Gesellschaft

Nein, Netto verkauft Schoko-Weihnachtsmänner nicht als „Jahresendfiguren“

Wie jedes Jahr vor Weihnachten kursiert auch dieses Jahr wieder die Behauptung, Supermärkte würden traditionelle Weihnachtsprodukte unter neutralen Namen vertreiben. Das Narrativ und die Falschmeldung zu den Weihnachtsmännern sind nicht neu.

von Cristina Helberg

weihnachtsmänner
Das Foto aus dem Facebook-Beitrag kursiert mindestens seit 2017 (Screenshot: CORRECTIV).
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Falsch. Beide deutschen Netto-Supermarktketten haben das Preisschild dementiert. Bei einem stichprobenartigen Besuch eines Marktes in Düsseldorf fanden wir die Bezeichnung „Weihnachtsmann“ vor.

Gehen christliche Traditionen verloren, weil Menschen mit anderen Religionen in Deutschland leben? Besonders vor christlichen Feiertagen und Festen versuchen Webseiten im Netz immer wieder dieses Narrativ zu verbreiten. In diesem Fall veröffentlichte ein Facebook-Nutzer am 17. November ein Bild von Schoko-Weihnachtsmännern in einem Einkaufsregal. Auf dem Preisschild steht als Warenbezeichnung angeblich „Jahresendfigur“. Zu dem Bild schrieb er den Kommentar: „Neu bei Netto“. Der Beitrag wurde bisher mehr als 350 Mal geteilt. 

Wir haben den Beitrag überprüft. 

Der Facebook-Beitrag vom 17. November 2019 (Screenshot: CORRECTIV).

Netto und Lindt dementieren die Bezeichnung „Jahresendfigur“

Den Namen „Netto“ führen in Deutschland zwei Supermarktketten: Netto Marken-Discount AG & Co. KG mit rot-gelbem Schriftzug und Netto ApS & Co. KG mit schwarzem Schriftzug und Hunde-Logo. Auf eine Presseanfrage von CORRECTIV haben beide Unternehmen dementiert, dass das Preisschild von ihnen stammt 

Die vom letzteren Markt beauftragte Agentur Public Link antwortete: „Das Preisschild stammt nicht von unserem Kunden Netto ApS & Co. KG.“ Christina Stylianou, Leiterin der Unternehmenskommunikation von Netto Marken-Discount AG & Co. KG, antwortete auf unsere Anfrage: „Die Schokoladenweihnachtsmänner unserer beliebten Eigenmarke Santa Claus in town als auch die Markenprodukte der Firma Lindt werden bei uns unter der Bezeichnung ‘Weihnachtsmann’ geführt.“

Auch Lindt selbst hat sich auf unsere Presseanfrage von der Bezeichnung „Jahresendfigur“ distanziert: „Wir bieten dieses Produkt als ‘Lindt Weihnachtsmann’ an. Der Lindt Weihnachtsmann ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil unseres Weihnachtssortiments und es ist nicht geplant, unseren […] beliebten Weihnachtsmann umzubenennen. Die Bezeichnung des Produktes auf dem Preisschild im Lebensmitteleinzelhandel ist in der Verantwortung des Händlers.“ 

Wir haben den Barcode geprüft 

Um die Angaben zu prüfen, haben wir den Barcode, der in dem Facebook-Beitrag zu sehen ist, mit der App „CodeCheck“ eingescannt. Die Produktbeschreibung in der App lautet: „Lindt, Weihnachtsmann“. 

Produktbeschreibung des Barcodes aus dem Facebook-Beitrags in der App „CodeCheck“ (Screenshot: CORRECTIV).

Außerdem haben wir am 20. November stichprobenartig das Preisschild für Weihnachtsmänner in einem Netto Marken-Discount AG & Co. KG-Supermarkt in Düsseldorf überprüft. Dort wird die Schokoladenfigur zum selben Preis ebenfalls als „Weihnachtsmann“ bezeichnet. 

Preisschild in einem Netto-Markt in Düsseldorf am 20. November 2019 (Foto: CORRECTIV).

Rechtes Narrativ: Traditionelle Weihnachtsprodukte werden angeblich neutral umbenannt

Das Bild samt der Behauptung ist nicht neu. Die Faktenchecker von Mimikama berichteten bereits im Dezember 2017 darüber. In das Narrativ, das mit solchen Meldungen genährt werden soll, passen auch andere Falschmeldungen aus den vergangenen Jahren. Die Botschaft ist immer dieselbe: Traditionelle deutsche Produkte und christliche Traditionen werden angeblich aus Rücksicht auf Andersgläubige neutral umbenannt. 

Debatten gab es im November 2017 um eine Weihnachtsstern-Pflanze, die angeblich in „Liebesstern“ umbenannt wurde. Auch das war falsch, wie Mimikama damals recherchierte. Dieses Jahr griffen rechte Internetseiten das Thema wieder auf, wie Recherchen des Bayerischen Rundfunks zeigen. 

Im November 2018 haben wir in einem Faktencheck erklärt, dass die Grünen entgegen anderer Behauptungen nie forderten, den Namen des Nikolaus in „Zipfelmützenmann” zu ändern. Weihnachten sollte auch nicht abgeschafft werden, als die Stadt Elmshorst ihren traditionellen Weihnachtsmarkt im selben Monat als „Lichtermarkt“ ankündigte. 

Schoko-Osterhasen gerieten ebenfalls schon in den Fokus, weil sie auf Kassenbons als „Traditionshasen“ gelistet wurden. Was dahinter steckte, haben wir in diesem Faktencheck im März 2018 aufgeschrieben. Und auch die christliche Bezeichnung „Pfingstrose“ sollte nicht von Blumenläden in „Traditionsrose“ umbenannt werden, wie eine Seite im Mai 2018 behauptete. 

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