Trumps Wahlkampfleiter brüstet sich mit Beeinflussung des australischen Wahlkampfs – australische Partei dementiert
CORRECTIV und CCR dokumentieren, wie Trumps Wahlkampfleiter heimliche Strategieberatung für Australiens Konservative behauptet – mitten im Wahlkampf, in dem Parteichef Dutton sich von Trump-Vergleichen öffentlich distanziert.

Chris LaCivita, der 2024 Donald Trumps Wahlkampf co-leitete, behauptete gegenüber CORRECTIV und dem Center for Climate Reporting, er habe die australische Liberale Partei heimlich beraten. Das sagte er während mehrerer Gespräche mit verdeckten Reportern der beiden Medien, bei denen er ein detailliertes MAGA-Wahlkampf-Drehbuch vorlegte.
Auf Anfrage von CORRECTIV und auch vom Guardian Australien, der über die Recherche berichtet, reagierte LaCivita nicht. Ein Sprecher der Liberalen Partei schrieb: „Herr LaCivita berät die Koalitionskampagne nicht, hat sie niemals beraten und ist in keiner Weise daran beteiligt. Herr Dutton hat ihn nicht getroffen.“ Die Koalitionskampagne ist eine Allianz zwischen der Liberal Party und der National Party.
Stimmt die Schilderung von LaCivita, würde dies bedeuten, dass ein prominenter Vertreter von Trumps MAGA-Bewegung verdeckt den australischen Wahlkampf unterstützt hätte – obwohl der Spitzenkandidat der Liberalen Partei eine Nähe zu Trumps Lager bislang strikt dementierte.
LaCivita, der Donald Trumps Wahlsieg 2024 eingefädelt haben soll, behauptete in den Gesprächen, die konservative Liberale Partei vor den anstehenden australischen Parlamentswahlen strategisch beraten zu haben. Dies sei heimlich passiert, die australische Öffentlichkeit solle davon nichts erfahren. Das geht aus mehreren dokumentierten Videokonferenzen hervor, die CORRECTIV und dem Centre for Climate Reporting (CCR) vorliegen.
Trumps Wahlkampfstratege gesteht geheime Beratung australischer Konservativer
Der Trump-Manager sagte weiter, er habe den Australiern „bei strukturellen Problemen“ geholfen. Wie schon bei den Parlamentswahlen in Kanada bei den dortigen Konservativen zu Beginn dieser Woche waren auch im Wahlkampf der australischen Liberalen ideologische Ähnlichkeiten zu Trump erkennbar geworden – was zu Vorwürfen gegen den Parteivorsitzenden Peter Dutton geführt hatte. Eine Nähe zu Trump hatte sich für die australischen „Liberals“ als wahltaktische Belastung erwiesen, da der Liberalen Partei vorgeworfen wurde, Trumps Taktik zu übernehmen.
Der Parteivorsitzende Peter Dutton versprach während des Wahlkampfs, „verschwenderische“ Ausgaben unter anderem im Gesundheits- und Bildungswesen sowie 41.000 Stellen im öffentlichen Dienst zu streichen und einen Kulturkrieg anzuzetteln, indem er den Fernsehsender ABC und die Zeitung Guardian als „Hassmedien“ bezeichnete. Er kritisierte zudem „woke“-Geschäftsmodelle von Unternehmen und versprach, die Flaggen indigener Völker aus den Pressekonferenzen der Regierung zu verbannen.
Im abschließenden TV-Duell wies Dutton Vergleiche mit Trump mit dem Argument zurück, er habe nicht versucht „irgendwer anders als er selbst zu sein“.
MAGA-Taktiken im Ausland: Einflussnahme auf australischen Wahlkampf
Bei einer Reihe von Treffen mit verdeckten Reportern, die sich als potenzielle Kunden ausgaben, behauptete Trump-Berater LaCivita jedoch, er habe die Liberalen diskret beraten, insbesondere in Bezug auf Dutton. „Ich war vor zwei Wochen in Australien, um der dortigen Liberalen Partei bei einigen strukturellen Problemen zu helfen, die sie mit Peter Dutton hatten“, sagte LaCivita, „Die Dinge scheinen sich dort in die richtige Richtung zu bewegen.“
LaCivita sagte dies am 16. April, was bedeutet: Stimmen seine Schilderungen, beriet er die Liberale Partei, als der offizielle Wahlkampf gerade begann.
LaCivita erklärte in einer zweiten Videokonferenz auch, dass er gerne „diskret arbeitet“, um sich der Öffentlichkeit zu entziehen und „ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit zu bewahren“, und fügte hinzu, dass die australische Öffentlichkeit trotz seines Besuchs „nie wusste, dass ich da war“.
