Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters

Diese für Audio optimierte Kompaktfassung des täglichen Spotlight-Newsletters ist von einer KI-Stimme eingelesen und von Redakteuren erstellt und geprüft.

Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser, 

heute geht es hier um Altkanzler Gerhard Schröder von der SPD. Vielleicht erinnern Sie sich: Schröder verstand sich sehr gut mit Wladimir Putin – und er spielte offenbar eine Schlüsselrolle dabei, dass wir Deutschen in die Energieabhängigkeit von Russland geraten sind, deren Folgen wir heute spüren.

Was steckt hinter dem Türchen? Ähnlich verborgen wie in diesem Adventskalender sind die Akten aus der Amtszeit Gerhard Schröders als Bundeskanzler, in denen es auch um dessen Verhältnis zu Putin gehen dürfte. Quelle: picture alliance / SZ Photo | Olaf Schülke

Unser freier Reporter Hans-Martin Tillack wollte genau wissen, welche Energie-Deals Schröder und Putin damals miteinander aushandelten. Tillack beantragte Akteneinsicht – und erlebte eine Überraschung: Das Kanzleramt hat die Akten nicht mehr. Was er dann bei seiner Recherche Erstaunliches erfuhr, lesen Sie im Thema des Tages.

Außerdem im SPOTLIGHT: Haben Sie mitbekommen, dass es kürzlich eine Anschlags-Drohung gegen 20 Berliner Schulen gab – die sich als Fake herausstellte? Unser Faktencheck-Team hat herausgefunden: Dahinter steckt ein Muster, das auch in Russland und der Ukraine bereits bekannt ist.

Und: Journalisten der Nachrichtenagentur Bloomberg haben ermittelt, wie die USA und Russland hinter den Kulissen offenbar den umstrittenen Friedens-Deal für die Ukraine eingefädelt haben. Mehr im „Tag auf einen Blick“.

Ich hoffe, Sie hatten einen erfolgreichen Tag! Was denken Sie über Schröders abhanden gekommene Akten? Schreiben Sie es mir: anette.dowideit@correctiv.org.

Thema des Tages: 178 Aktenordner voller Schröder

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

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CORRECTIV-Werkbank: Die Brandmauer oder warum es diese Woche mal wieder „Klick“ bei mir gemacht hat

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Die Aktenordner enthalten Informationen zu Terminen, die Schröder als Kanzler wahrnahm, Gesprächsvermerke, Notizen.

Wir von CORRECTIV würden die Akten gern einsehen – denn sie könnten auch Auskunft über das Verhältnis zwischen Schröder und Russlands Präsident Wladimir Putin geben. Das wiederum ist wichtig für die Beantwortung der Frage, wie Deutschland in die jetzige energiepolitische Abhängigkeit von Russland geriet. Was besprachen die beiden zum Beispiel zum Thema Nord Stream 2?

Doch: So leicht kommt man nicht an die Akten ran.

Sie verstanden sich prächtig: Gerhard Schröder, von 1998 bis 2005 Bundeskanzler, und der russische Präsident Wladimir Putin. Das Foto wurde 2009 aufgenommen. Quelle: picture alliance / dpa | Mudrats Alexandra

Was ist das Problem?
Reporter Hans-Martin Tillack hatte vor einiger Zeit beim Kanzleramt Einsicht in die Akten beantragt. Das Amt teilte ihm mit: Das gehe nicht, denn die Akten seien nicht mehr da.

Schröder hatte sie mitgenommen – in sein Altkanzler-Büro, das sich bis Mitte dieses Jahres in den Räumlichkeiten des Bundestags befand. Das lässt Assoziationen an US-Präsident Donald Trump aufkommen – der nämlich hatte zum Ende seiner ersten Amtszeit riesige Aktenberge in sein Privatanwesen in Mar-a-Lago in Florida abtransportiert. Und auch Ex-Präsident Joe Biden nahm in seiner Zeit als Vizepräsident Akten mit.

Auch Schröder hätte die Akten eigentlich nicht in sein Büro mitnehmen dürfen.

Dann aber passierte auch noch Folgendes:
Im Juni dieses Jahres wurde sein Altkanzler-Büro aufgelöst. Und die 178 Aktenordner? 

Die wurden, wie uns das Bundespresseamt nun mitteilte, in die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung verfrachtet. Dort schlummern sie nun – und es ist nicht klar, ob wir von CORRECTIV oder andere Journalisten nun hineinschauen können. 

Und das, obwohl das Informationsfreiheitsgesetz vorsieht, dass Medienschaffende (ebenso wie Bürgerinnen und Bürger) durch Akteneinsicht nachlesen dürfen, was genau unsere Volksvertreter in unserem Auftrag gemacht haben.

