Lobbyismus

„Keine Erkenntnisse” zu Aktivitäten russischer Tarnorganiation

In Folge einer CORRECTIV-Recherche über russische Einflussnahme fragte die Linken-Abgeordnete Martina Renner die Bundesregierung nach den Aktivitäten eines ominösen Moskauer Instituts in Deutschland. Die Antwort fällt mager aus. Renner kritisiert, die Behörden nähmen Risiken offenbar „nicht wirklich ernst”.

von Gabriela Keller

kurzmeldung

Mit Stiftungen, Thinktanks und politischem Lobbying wirkt Russland gezielt auf westliche Demokratien ein, aber die Bundesregierung geht deren Verbindungen in die deutsche Politik offenbar nicht nach. Dies ergibt sich aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Linke).

Mit Bezug auf eine aktuelle CORRECTIV-Recherche über russische Einflussnahme fragte Renner in einer Fragestunde des Bundestages Anfang Juni, ob das Moskauer „Institut für internationale Integration“ sich seit 2015 an Veranstaltungen in Deutschland beteiligt habe, und ob Mitglieder der Bundesregierung, des Parlaments oder Vertreter von Bundesbehörden an Events des Instituts teilgenommen haben. Die Bundesregierung teilte in ihrer Antwort an diesem Mittwoch mit: Dazu lägen „keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung“ vor.

Eine Abfrage aller Mitarbeitenden des Bundes erfordere „umfangreichste Recherchen über vorhandene Daten hinaus“ und sei „in der gegebenen Frist nicht leistbar.” Auch sei festzuhalten, dass die Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre und Staatsminister „in jeder Wahlperiode“ Kontakte mit „einer Vielzahl von Akteuren aller gesellschaftlichen Gruppen“ pflegen, eine Pflicht, Gespräche zu dokumentieren, gebe es aber nicht.

„Hybride Angriffe autokratischer Regierungen auf unsere Demokratie”

Martina Renner findet dies beunruhigend: „Um hybriden Angriffen autokratischer Regierungen auf unsere Demokratie zu begegnen, müssten Verbindungen zu und Handlungen von Tarn- und Einflussorganisationen wie dem ,Institut für internationale Integration‘ proaktiv nachgegangen werden“, sagt die Abgeordnete gegenüber CORRECTIV. Nur dann könnten die Behörden die Bedrohungslage richtig einschätzen, Maßnahmen anpassen und eventuell „bedrohte Prozesse und Gremien“ schützen, sagte Renner weiter: „Es lässt sich nicht erkennen, dass die Sicherheitsbehörden den möglichen Einfluss offensichtlich russischer Tarnorganisationen auf unsere demokratischen Strukturen wirklich ernst nehmen.“

CORRECTIV hatte Ende Mai über die Rolle des „Instituts für internationale Integration“ im Zusammenhang mit Russlands Strategie für den Westen berichtet: Bei dem Institut handelt sich nach Einschätzung von Experten um eine Fassade, die Moskau nutzt, um Verbindungen zu europäischen Politikern zu knüpfen und seine außenpolitischen Ziele voranzutreiben. Dahinter soll der stellvertretende Duma-Vorsitzende Alexander Babakow stehen, den Russlandkenner als „Schirmherr des politischen Influencing“ bezeichnen. Aus geleakten Daten Babakows geht hervor, wie frühzeitig Russland begann, westliche Demokratien gezielt zu unterwandern. Auch deutsche Politiker und Wissenschaftler ließen sich demnach gerne zu Konferenzen in Moskau einladen – darunter mehrere AfD-Abgeordete.