Klimawandel

Klimaleugner im Höhenflug

Während die Klimakrise weltweit eskaliert, verschwindet das Thema aus der öffentlichen Debatte. Was dabei übersehen wird: Rechtskonservative vereinnahmen es zunehmend für sich – mit Unterstützung aus dem Trump-Lager.

von Elena Kolb

klima-wandel-leugner-maga
Das US-amerikanischen MAGA-Lager verleiht auch Klimaleugner-Netzwerken in Europa Aufschwung (Collage: Ivo Mayr/CORRECTIV; Fotos: picture alliance, unsplash.com)

Mehr CO₂ sei gesund für den Planeten, denn es mache die Erde grüner. Die Organisation, die solche irreführenden Aussagen verbreitet, geriet durch Donald Trumps Sieg in Euphorie. Die sogenannte CO₂-Coalition feiert ihn und die Nominierung seiner Minister: Denn dadurch sitzen Verharmloser der Klimakrise an den mächtigsten politischen Hebeln der Welt. Immer schamloser greift die Politik Argumente aus dem Klimaleugner-Kosmos auf.

Auch rechtskonservative Netzwerke in Europa, die sich bisher hauptsächlich über Themen wie Migrationsbegrenzung oder Gender-Kritik profilierten, nehmen zunehmend Klima und Energie ins Visier. Sie verbreiten Unwahrheiten und stellen den Klimawandel als eine Glaubensfrage dar. Klima sei eine „Ideologie“ oder eine „Angelegenheit der Linken“. Gezielt attackieren rechtskonservative Akteure Klimaschutz-Gesetze wie den European Green Deal und diffamieren sie als „Sozialismus“. Nicht zuletzt stecken dahinter auch fossile Profitinteressen.

Weißes Haus gegen Klimaschutz

Nahezu täglich verkündet Trump seit seiner Amtseinführung politische Veränderungen, die dem globalen Kampf gegen die Klimakrise schaden. Er setzt auf den Abbau von Klimaschutzmaßnahmen und die Förderung von fossilen Energien. Schon an seinem ersten Amtstag kündigte er an, dass die USA abermals aus dem Pariser Klimaabkommen austreten werden. Nun will die US-Umweltbehörde ein Urteil ignorieren, das Treibhausgase als klimaschädlich bestätigt.

Hinter Trump steht das MAGA-Lager (Make America Great Again), das die Klimakrise weitgehend verharmlost. Besonders einflussreich ist darin die Heritage Foundation. Die Organisation veröffentlichte im vergangenen Jahr das Project 2025, eine radikale Anleitung für den Umbau der US-Regierung. Viele Vorschläge daraus setzte Trump tatsächlich um.

Ein Kapitel in „Project 2025“ befasste sich mit der US-Umweltschutzbehörde (EPA). Die Autorin wird als Architektin des US-Austritts aus dem Pariser Klimaabkommen in Trumps erster Amtszeit bezeichnet. Sie forderte in „Project 2025“, dass die EPA radikal verkleinert werden müsse. Tatsächlich wurden dort nun tausende Mitarbeiter entlassen. Die CO₂-Coalition, die den Klimawandel leugnet, lobt diese Maßnahme unter dem neuen EPA-Chef, Lee Zelding, als „Rückkehr zu gesundem Menschenverstand“.

Liz Truss: „Frack, Baby, Frack“

US-amerikanische Klimaleugner versuchen schon seit Jahren, auch in Europa Fuß zu fassen. Das klimafeindliche Vorgehen des Trump-Lagers verleiht ihren Bemühungen neuen Schwung.

Im Dezember 2024 wurde in Großbritannien zum Beispiel ein europäischer Zweig des US-amerikanischen Heartland-Instituts gegründet. Das Institut arbeitete immer wieder mit der CO₂-Coalition zusammen und organisiert weltweit Konferenzen, um Klimaleugner zu vernetzen. Auf der Website des europäischen Zweigs kündigt Heartland an, den Zweifel am „menschengemachten Klimawandel“ zu schüren und gegen „Initiativen wie Klimaneutralität“ vorzugehen.

Zur Eröffnung des Instituts erschien die ehemalige britische Premierministerin, Liz Truss. In letzter Zeit sieht man sie oft bei Konferenzen der MAGA-Bewegung. So sprach sie auch bei der konservativen CPAC-Konferenz in Washington. Auf X verbreitet Truss Slogans wie „Frack, Baby, Frack“, angelehnt an Trumps „Drill, Baby, Drill“. Frack bezieht sich auf Fracking, die Förderung von fossilem Gas.

Fakt ist: Das Negieren der Klimakrise ermöglicht die unbegrenzte Ausbeutung fossiler Ressourcen, neue fossile Deals und verspricht vor allem Profit. Recherchen mehrerer Nichtregierungsorganisationen zeigen, dass sowohl die CO₂-Coalition als auch das Heartland-Institut finanzielle Unterstützung von fossilen Akteuren wie den Koch-Brüdern erhielten, die durch Ölförderung reich wurden. Trump rief am Tag seiner Amtseinführung einen nationalen Energie-Notstand aus, um in den USA die uneingeschränkte Förderung von Kohle, Öl und Gas zu ermöglichen. Kürzlich forderte er die Wiederinbetriebnahme der Gas-Pipeline Nord Stream 2.