Wir haben nun die Friedrich-Ebert-Stiftung gebeten, uns ihre Räumlichkeiten zu öffnen und uns Einsicht in die Akten nehmen zu lassen. Eine Antwort steht noch aus. Wir erwägen jetzt außerdem eine Klage gegen das verantwortliche Kanzleramt, denn dort ist man für das Verfrachten der wichtigen Schriftstücke verantwortlich.

War das Vorgehen legal?
Das ist nicht ganz klar. Der Berliner Anwalt Christoph Partsch, der sich seit langem mit dem Umgang ehemaliger Regierungsmitglieder mit Akten beschäftigt, meint: Es könnte sich hier um eine Straftat handeln.

Wofür der Fall steht:
Immer wieder kommen in Deutschland Informationen weg, die das Handeln von Ministern oder Regierungschefs dokumentieren. 

Wir haben dies zuletzt im Sommer in einer Recherche gezeigt: Auch die letzte Bundesregierung, die Ampel, löschte offenbar in großem Stil E-Mails und andere Dokumentationen. Und das, obwohl das Bundesarchiv in Koblenz (die dafür zuständige Behörde) immer wieder gebetsmühlenartig warnt: Bitte nicht löschen!

Ohne diese Dokumente aber können viele potenzielle Skandale nicht aufgeklärt werden. Ein Beispiel: Als wir von CORRECTIV vor ein paar Monaten recherchierten, wie es wohl genau dazu kam, dass zwei Freunde von Jens Spahn zu dessen Zeit als Gesundheitsminister hochrangige Posten bekamen, teilte uns das Ministerium mit: Hierzu lägen ihm keine Aufzeichnungen vor.

Bundestagsverwaltung löst Stabsstelle für Bürgerräte auf 
Die Ampelregierung hatte den ersten Bürgerrat ins Leben gerufen. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner stand der Idee kritisch gegenüber. Nun hat die Bundestagsverwaltung die entsprechende Stabsstelle aufgelöst. Die SPD will dennoch an dem Format festhalten. 
zeit.de

Thüringen: Extremisten können von juristischen Ausbildungen ausgeschlossen werden
Eine Klage der AfD-Landtagsfraktion in Thüringen wurde vom Thüringer Verfassungsgerichtshof endgültig abgewiesen. Demnach darf der Freistaat Personen, die gegen die Demokratie agieren, von juristischen Ausbildungen ausschließen.
mdr.de

Recherche: Überlebende berichten von Misshandlungen durch RSF-Miliz 
Eine Recherche von Amnesty International zeigt, was Geflohene aus Al-Faschir im sudanesischen Bundesstaat Nord-Darfur erlebt haben – und welchen Gewalttaten sie durch RSF-Kämpfer ausgesetzt waren. Überlebende erzählen von Tötungen, Misshandlungen und Vergewaltigungen. 
amnesty.at

Ausschnitt einer Anschlagsdrohung gegen Berliner Schulen auf Telegram mit Bild einer Waffe
Der russische Satz, übersetzt „Wir sagen gleich, wohin wir gehen“, taucht in einer Reihe von Anschlagsdrohungen gegen Schulen auf. So auch im aktuellen Fall in Berlin. (Quelle: Telegram; Screenshot und Collage: Ivo Mayr / CORRECTIV)

So geht’s auch
Im Falle eines Unfalles sollen Airbags, Gurte und weitere Sicherheitssysteme vor Verletzungen schützen. Doch sie haben ein Problem: Sie sind auf den durchschnittlichen Mann der 1970er zugeschnitten. Die Designs der noch immer üblichen Crashtest-Dummies stammen nämlich aus dieser Zeit. Dadurch ist das Verletzungsrisiko für Frauen deutlich höher als für Männer. In den USA soll ein neuer Dummy, der den weiblichen Körper abbildet, das nun ändern.
wdr.de   


Diese Woche machte es aber mal wieder „Klick“. Der Verband der Familienunternehmer ließ offiziell die Brandmauer gegen die AfD fallen. Politiker dieser in weiten Teilen rechtsextremen Partei sollen künftig eingeladen und „inhaltlich gestellt“ werden, sagt die Präsidentin des Lobbyverbandes, Marie-Christine Ostermann. Ihr Name ließ bei mir Puzzleteile aufblitzen. Die oft zitierte Lebensmittelgroßhändlerin sitzt nämlich auch im Beirat der Denkfabrik R21.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Maximilian Billhardt, Till Eckert, Sebastian Haupt, Ulrich Kraetzer und Jule Scharun.