Russland-Sanktionen

Bei Sanktionen gegen Schröder: Es bleibt Geld für Kleidung, Essen, Medikamente

Das EU-Parlament hat die EU-Kommission aufgefordert, Sanktionen gegen Altkanzler Schröder und weitere Rosneft-Profiteure zu verhängen. Doch was bedeuten eigentlich Sanktionen für deutsche Staatsbürger? Das erklärt die Bundesbank auf Anfrage von CORRECTIV. Sie ist für die Überwachung der Sanktionen zuständig.

von Justus von Daniels , Marlene Jacobsen

Gerhard Schröder könnte wegen seiner Posten bei russischen Staatskonzernen bald von der EU sanktioniert sein. (Foto: Alexei Druzhinin / dpa / picture alliance)

Gerhard Schröder hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er ein Genussmensch ist. Als Bundeskanzler posierte er mit Zigarre und in teurem Anzug für eine Illustrierte. Im Fall von EU-Sanktionen hätte er plötzlich nur noch Geld für „Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, Medikamente und dergleichen“. Für alle anderen Käufe sowie Rechtsgeschäfte bräuchte der heutige Russland-Lobbyist eine Genehmigung, wie die Bundesbank gegenüber CORRECTIV erklärt.

Das EU-Parlament hat am Donnerstag die EU-Kommission mit großer Mehrheit aufgefordert, auch europäische Staatsbürger zu sanktionieren, die Funktionen in wichtigen russischen Unternehmen haben oder die als frühere Menschen aus der Politik Gelder aus Russland erhalten. Die Resolution erwähnt namentlich prominent Gerhard Schröder, Bundeskanzler von 1998 bis 2005, und die ehemalige österreichische Außenministerin Karin Kneissl, die von ihren Posten zurücktreten sollten. Beide sitzen im Verwaltungsrat des russischen Öl-Giganten Rosneft, Schröder sogar als Vorsitzender.

Unter den von der EU sanktionierten Personen finden sich bisher kaum EU-Bürger.

Altkanzler Schröder müsste sich immer Erlaubnis von der Bundesbank holen

Gegenüber CORRECTIV hat die Bundesbank mitgeteilt, welche Konsequenzen Sanktionen für deutsche Staatsbürger haben. Schröder dürfte demnach ohne Genehmigung kaum noch Käufe tätigen, sein Vermögen würde eingefroren, eventuelle Mieteinnahmen stünden ihm auch nicht zur Verfügung.

  • Vermögen, das sich in der EU befinde, „ist in diesen Fällen eingefroren“. Sie dürfen also nichts verkaufen und ihnen dürfen „ohne Genehmigung auch weder Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen bereitgestellt werden“.
  • Selbst für geringe Summen bräuchte es eine Genehmigung der Bundesbank: „Genehmigungen kann die Deutsche Bundesbank auf der Grundlage von eng formulierten Ausnahmeregelungen erteilen“. Dazu zählt die Bundesbank Rechtsgeschäfte „zur Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Nahrung, Kleidung, Medikamente und dergleichen.“
  • Eine sanktionierte Person darf (auch nur mit Genehmigung) Verbindlichkeiten, „die bereits vor dem Datum des Erlasses der Sanktionsmaßnahmen gegen eine Person entstanden sind“, begleichen.
  • Auch auf Mieteinnahmen müsste eine sanktionierte Person verzichten: „Gehört einer sanktionierten Person ein Haus in Deutschland, das vermietet wird, kann der Mietvertrag zwar weiter laufen. Die Miete darf jedoch nur auf ein Konto eingezahlt werden, dass eingefroren ist, so dass die sanktionierte Person auch hier nur in engen Ausnahmefällen und nur mit behördlicher Genehmigung über die gezahlten Gelder verfügen darf,“ so die Bundesbank gegenüber CORRECTIV.

Schröder bekommt für seine Lobby-Tätigkeiten mehrere hunderttausend Euro jährlich. Neben seiner Rosneft-Tätigkeit  ist er unter anderem noch Vorsitzender des Aktionärsausschusses bei der Nordstream AG. In Deutschland bezieht er zudem ein Ruhegehalt von rund 8.300 Euro monatlich als Altkanzler. Im Fall einer Sanktion wären auch diese Gelder eingefroren.

Sein Vermögen würde dann von der Bundesbank überwacht werden. Mögliche Verstöße meldet sie an Ermittlungsbehörden und die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft. Die Bundesbank ist Teil einer Task Force, zu der mindestens vierzehn Behörden gehören. Diese richtete die Bundesregierung Wochen nach Beginn des Angriffskrieges ein – zuvor hatte es keine echte Struktur zur effektiven Durchsetzung der Sanktionen gegeben.

Durchsetzung von Sanktionen schwer zu prüfen

Dennoch bleibt die Überwachung sanktionierter Personen europaweit schwierig. 4.000 Personen hat die EU aufgrund der Angriffe Russlands sanktioniert. Innerhalb der EU dürfen sie ohne Genehmigung keine Rechtsgeschäfte mehr durchführen. Doch über Strohleute oder Firmen anderer Personen lässt sich Vermögen faktisch weiter verschieben. Um das besser zu kontrollieren, hat auch die EU eine Task Force gebildet. Bei Rosneft ist bisher nur der Konzernchef Igor Sechin von einer Sanktionierung der EU betroffen.

Mit dem Sanktionstracker führt CORRECTIV tagesaktuell alle verhängten Sanktionen gegen Personen und Unternehmen auf. Wir recherchieren zudem, ob und wie die Sanktionen überwacht und eingehalten werden.