Schritt für Schritt auch in Europa gegen Klimaschutz 

In Europa besetzen zusätzlich immer mehr Netzwerke, die vormals hauptsächlich Kritik an Themen wie Migration oder Gender geäußert haben, auch Klima und Energie. Ein Beispiel dafür ist die rechtskonservative Konferenz „Alliance for Responsible Citizenship“ in London, Ende Februar. Schirmherr der Konferenz war der kanadische Psychologische Jordan Peterson. Er wurde mit konservativen Positionen zum Thema Gender populär.

Auch der Chef der Heritage Foundation, Kevin Roberts, und Trumps Energieminister, Chris Wright, nahmen an der Konferenz teil. In einem Video-Gespräch warb Chris Wright für Kohle, Öl, Gas und Atomkraft. Klimaneutralität – nannte er ein „unheilvolles Ziel“. Im Advisory Board der Konferenz sitzt der bekannte Klimaskeptiker Bjorn Lomborg, Autor von Artikeln wie „No need to panic on Climate Change“. Auf X schrieb er, dass die „Netto-Null“ Deutschland bis 2045 „verarmt und deindustrialisiert“ zurücklassen würde.

In der deutschen Parteienlandschaft schürt vor allem die AfD Zweifel am menschengemachten Klimawandel. In ihrem Wahlprogramm behauptet sie, Klimawandel habe es „zu allen Zeiten“ gegeben. Der menschliche Einfluss darauf sei „wissenschaftlich ungeklärt“. Immer wieder wettert die AfD gegen erneuerbare Energien, beim AfD-Parteitag im Januar sprach Alice Weidel von „Windrädern der Schande”. Bestärkt wurde die AfD mehrfach öffentlich von Multimilliardär Elon Musk aus dem MAGA-Lager.

Personell gibt es weitere AfD-Verbindungen zur internationalen Klimaleugner-Szene. In der letzten Legislaturperiode arbeitete Michael Limburg für einen AfD-Bundestagsabgeordneten. Limburg ist Vizepräsident des Europäischen Instituts für Klima und Energie e.V. (EIKE). EIKE bezeichnet sich selbst als Zusammenschluss von Personen, die den „menschengemachten Klimawandel“ als „Schwindel gegenüber der Bevölkerung“ betrachten. EIKE kooperierte wiederholt mit dem US-amerikanischen Heartland-Institut und nutzt Materialien und Argumente der CO₂Coalition.

Union muss Klimaschutz voranbringen 

Ohne Regierungsauftrag bleiben die klimaleugnerischen Positionen der AfD in Deutschland vorerst am rechten Rand. Doch auch in der Union gibt es einzelne Akteure, die sich in den Kreisen der Klimaleugner bewegen. In der nächsten Legislaturperiode steht die Union in der Pflicht, Deutschland in Richtung Klimaneutralität massiv voranzubringen und zahlreiche Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen.

Die Denkfabrik The Republic und die saarländische Union Stiftung beispielsweise, die beide der Union nahe stehen, kooperieren bei einer Konferenz mit der Heritage Foundation. Der Geschäftsführer von The Republic, Armin Petschner-Multari, wird unterstützt von zwei US-amerikanischen Stiftungen aus dem MAGA-Lager, die wiederum zum Teil über die Öl- und Gasindustrie finanziert werden.

Und auch bei der rechtskonservativen Konferenz in London Ende Februar war ein Unions-Akteur vertreten. Thorsten Alsleben, Geschäftsführer der Unions-nahen Denkfabrik Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und ehemaliger Geschäftsführer der Mittelstands- und Wirtschaftsunion, nahm an einem Panel mit dem Titel „Energy, Resources and our Environment“ teil. Die INSM wird finanziert von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie, also der Autoindustrie.

Alsleben war unter anderem im Gespräch mit David Frost, einem Diplomaten und Vertrauten von Boris Johnson. Frost sagte, der Klimawandel sei für ihn wie ein „Mindset“ oder ein „Zauberspruch“. Aus seiner Perspektive existiere keine Klimakrise, daher sei auch keine Energie-Transformation notwendig.

Den menschengemachten Klimawandel stellte Alsleben nicht in Frage. Auf Anfrage von CORRECTIV schrieb er, die Aussagen „Menschen könnten den Klimawandel nicht beeinflussen“ auf der Londoner Konferenz hätten ihn irritiert. Er halte dies für „wissenschaftlich nicht haltbar“.

Auf der Bühne kritisierte Alsleben jedoch den Ausstieg Deutschlands aus Kohle- und Atomenergie als sinnlos. In den letzten 20 Jahren habe das Land viel Geld in die Energiewende gesteckt, mit „fast keinem Effekt auf das Weltklima“. Alslebens Aussage ist ein bekanntes, irreführendes Argument, um die Dringlichkeit von Klimaschutz herunterzuspielen. Dabei wird beispielsweise Deutschlands historische Verantwortung für den Klimawandel außer Acht gelassen. Zudem entfacht Alsleben eine müßige Debatte: Deutschland hat sich völkerrechtlich zu Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet, die eingehalten werden müssen.

Redaktion und Faktencheck: Anette Dowideit
Design: Ivo Mayr