Neue Rechte

„Antidemokratische Parteien verbieten, solange das möglich ist“

Can Dündar, prominenter Exil-Journalist und Chefredakteur von #Özgürüz zur Debatte um ein mögliches Verbot der AfD.

von David Schraven

Der türkische Journalist Can Dündar © Ivo Mayr / Correctiv

Der türkische Exil-Journalist Can Dündar rät im Video-Interview mit CORRECTIV dazu, eine radikale Partei wie die AfD zu verbieten, wenn diese demokratische Prinzipien nicht achte. Dies sei seine Lehre aus dem Aufstieg der Erdogan-Partei AKP in der Türkei in den vergangenen 20 Jahren, sagte Dündar.

So lange die Institutionen der Demokratie noch stark genug seien, müssten antidemokratische Kräfte zurückgedrängt werden. Sollten diese erst an die Macht kommen, sei es für Verbote zu spät.

Das vollständige Interview mit Can Dündar sehen Sie hier.

Can Dündar ist einer der prominentesten Journalisten der Türkei. Er war Chefredakteur der Traditionszeitung Cumhuriyet und Anchorman des türkischen Fernsehens, bevor er für seine Veröffentlichungen zur Kooperation des türkischen Geheimdienstes unter Präsident Erdogan mit islamistischen Terrorgruppen in Syrien ins Exil gedrängt musste. Dündar gilt unter türkischen Erdogan-Anhängern als Landesverräter.

Dündar sagt im Interview: Es sei zu Beginn der 2000er Jahre falsch gewesen, darauf zu bauen, dass sich die Partei Erdogans in die demokratischen Prozesse integrieren lasse. Er selbst habe damals mit anderen dafür gestritten, dass die AKP zu Diskussionen eingeladen werde und Teil des demokratischen Wettbewerbs sein dürfte. Er habe darauf gesetzt, dass die Menschen mit Argumenten davon überzeugt würden, dass ein islamistischer Staat keine Alternative für eine Demokratie sei.

Heute, sagt er, sitze er mit seiner Frau im Exil und müsse zugeben, dass seine frühere Haltung falsch gewesen sei. Man könne nicht darauf vertrauen, dass sich eine antidemokratische Partei an demokratische Spielregeln halte. Es sei unmöglich, eine Partei langfristig auszugrenzen.

Früher oder später müsse man in einer Demokratie Kompromisse auf lokaler Ebene machen, es würden Bürgermeister gewählt und irgendwann auch Minister in Landesregierungen. Diese könne man nicht übersehen. Es sei auch hoffnungslos, ihnen harte Fragen zu stellen, um sie zu enttarnen. Sie wollten eben keine Demokratie, sondern nur die Instrumente der Demokratie nutzen, um diese zu beseitigen, wenn sie an der Macht seien. „Wie hart sollen die Fragen sein?“

Dündar sagt, stattdessen müsse eine Demokratie wehrhaft sein: „Sobald die AKP an die Macht kam, hat sie alle demokratischen Institutionen vernichtet.“ Die Polizei, das Militär, die Gerichte, die Medien – all das sei von der AKP unter Kontrolle gebracht worden. Eine resiliente Demokratie müsse sich rechtzeitig wehren. Sobald klar sei, dass eine Partei nicht die grundlegenden Prinzipien einer Demokratie teile, wie Gewaltenteilung oder Einhaltung der Menschenrechte, sei diese Partei eine Gefahr.

Natürlich lasse sich die Situation in Deutschland nicht mit der Situation in der Türkei damals vergleichen, weil die Zivilgesellschaft in der Türkei schwächer und das Militär mächtiger gewesen sei – doch im Rückblick sei seine Erfahrung, die er mit Deutschland teilen wolle: es sei besser zu handeln, wenn es noch möglich sei. Der Konflikt sei sowieso da und müsse zwischen Antidemokraten und Demokraten ausgetragen werden.

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