer weiter zersetzt zu werden. Denn im kommenden Jahr will die Regierung den Fonds mit hohen Ausgaben belasten, die nicht eindeutig mit den Klimazielen in Verbindung zu bringen sind. So wurden laut Bundesrechnungshof für 2026 Ausgaben im Wert von 1,8 Milliarden Euro aus dem Kernhaushalt in den KTF verschoben. Teure Zuschüsse beim Strompreis sind geplant, bei denen unklar ist, ob sie an der richtigen Stelle ankommen.

Der Ökonom Niklas Illenseer beschäftigt sich am Forschungsinstitut Dezernat Zukunft mit Haushaltspolitik. Er hat sich die geplanten Änderungen am KTF genau angeschaut und die Änderungen bewertet. Seine Analysen liegen CORRECTIV vor.

KTF: Zentrales Instrument für Klimaschutz

Der KTF existiert seit 2011, wurde also noch unter Kanzlerin Merkel eingeführt. Er ist laut Finanzministerium „das zentrale Instrument für den Klimaschutz“. Große Bekanntheit erlangte der KTF durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichts 2022. Die Regierung wollte 60 Milliarden, die ursprünglich für Corona-Hilfen eingeplant waren, in den KTF verschieben. Das Gericht erklärte dies für verfassungswidrig.

Die aktuelle Bundesregierung plant nun ebenfalls weitreichende Änderungen am KTF. In diesem Jahr hat die Regierung beschlossen, dass der KTF über die nächsten zehn Jahre verteilt hundert Milliarden aus dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität bekommt. Zusätzlich wird der KTF mit Einnahmen aus dem nationalen und europäischen Emissionshandel gespeist, also mit Geld, das Unternehmen und Verbraucher zum Beispiel beim Heizen oder beim Tanken für die dabei entstehenden CO₂-Emissionen draufzahlen müssen.

Verschiebungen aus dem Haushalt in den KTF 

Eigentlich ist klar festgelegt, was aus dem KTF finanziert werden soll. Mit den Mitteln aus dem Sondertopf sollen laut KTF-Gesetz „zusätzliche Programmausgaben zur Förderung von Maßnahmen, die der Erreichung der Klimaschutzziele“ dienen, bezahlt werden. Der größte Teil der circa 36 Milliarden, die den KTF ausmachen, fließt in die Förderung zur energiesparenden Sanierung von Gebäuden. Gelder fließen aber auch in den Aufbau von elektrischer Ladeinfrastruktur oder in den natürlichen Klimaschutz, etwa in die Wiedervernässung von Mooren.

Was ist ein Verschiebebahnhof? 

Seit die Regierung ihr 500 Milliarden Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität angekündigt hat, wird immer wieder kritisiert, dass die Politik einen „Verschiebebahnhof“ betreibe. Ökonomen und Ökonominnen meinen damit, dass die Regierung mit Geldern aus den Sondervermögen Löcher im Haushalt stopft. Dafür fehlt dann möglicherweise an anderer Stelle Geld für Klimaschutz – wie im Falle des KTF.

Die Bundesbank kritisiert generell, dass die Regierung aus den Haushaltsausgaben immer weiter in Sondervermögen schiebe. Sondervermögen würden meist weniger strengen Regeln als der Kernhaushalt unterliegen, was zu „Problemen bei der Transparenz und Kontrolle“ der Bundesfinanzen führt, so die Bundesbank.

Bei einigen der Ausgaben, die ab 2026 über den KTF finanziert werden sollen, ist dagegen fraglich, ob sie dem ursprünglichen Zweck des KTF entsprechen – und ob es sich tatsächlich um „zusätzliche“ Programmausgaben handelt. Denn viele der Ausgaben, die im Haushaltsentwurf für 2026 für den KTF eingeplant sind, erschienen in diesem Jahr schon im normalen Haushalt der Bundesregierung. Durch die Schiebungen in den KTF werden die Geldbeutel anderer Ministerien geschont. So wandern etwa Ausgaben, die eigentlich aus den Etats der Ministerien für Verkehr, Wirtschaft, Umwelt und Forschung bezahlt werden sollten, nach den Plänen der Regierung für 2026 in den KTF.

Fusionsforschung bezahlt mit Mitteln aus dem KTF

Einer der Titel, der laut Haushaltsentwurf für 2026 aus dem Etat des Forschungsministeriums in den KTF wandern soll, heißt „Energieforschung und Energietechnologien“. Damit wird unter anderem mit 114 Millionen Euro die Forschung an Fusionstechnologien gefördert. Der Einsatz von Fusionstechnologien ist allerdings noch mit vielen Unsicherheiten und hohen Kosten verbunden. Laut der Plattform Clean Energy Wire schließen die meisten Experten einen großflächigen Einsatz von Fusion vor Mitte des Jahrhunderts aus.

Weitere Titel, die aus dem Kernhaushalt in den KTF wandern, sind zum Beispiel die Finanzierung der wissenschaftlichen Begleitung des Klimaschutzgesetzes oder Finanzhilfen für die Länder für Investitionen in den Radverkehr. Die Ausgabe dafür liegt bei 281 Millionen Euro und wurde zuvor vom Verkehrsministerium bezahlt. Dass eine Förderung der emissionsfreien Mobilität dem Klimaschutz dienen kann, dürften auch Klimaschutzexperten nicht bezweifeln. „Zusätzlich“, wie im KTF-Gesetz gefordert, sind die Ausgaben allerdings nicht. Sie wurden lediglich aus dem Kernhaushalt in den KTF verschoben.

