Neue Rechte

Von rechten Demos

Zwei Studenten sind seit Monaten in Sachsen unterwegs und berichten live von rechten Demos und Aktionen gegen Asylbewerber. Über Twitter beschreiben sie live, was vor Ort passiert. Lange haben sie das anonym getan. Jetzt professionalisieren sich die beiden und bieten bald auch einen Video-Stream an. Wir unterstützen sie.

von Daniel Drepper

Fotograf: Julius Zimmermann© Julius Zimmermann

Johannes Filous und Alexej Hock gehen dorthin, wo in Sachsen rechte Hetze auf Flüchtlinge prallt, wo Asylbewerber beschimpft oder angegriffen werden. Ein halbes Jahr haben sie dies als „Straßengezwitscher“ über ihren Twitter-Kanal @streetcoverage beschrieben, möglichst objektiv, anonym. Vor kurzem haben sie beschlossen, ihre Namen öffentlich zu machen und professioneller zu arbeiten. Die beiden engagierten Studenten werden zu Berichterstattern und bieten in Zukunft – von Spendern finanziert – auch einen Videostream an.

Wir unterstützen Johannes und Alexej von nun an bei Ihrer Arbeit. Wir glauben, dass jeder Bürger Journalist sein kann. Die beiden Dresdner zeigen, wie einfach es ist, über soziale Medien oder eigene Blogs Informationen anzubieten, die von großen Medien bisher vielleicht nur stellenweise und manchmal auch gar nicht gesammelt werden.

Der nächste Termin, erstmal noch ohne Video, ist morgen Abend. In Riesa will die NPD demonstrieren, unter dem Motto „Riesa wehrt sich – Schluss mit Asylmissbrauch und Überfremdung“. Gleichzeitig lädt der „Riesaer Appell“ auf den Rathausplatz zu einem Abendpicknick ein, um bei gemeinsamem Essen und Musik mit Asylsuchenden ins Gespräch zu kommen.

Zum Start haben die beiden Dresdner für uns aufgeschrieben, wann und warum sie ihren Twitterkanal gestartet haben. Hier ihr Text: 


Der 2. März dieses Jahres war für uns nach einem langen PEGIDA-Winter ein neuer Tiefpunkt. Kurz zuvor hatten Geflüchtete nach einem Demonstrationszug ein Protestcamp auf dem Theaterplatz in Dresden vor der Semperoper errichtet. Eine Provokation in den Augen vieler. „Kampfasylanten besetzen Theaterplatz“ hieß es hetzerisch auf einer von zig rechten Internetseiten.

150 aggressive Menschen

Vor allem das bei PEGIDA mitlaufende ausländerfeindliche Klientel sah sich herausgefordert, dieses Wahrzeichen Dresdens von den störenden Elementen zu befreien. So machten sich an jenem 2. März nach einer PEGIDA-Demonstration 150 aggressive Menschen zum Theaterplatz auf, um mit schwenkenden Deutschland-Fahnen die Räumung des Camps auf eigene Faust umzusetzen.

Die Dresdner Neueste Nachrichten (DNN) sprechen von einem koordinierten Übergriffsversuch, es wurden Parolen wie „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ gebrüllt. Die Polizei und nicht zuletzt um das Camp versammelte, mit den Geflüchteten solidarische Menschen haben Schlimmeres verhindert.

Fassungslos angesichts der Stimmung

Wir waren da und waren fassungslos ob der vorherrschenden Stimmung. Eine Polizei, die bei ihrer Polizeikette das Gesicht lieber zum Camp richtete, und somit den Mob im Rücken hatte. Eine Bewegung, die hier ihr wahres Gesicht zeigte sowie die Fehleinschätzung der lokalen Medien, von denen die DNN als einzige am gleichen Tag berichtete. Das war der ausschlaggebende Moment, an dem wir beschlossen, in Zukunft selbst über Twitter von solchen Ereignissen zu berichten.

Alexej Hock steht auf einem Dach.

Alexej Hock

Wir sind der Meinung, dass Twitter das geeignete Medium ist, um mit den kurzen Nachrichten schnell und nüchtern das zu beschreiben, was wir auf Demonstrationen oder Spontanversammlungen in Sachsen erleben, sei es in Meißen, in Freital oder Dresden. Wir versuchen möglichst objektiv, aber mit einer Grundhaltung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, zu berichten. Die positive Rückmeldung hat uns immer wieder ermutigt, weiterzumachen. Besonders freuen wir uns, dass unser Projekt Anfang November mit einem Preis für Zivilcourage ausgezeichnet wird.

Als einzige Berichterstatter in Freital

Wir – das sind Jojo und Alexej, beide 26 Jahre alt. Jojo ist angehender Medizinstudent in Dresden und Alexej schreibt gerade an der Diplomarbeit seines Maschinenbaustudiums. In Lernpausen oder nach Feierabend setzen wir uns hin und durchforsten die zahlreichen Seiten rechter Gruppierungen in den sozialen Netzwerken. Aus viel Hetze versuchen wir Informationen über bevorstehende Aktionen oder Spontanaktivitäten herauszufiltern.

Johannes Filous schaut auf sein Handy

Johannes Filous

Julius Zimmermann

So waren wir beispielsweise auch an dem Abend des 22. Juni in Freital, als Ausländerfeinde mit Böllern sich rund um die Geflüchtetenunterkunft versammelten, als einzige Berichterstatter. In Zukunft möchten wir zusätzlich Video-Livestreaming anbieten. Dafür haben wir bereits Spenden gesammelt und uns den Großteil unserer Ausrüstung zugelegt. Wir möchten uns an dieser Stelle auch bei allen Spendern bedanken. In Kürze geht es los. Wir freuen uns, dass wir in Zukunft mediale Unterstützung durch CORRECTIV erhalten.

Dienstag in Riesa

Am Dienstag, den 18. August, will die NPD in Riesa unter dem Motto „Riesa wehrt sich – Schluss mit Asylmissbrauch und Überfremdung“ demonstrieren. Zeitgleich lädt das Aktionsbündnis „Riesaer Appell“ auf den Rathausplatz zu einem Abendpicknick ein, um bei gemeinsamem Essen und Musik mit Asylsuchenden ins Gespräch zu kommen.

Von diesen beiden Aktionen werden wir am kommenden Dienstag erstmals in Zusammenarbeit mit CORRECTIV berichten und freuen uns über Feedback.