Neue Rechte

Koalition zwischen CDU und AfD?

Das wäre ein politisches Beben. Bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern am 4. September könnte die AfD stärkste politische Kraft werden und danach zu Koalitionsgesprächen einladen. Sollte das passieren, ist vor allem bei der CDU die Frage zu beantworten: Ab wann ist die Partei von Meuthen, Petry und Höcke koalitionsfähig?

von Marcus Bensmann

© Innenminister Lorenz Caffier von Deutscher Feuerwehrverband unter Lizenz CC BY-ND 2.0

Noch sechs Tage bis zur Wahl. Mecklenburg-Vorpommern steht vor einem Rechtsruck. Das könnte auch die politischen Lager durcheinander wirbeln. Der Spitzenkandidat der CDU, Lorenz Caffier, schließt zwar Gespräche mit der AfD aus, doch zu Beginn des Wahlkampfes ließ sich Caffier ein kleines Hintertürchen offen. Bevor über eine mögliche Koalition gesprochen werden könne, müsse die AfD ihr Verhältnis zum Rechtsextremismus klären, sagte der amtierende Innenminister Anfang Juli dem Nordkurier.

Das weckt Erinnerungen. Anfang der 1990er Jahre schloss die SPD Gespräche über Koalitionen mit der oder Tolerierungen durch die Nachfolgepartei der SED aus. Doch das hielt nur wenige Jahre. Als erstes brach das Tabu der SPD-Politiker Reinhard Höppner. In Sachsen-Anhalt ließ er sich 1994 in einer Minderheitsregierung zum Ministerpräsident wählen. Dies war nur durch eine Tolerierung der PDS möglich.

Eine zentrale Bedingung der Sozialdemokraten für die Annäherung an die PDS war, dass sich die Genossen eindeutig von Stalinismus und SED-Vergangenheit distanzieren mussten. Das klingt ähnlich wie die Forderung von Lorenz Caffier an die AfD, die ihr Verhältnis zum Rechtsextremismus klären soll.

Keine Erklärung von Caffier

CORRECTIV fragte Caffier schriftlich, wie denn diese Klärung der AfD zum Rechtsextremismus aussehen könnte. Trotz wiederholter Versuche ließ der CDU-Spitzenkandidat diese Frage bis heute, wenige Tage vor der Landtagswahl, unbeantwortet. Im Wahlkampf präsentiert sich der CDU-Spitzenkandidat als harter Kandidat mit Blick für Recht und Ordnung. Offenbar versucht er so, viele Wähler zur CDU zu ziehen, die auch mit der AfD liebäugeln.

Auch der Spitzenkandidat der AfD in Mecklenburg-Vorpommern, Leif-Erik Holm, will sich nicht zu der im Nordkurier zitierten Bedingung von CDU-Politiker Caffier äußern. Dem Spitzenkandidaten der AfD könnte eine Schlüsselrolle in der weiteren Entwicklung der rechtsgerichteten Partei zufallen. Holm ist ein ehemaliger Radiomoderator, der sich als sanfter Rechter präsentiert.

In Mecklenburg-Vorpommern könnte die AfD zum ersten Mal stärkste politische Kraft werden. Bei der letzten Landtagswahl zog selbst die NPD in den Landtag ein. Die Arbeitslosenquote liegt bei neun Prozent.

Wird die AfD stärkste Kraft?

Bei den letzten Umfragen lag die AfD bei 19 Prozent und damit hinter SPD und CDU. Die NPD würde an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Allerdings schnitt die AfD in vorherigen Wahlen am Wahlsonntag stets besser ab, als vorhergesagt. Sollte die AfD ihr erklärtes Wahlziel erreichen und tatsächlich stärkste Partei werden, müsste Holm zu Koalitionsgesprächen einladen.

Würde die CDU auf diese Einladung reagieren?

Derzeit sieht es nicht so aus, als grenze sich die AfD vom Rechtsextremismus ab. Auch im Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern scheint diese Abgrenzung nicht mehr zu sein als ein Lippenbekenntnis.

Holm und Höcke: eine Stilfrage?

Der Rechtsaußen der Partei, Björn Höcke, hat auf einer Wahlkampfveranstaltungen in Neubrandenburg zum Beispiel gesagt: „Wir als Volk sind innerlich kaputter als nach dem zweiten Weltkrieg.“ Wenige Tage später erklärte Höcke die Rede auf Facebook. „Ja, ich rede Klartext. Ja, ich will aufrütteln. Entweder wachen die Deutschen auf, oder sie sind verloren“, schreibt der AfD-Politiker. Höcke schreibt, für ihn sei Politik kein Machtspiel, „sondern der Weg dem deutschen Volk neue Orientierung zu geben.“

AfD-Spitzenkandidat Holm war bei der Wahlkampfveranstaltung dabei. Dem historischen Vergleich seines Parteifreundes wiedersprach er nicht. Die sprachlichen Unterschiede zwischen ihm und Höcke nennt er eine Stilfrage. Distanzieren will sich Holm von Höcke nicht. Auch nicht gegenüber correctiv.org. Der AfD-Spitzenkandidat antwortete nicht auf die Bitte, die Aussage Höckes über die innerlich kaputten Deutschen zu kommentieren.


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