Auf Anfrage von CORRECTIV schreibt das Finanzministerium, es sei das Ziel der Bundesregierung, den KTF zu stärken und „Impulse für Investitionen zu setzen“. Einzelne Titel aus dem Kernhaushalt seien in den KTF überführt worden, damit der KTF „einen Beitrag zur Aufstellung des Kernhaushaltes leiste“. Um längerfristige Planungssicherheit herzustellen, wolle man klimabezogene Programme im KTF bündeln.

Unternehmen werden mit KTF-Geldern entlastet

Die Regierung hat außerdem kostspielige Änderungen am KTF vorgenommen, die Verbraucher bei hohen Energiekosten entlasten sollen. Zu diesem Zweck soll ab nächstem Jahr laut Niklas Illenseer vom Forschungsinstitut Dezernat Zukunft circa ein Viertel des Budgets des KTF verwendet werden. „Dadurch verschiebt sich der Fokus des KTF“, sagt Illenseer. Insgesamt würden fast zwanzig Prozent weniger für Investitionen und über ein Drittel mehr für Zuschüsse ohne Investitionen ausgegeben, so das Ergebnis von Illenseers Berechnungen.

Zuschüsse ohne Investitionen sind zum Beispiel die KTF-Gelder für die vier Unternehmen, die in Deutschland die Stromnetze betreiben. Sie sollen im kommenden Jahr 6,5 Milliarden Euro aus dem KTF bekommen. Die Idee der Regierung ist, dass so am Ende auch der Strompreis sinkt. Die Verbraucherzentrale kritisiert jedoch, dass der Zuschuss zu den Übertragungsnetzkosten „vor allem großen Industriebetrieben zugute komme“. Verbraucherinnen und Verbraucher würden nur sehr gering und je nach Wohnort in unterschiedlichem Ausmaß entlastet.

„Grundsätzlich ist eine Entlastung der Verbraucher bei hohen Energiekosten positiv einzuordnen – auch im Sinne des Klimaschutzes“, sagt Niklas Illenseer. Ob das Geld dafür aber langfristig ausgerechnet aus dem KTF genommen werden muss, hält er für fraglich. Besser wäre es seiner Meinung nach, diese Gelder dann für strukturelle Maßnahmen wie den Ausbau von erneuerbaren Energien zu verwenden, um den KTF nicht dauerhaft mit wenig zielgerichteten Zuschüssen zu belasten.

Regierung weicht KTF in den letzten Monaten auf

Dass Verbraucher mit Geldern aus dem KTF entlastet werden, ist möglich, weil die Regierung die Definition des KTF in diesem Jahr aufgeweicht hat. Es geht zwar nur um ein paar Worte, die im KTF-Gesetz hinzugefügt wurden. Seit diesem Jahr steht dort, dass die KTF-Gelder für Ausgleichszahlungen genutzt werden können, um beim „Strompreis und beim Gaspreis“ zu entlasten.

Doch diese Änderung im Gesetzestext hat in diesem Jahr eine fossile Subvention ermöglicht. Die Gasspeicherumlage wird mit 3,4 Milliarden aus dem KTF bezahlt. Mit diesem Geld werden deutsche Gasspeicher befüllt. Bisher wurden die Kosten dafür auf die privaten Verbraucher umgelegt – nun zahlt der KTF. De facto wird damit der Verbrauch von klimaschädlichem Erdgas bezuschusst.

Zum Vergleich: Für Batterieforschung – eine Investition also, die dem ursprünglichen Gedanken des KTF für mehr Klimaschutz ziemlich nahe kommen sollte – zahlt die Regierung 2026 nur 227 Millionen Euro.

Finanzierung des KTF in Gefahr

Auch die Berichterstatterin für den KTF der Grünen, Katrin Uhlig, kritisiert die neuen Belastungen, die die Bundesregierung plant: „Ministerin Reiche verschläft die Chance, Wirtschaftspolitik und Klimaschutz zusammenzudenken“. Im KTF fehle das Geld genau dort, wo es dringend gebraucht würde: „Für die Dekarbonisierung zentraler Wirtschaftszweige, eine deutliche Stärkung der Klimaschutzverträge und des natürlichen Klimaschutzes, den Aufbau grüner Leitmärkte und den Hochlauf von Wasserstoff“, sagt Uhlig.

Dass die Bundesregierung den KTF zusätzlich belastet, kommt zu besonders ungünstigen Zeiten. Denn ein Standbein der Finanzierung des KTF steht auf europäischer Ebene gerade unter Beschuss. Mehrere Mitgliedstaaten wollen den europäischen Emissionshandel abschwächen. Da der Emissionshandel einen Teil der Einnahmen des KTF ausmacht, drohen dem Fonds langfristig Einnahmen wegzubrechen.

Der Ökonom Niklas Illenseer sieht die Probleme beim KTF jedoch nicht nur auf finanzieller Ebene: „Der KTF scheitert nicht nur am Geld, sondern an Fehlsteuerung und mangelnder Umsetzung: Er wird mit zusätzlichen Ausgaben belastet, Mittel fließen nur zu rund der Hälfte ab, und zugleich wird an seiner langfristigen Einnahmebasis aus dem europäischen Emissionshandel gesägt.“ Dadurch werde die Finanzierung des deutschen Klimaschutzes gefährdet. „Abhilfe schafft nur eine Strukturreform: Den KTF strategisch ausrichten, Förderprogramme effizienter gestalten, Planbarkeit schaffen“, sagt Illenseer.

In dieser Woche starten die letzten Verhandlungen zum Haushalt 2026. Mitte Dezember soll er verabschiedet werden. Bislang gibt es keine politischen Signale, die darauf hindeuten, dass am Wirtschaftsplan des KTF für das kommende Jahr noch viel verändert wird. Damit wird die Aufweichung des KTF für das kommende Jahr voraussichtlich besiegelt.

Redigat und Faktencheck: Marius Münstermann
Redaktion: Ulrich Kraetzer