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Deutsche Waffen für Russland: Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf

Die Bundesregierung hat sich zur CORRECTIV-Recherche zu deutschen Waffen für Russland geäußert: Sie sieht keinen Anlass dafür, Gesetze zu verschärfen.

von Anette Dowideit

kurzmeldung

Die Bundesregierung hat sich knapp einen Monat nach der Veröffentlichung der CORRECTIV-Recherche zu deutschen Waffen, die trotz Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine nach Russland gelangen, geäußert. Sie sieht demnach keinen Handlungsbedarf. Die Recherche hatte ergeben, dass seit Kriegsbeginn fast 7.300 Schusswaffen und rund acht Millionen Schuss Munition westlicher Hersteller nach Russland gelangten – darunter auch deutscher Hersteller.

Über welche Wege und Händler in Drittstaaten die Waffen nach Russland gelangten, lässt sich nicht eindeutig ermitteln. Die Recherche hatte jedoch einen solchen Handelsweg offengelegt: Ein großer kasachischer Waffenhändler bietet deutsche Jagdgewehre zum Weiterverkauf nach Russland an. Der direkte Verkauf solcher Waffen nach Russland ist durch Sanktionsgesetze verboten.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter hatte nach der Veröffentlichung schriftliche Fragen an die Bundesregierung gestellt und sie um Auskunft gebeten: Welche Wege der Sanktionsumgehung solcher Waffen nach Russland ihr bekannt seien – und: ob sie plane, diese Lücken zu schließen, indem sie etwa einen vorübergehenden Stopp von Exporten ziviler Schusswaffen an nicht-staatliche Käufer plane. Einen solchen Stopp hatten die USA kürzlich verhängt.

Auf die Fragen antwortete nun das Bundeswirtschaftsministerium, die Antwort liegt CORRECTIV vor. Staatssekretär Sven Giegold schreibt, die Gesetze in Deutschland seien bereits streng genug, schließlich seien „auch Lieferungen kleinkalibriger Waffen mit begrenzter Reichweite und Wirkintensität, die ausschließlich für jagdliche und sportliche Zwecke geeignet sind, nach Russland verboten“.

Zur Frage, was die Regierung dagegen unternehme, dass diese Verbote offenbar durch Zwischenhändler in Drittstaaten umgangen werden, schreibt er: „Die Behörden des Zollfahndungsdienstes nehmen bei sämtlichen Hinweisen auf mögliche Verstöße gegen EU-Sanktionen im Zusammenhang mit Russland umfassende Prüfungen des Sachverhalts vor.“

Ob die Zollfahndungsbehörden auch angesichts der CORRECTIV-Recherche tätig wurden, ist nicht öffentlich bekannt. Auf Anfrage der Redaktion hatte bislang lediglich die zuständige Staatsanwaltschaft Ravensburg mitgeteilt, ein Vorprüfungsverfahren gegen den Sportwaffenhersteller Blaser einzuleiten, der im Zentrum der Recherche stand.

Zur Frage, ob Deutschland wie die USA einen vorübergehenden Exportstopp plane, schreibt der Staatssekretär im  Wirtschaftsministerium vage: Man stehe „regelmäßig mit den US-Behörden im Austausch“, um den Erfolg der Maßnahme zu beobachten.

Rüstungsexperte Kiesewetter kommentierte die Antwort so: „Meine Nachfrage bei der Bundesregierung ergibt folgendes fatales Bild: wir warten ab und ändern nichts, um die Weitergabe ziviler Schusswaffen an Russland zu unterbinden, denn auch hier lässt sich voll Hybris sagen, wir machen ja schon genug.“

Eine konkrete Antwort darauf, welche Sanktionslücken und Wege der Bundesregierung bekannt sind, durch die eine gezielte Umgehung stattfindet, bleibe die Bundesregierung schuldig. „Man will offenbar Sanktionen nicht effektiver umsetzen und weist die Zuständigkeiten von sich. Die mangelhafte Umsetzung der Sanktionen und gezielte Offenhaltung von Schlupflöchern unterstützt aber Russland und den völkerrechtswidrigen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine. Deutschland sollte sich dringend um eine effektive Kontrolle und Umsetzung der Sanktionen kümmern, das wäre verantwortungsbewusste Politik und eine glaubwürdige Haltung“, so Kiesewetter.