CORRECTIV und CCR haben sich als europäische Politikberater ausgegeben und sich mit LaCivita und seinem Geschäftspartner Terry Nelson getroffen. Die beiden Kampagnenprofis stellten ihr Konzept vor, wie man im Stil Donald Trumps Wahlen gewinnt. Quasi das „Make Amerika Great Again“-Drehbuch.
Das Drehbuch für den MAGA-Wahlkampf
LaCivita erklärte, dass seine Beratungstätigkeit nicht nur geschäftlich, sondern auch ideologisch sei: Europas „sozialistische, kommunistische“ Wirtschafts-, Migrations- und Klimaneutralitäts-Politik sei „eine Ideologie, die gebrochen werden muss, weil sie das Kollektiv über das Individuum stellt… das ist Ihr Feindbild“.
In den Gesprächen riet er im europäischen Kontext zu einem radikalen Bruch mit der traditionellen Mitte-Rechts-Politik und erklärte, dass man, um erfolgreich zu sein, „sehr viel Porzellan zerschlagen“ müsse. Konkret bedeute dies, dass man in der Migrationsfrage eine deutlich härtere Gangart einschlagen und mit rechtsradikalen Parteien zusammenarbeiten müsse.
US-Strategen empfehlen harte Linie: Migration, Medienfeindbilder, „Woke“-Kampf
LaCivita riet im Verlauf des Gesprächs auch, die Opfer von Migrantenkriminalität ins Fernsehen zu bringen: „Die Geschichte aus der Perspektive der Opfer oder ihrer Angehörigen zu erzählen, ist sehr wichtig, denn das ist eine emotionale Geschichte. Es macht einen großen Unterschied, ob eine trauernde Witwe oder Mutter erzählt, wen sie durch Politiker verloren hat – oder ob ein Politiker die Geschichte […] erzählt.“
„Solange die Zuwanderung nicht kontrolliert wird, gibt es kein Problem. Dann besteht für illegale Einwanderer die Möglichkeit, Verbrechen zu begehen“, fügte LaCivitas Kollege Terry Nelson hinzu.
Diese Argumentation beruht offensichtlich auf deren Erfahrung in den USA, denn LaCivita leitete eine Kampagne die Einwanderung als Hauptthema des US-Präsidentschaftswahlkampfs hatte. Trump selbst war offenbar für die stark verbreitete Aussage verantwortlich – „Sie essen die Hunde? Nein, nein, nein, nein. Das war überhaupt nicht geplant. Er hat es verinnerlicht und es kam einfach so aus seinem Mund.“
Rechtsradikale Verschwörungsnarrative als Wahlkampfstrategie legitimiert
LaCivita brachte im Gespräch zur Strategie im Europäischen Kontext auch dabei seine zivilsationstheoretische Sicht ein: „Die Biden-Regierung hat fünftausend Menschen aus Haiti genommen und sie mitten in [Iowa] umgesiedelt, in eine Stadt, nur um sie umzugestalten und neu zu formen… Ich meine, das ist wie das, was die Chinesen tun. Sie haben da strategisch langfristig geplant, indem sie verschiedene Gruppen gezielt platziert haben.“
Die Theorie des „Großen Austauschs“ ist eine rechtsradikale Verschwörungserzählung: Einwanderung sei ein rassistisch motiviertes Komplott, um weiße Gruppen im Westen zu entrechten. Der Kollege von LaCivita, Terry Nelson, warnte jedoch vor diesem Konzept: „Selbst in den USA ist diese Art von Argumentation im Zusammenhang mit der ‚Theorie des großen Austauschs‘ äußerst umstritten. So etwas würde man normalerweise nicht im Rahmen eines Wahlkampfs einsetzen.“
Entgegen der Behauptung von LaCivita, dass sich „die Dinge [in Australien] irgendwie in die richtige Richtung zu bewegen scheinen“ und dass die globale Welle der harten Rechten „so oder so“ kommen wird, gibt es immer mehr Anzeichen dafür, dass dieses Konzept außerhalb der Vereinigten Staaten unpopulär ist. Die Politik der zweiten Trump-Regierung hat die Umfragewerte der Liberalen Partei in Australien in den Keller gedrückt. In Umfragen liegt die Partei nun einige Punkte hinter der Labour-Partei und hat damit ihren Vorsprung vom Jahresanfang wieder eingebüßt.
Anfang dieses Jahres wurde berichtet, dass LaCivita die konservative Demokratische Partei Albaniens bei ihrer Wahlkampfstrategie berät. Laut LaCivita sei Albanien „ein Ort, an dem amerikanische Einmischung in Wahlen gewünscht ist – überall sonst eher nicht.“
Mitarbeit: Shammi Haque, Redaktion: Anette Dowideit, Faktencheck: Gabriela Keller
Dieser Artikel basiert auf einer gemeinsamen Recherche mit dem Center for Climate Reporting und erscheint in ähnlicher Weise auf ihrer Webseite.