Medizin und Gesundheit

Falsche Behauptungen über Ebola-Kranke, die nach Deutschland evakuiert werden sollen

Es gibt reißerische Behauptungen darüber, dass Ebola-Patienten nach Deutschland evakuiert werden sollen. Angeblich koste ein Patient den deutschen Steuerzahler zwei Millionen Euro, und angeblich drohe eine Masseninfektion. Beides ist nicht richtig.

von Tania Röttger

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Im Jahr 2014 stand Deutschland das Evakuierungssystem der eigens ausgestatteten Robert-Koch-Maschine zur Verfügung. Das wurde laut Medienberichten aber nach zehn Monaten aufgegeben. Nun soll ein neues, langfristiges Transportsystem für Ebola-Patienten her. (Foto: Cuneyt Karadag / picture alliance / AA)
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Falsch. Es gibt Pläne, deutsche Helfer, die sich mit hochansteckenden Krankheiten infiziert haben, nach Deutschland zu evakuieren. Die Behauptungen, ein Ebola-Patient koste zwei Millionen Euro und das Evakuierungsprogramm solle in Deutschland für Masseninfektion sorgen, sind falsch.

Am 6. Januar erschienen mehrere Berichte über ein Vorhaben des Auswärtigen Amtes und von Außenminister Heiko Maas: Demnach sollen Ebola-Kranke aus dem Kongo nach Deutschland evakuiert werden.

Die Webseite PI-News behauptete dazu: „Ein Patient kostet unser Gesundheitssystem rund zwei Millionen Euro“. Die Webseite Anonymous News meint, den Grund für die Pläne gefunden zu haben: „Heiko Maas will für Massen-Ebola-Infektion in Deutschland sorgen“. Beide Artikel wurden laut dem Analysetool Crowdtangle je mehr als 1.000 Mal auf Facebook geteilt.

Wir haben recherchiert, was hinter der Geschichte steckt: Tatsächlich gibt es Pläne, an Ebola erkrankte Menschen zur Behandlung nach Deutschland zu evakuieren – und zwar deutsche Ärzte und Helfer. Außerdem geht es darum, ein sicheres Transportsystem für die Patienten zu bauen. Die zwei zusätzlichen Behauptungen von PI-News und Anonymous News sind jedoch falsch. 

Die Artikel von PI-News (links) und Anonymous News (rechts). (Screenshots: CORRECTIV)

Zunächst hatte der Spiegel am 3. Januar berichtet, das Auswärtige Amt bereite eine „Evakuierung von Ebola-Kranken“ vor. Ein Sprecher der Behörde bestätigte den Bericht auf der Regierungspressekonferenz am selben Tag. Dabei betonte er aber, es gehe um ein spezielles Transportsystem für die Evakuierung von Erkrankten. Andere Medien übernahmen die Meldung und manche, wie PI-News und Anonymous News, fügten ihr einen speziellen Dreh hinzu.

Protokoll der Regierungspressekonferenz vom 3. Januar 2020. (Screenshot und Markierung: CORRECTIV)

Transportsystem soll Ebola-Masseninfektion verhindern

Die Behauptung, das Außenministerium wolle für eine Masseninfektion mit Ebola in Deutschland sorgen, leitet Anonymous News nur davon ab, dass es ein System für den Transport von Infizierten geben soll. Tatsächlich soll das System gerade verhindern, dass andere auf dem Transportweg der Patienten infiziert werden. 

Das Projekt soll die Evakuierungsmöglichkeiten ergänzen, die das Amt für jede Art von Deutschen Helfern im Ausland habe. In Europa gebe es im Moment kein System, um infizierte Helfer zu evakuieren, heißt es auf Anfrage von CORRECTIV aus dem Auswärtigen Amt. Nun will Deutschland ein eigenes bauen – die EU habe in Aussicht gestellt, das zu finanzieren. Ebola-Patienten seien nur ein Beispiel, für wen das System genutzt werden könnte.

Wer soll evakuiert werden?

Anonymous News behauptet außerdem, es sollen „kranke Afrikaner“ geholt werden. Auf die Frage, für wen das System gebaut werde, teilt das Auswärtigen Amt mit: Primär deutsche Helfer. Auch im ursprünglichen Spiegel-Artikel steht: „Deutsche mit gefährlichen Infektionskrankheiten sollen […] aus Krisenregionen ausgeflogen werden“.

Die Spiegel-Meldung machte klar, dass die Maßnahmen deutschen Helfern zugutekommen sollen. (Screenshot und Markierung: CORRECTIV)

Und wenn die Transportmodule gebaut sind, will Deutschland sie auch anderen europäischen Ländern oder Organisationen zur Verfügung stellen. Der Pressesprecher nannte auf der Bundespressekonferenz die Weltgesundheitsorganisation WHO als Beispiel.

Protokoll der Regierungspressekonferenz vom 3. Januar 2020. (Screenshot und Markierung: CORRECTIV)

Nein, keine zwei Millionen Euro pro Patient und nein, Deutsche sollen nicht zahlen

Die Behauptung, ein Ebola-Patient koste zwei Millionen Euro, belegt PI-News mit einem eigenen Artikel aus dem Jahr 2014. Dieser Artikel beruht wiederum auf einer Spiegel-Meldung vom 19. Oktober 2014. Demnach waren die Kosten für die Behandlung eines Ebola-Patienten im Uniklinikum Hamburg-Eppendorf zunächst auf 300.000 Euro geschätzt worden, „nach Spiegel-Informationen könnten sie sich auf insgesamt rund zwei Millionen Euro summieren“, hieß es in dem Artikel. 

Wir haben bei der Hamburger Klinik nachgefragt, wie hoch die Kosten tatsächlich waren und wer sie gezahlt hat. Von dort kam die Antwort, dass es 300.000 Euro gewesen seien – nicht die spekulierten zwei Millionen Euro. Sprecherin Saskia Lemm schrieb uns per E-Mail: „Woher die Schätzung aus der Berichterstattung kommt, ist mir nicht bekannt. Die Behandlungskosten lagen bei rund 300.000 Euro und wurden größtenteils von der WHO übernommen.“

E-Mail des Klinikums, in dem im Jahr 2014 ein Ebola-Patient behandelt wurde. (Screenshot: CORRECTIV)

Wir haben auch das Auswärtige Amt gefragt, mit welchen Behandlungskosten es für die künftig Evakuierten rechnet. Als Antwort kam keine konkrete Zahl. Man teilte uns aber mit: „Die Kosten eines solchen Transports trägt grundsätzlich die anfragende Person oder Institution. In der Regel haben die Betroffenen eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen, die auch die Kosten für eine Rückholung übernimmt.“