Lobbyismus

Trumps Vordenker im Bundestag

Die Heritage Foundation hat mit „Poject 2025“ einen Masterplan für den Umbau Amerikas vorgelegt. Nun will sie auch in Europa Einfluss geltend machen. Kürzlich traf sich eine Delegation unter Führung der Stiftung mit CDU-Politikern im Bundestag. Die Deutschen sind offenbar auf der Suche nach Kontakten ins Trump-Lager.

von Gabriela Keller , Annika Joeres

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Wer klopft da an? Trumps Lager sucht Kontakte in Europa und möchte die EU offenbar gerne zurückbauen. Dieses Bild zeigt den US-Präsidenten auf dem Weg zu einem Treffen mit dem irischen Premierminister Michaél Martin in Washington. Foto: Aaron Schwartz / picture alliance / CNP/ABACAPRESS.COM

Die Wegbereiter der Trump-Regierung in den USA sind offenbar bei Teilen der CDU willkommene Gäste: Am 28. Januar empfing der CDU-Abgeordnete Jürgen Hardt im Bundestag eine Delegation von amerikanischen Organisationen unter Führung der Heritage Foundation – des mächtigen Thinktanks aus dem Umfeld der Trump-Regierung.

Hardt leitet die Arbeitsgruppe Auswärtiges der CDU/CSU-Fraktion und dokumentierte das Treffen auf seinen Profilen auf Facebook und Instagram. „Solchen Austausch brauchen wir mehr für gegenseitiges Verständnis“, schrieb er dazu. „Das würde ich mir auch von der Bundesregierung wünschen.“

Auf dem Foto ist der CDU-Außenpolitiker inmitten einer reinen Männergruppe zu sehen, die in der repräsentativen Bestandsbibliothek des Reichstags an einem Konferenztisch sitzt.

Die „Heritage Foundation“ ist eine umstrittene Organisation. Sie hat als treibende Kraft hinter „Project 2025“ eine Art Masterplan für Trumps zweite Amtszeit und einen radikalen Umbau des Staates vorgelegt. Und sie will nicht nur die USA neu gestalten. „Die Heritage Foundation versucht schon länger, konservative Kräfte im transatlantischen Raum in Beziehung zu setzen und langfristige Ziele zu verfolgen“, sagt Christian Lammert, Politologe mit USA-Schwerpunkt am John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin. „Und dazu gehört, die politische Landschaft in Europa grundlegend umzugestalten.”

Die CDU schweigt zu Fragen nach dem Termin

CDU-Mann Jürgen Hardt ist erfahrener Außenpolitiker und USA-Kenner, einige Jahre lang war er Koordinator der Bundesregierung für die transatlantische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt. Man würde gerne ihm selbst hören, warum er Vertreter von Heritage empfangen und wer den Termin ausgestoßen hat, aber er lässt die Fragen von CORRECTIV unbeantwortet.

Ob das Treffen mit der Parteiführung abgestimmt war, bleibt unklar, auch die CDU-Pressestelle reagiert nicht auf Fragen zu dem Thema. Politische Analysten gehen davon aus, dass es Hardt darum ging, Kontakte in die Trump-Regierung aufzubauen. Offenbar herrscht in der Bundespolitik aktuell Ratlosigkeit dazu, auf welchem Weg man mit der neuen Führung in Amerika kommunizieren soll, und es fehlt an Ansprechpartnern.

Screenshot Facebook: CORRECTIV

Das Foto zeigt gut ein Dutzend Teilnehmer. Darunter ist auch Armin Petschner-Multari, CSU-Mitglied und Chef der rechtskonservativen Kampagnenagentur The Republic sowie einer seiner Mitarbeiter, Arian Aghashahi. Beide haben nicht auf Anfragen von CORRECTIV reagiert.

Wie CORRECTIV kürzlich berichtete, lässt sich The Republic von rechten Stiftungen aus den USA im Umfeld von Trump unterstützen und versucht, internationale, rechtskonservative Netzwerke zu knüpfen. Dass industrienahe Lager in den USA versucht schon länger, die politischen Ziele der MAGA-Bewegung nach Europa zu tragen und die liberale Demokratie zu unterminieren. Zu den wichtigsten Punkten auf der Agenda der Stiftung zählen der Kampf gegen Regulierungen für die Wirtschaft und die Ablehnung von Gesetzen zum Klimaschutz.

Politologe: Eine sinnvolle Strategie, die wohl nichts bringt

Die Heritage Foundation tritt im Moment äußerst offensiv auf – auch in Europa. „Sie haben nun ihre Aktivitäten verstärkt und wollen ihre Ideologie exportieren“, sagt E.J. Fagan, Politologe an der University of Illinois, der zu Thinktanks, Agenda Setting und Lobbyismus forscht. „Das sind wahre Gläubige, und sie wollen, dass die ganze Welt ihre Version des ultra rechten Konservativismus übernimmt.“ CORRECTIV hat mehrfach darüber berichtet, wie Strategen aus Trumps MAGA-Lager derzeit versuchen, ihre Agenda auszuweiten.

Kürzlich schrieb das polnische Investigativmedium VSquare, dass die Heritage Foundation offenbar versucht, die Europäische Union abzubauen. Zusammen mit ungarischen Hardlinern vom MCC-Institut – einem Orbán-nahen Thinktank, der von der russischen Ölindustrie finanziert wird, diskutierten die Strategen aus dem Umfeld von Trump kürzlich ein Thesenpapier: Darin fordern sie, die EU solle wieder auf ihren Status von 1957 geschrumpft werden. Nationales Recht solle wieder über europäischem Recht stehen. Auch solle die EU in „European Community of Nations“ (ECN) umbenannt werde, also: Europäische Gemeinschaft der Nationen.

Und noch in einem weiteren Punkt erinnert das Papier stark an Trumps Agenda: Der Europäische Gerichtshof solle „überprüft“ werden, um „juristischem Aktivismus“ vorzubeugen. „Die Heritage Foundation ist nah an Trump – näher als irgendein Think Tank bisher an der republikanischen Partei dran gewesen ist“, sagt der amerikanische Politologe Fagan. „Ich denke, es ist strategisch sinnvoll, wenn deutsche Politiker versuchen, dort zu lobbyieren. Allerdings denke ich auch nicht, dass es besonders viel bringt.“

Grüne warnt: CDU/CSU müssen „höllisch aufpassen“

Die Stiftung ist auf der Suche nach Verbündeten in Europa. Manche Beobachter sehen es skeptisch, wenn deutsche Parlamentarier ihr die Tür öffnen: Die grüne Abgeordnete Lisa Badum zum Beispiel warnt vor den Risiken: „CDU/CSU müssen höllisch aufpassen, dass sie sich nicht zu Donald Trumps verlängertem Arm in Deutschland verzwergen lassen“, sagt sie gegenüber CORRECTIV.

Badum ist Vorsitzende des Unterausschusses für Internationale Klima- und Energiepolitik und hält es grundsätzlich für richtig, Gesprächskanäle offenzuhalten. „Aber als Demokrat:innen müssen wir uns klar von Möchtegern-Autokraten wie Viktor Orbán und Donald Trump abgrenzen.“ Badum kritisiert daher auch die von CDU-Chef Friedrich Merz gewollten Importe von „Fracking-Gas von Trump-Oligarchen“.


Die Angaben zu der Berichterstattung von VSquare haben wir nachträglich präzisiert, um klar zu machen, dass es darim um die Heritage Foundation geht, und nicht um die amerikanische Regierung.