Laserwaffen könnten gegen Drohnen helfen
Eine australische Firma bietet nach eigenen Angaben leistungsstarke Lasersysteme zur Drohnenbekämpfung an. Das deutsche Verteidigungssystem scheint lieber auf ein Angebot von Hauslieferant Rheinmetall zu warten.

Während ganz Europa über bessere Wege zur Drohnenbekämpfung diskutiert, muss sich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) des Vorwurfs erwehren, hier mögliche geeignete Waffensysteme zu verschmähen – und stattdessen auf Angebote eines deutschen Hauslieferanten zu warten.
Die Drohnensichtungen über mehreren dänischen Flughäfen haben gezeigt, wie schwierig die Bekämpfung solcher Flugapparate bis heute zu sein scheint. Eine als vielversprechend geltende Methode sind Laserwaffen.
Es klingt wie Science Fiction, soll aber in einem europäischen Nachbarland bald Realität werden – der Einsatz von Hochenergielaser gegen Drohnen. Die australische Firma Electro Optic Systems (EOS) hat nach eigenen Angaben jüngst ein solches System für 71,4 Millionen Euro an ein europäisches Nato-Land verkauft. Um einen mobilen Einsatz zu ermöglichen, soll es auf einem Lkw montiert werden. Laut EOS soll diese Order bis 2028 abgewickelt werden. Nach Informationen von CORRECTIV handelt es sich bei dem Käuferland um die Niederlande.
EOS führend mit leistungsstarken Lasersystemen
Die New York Times kam jüngst nach Gesprächen mit Experten und Branchenvertretern zu dem Schluss, dass EOS in dieser Kategorie gegenwärtig das leistungsstärkste System anbiete, „das auf dem globalen Waffenmarkt verkauft wird“. Nach Angaben der australischen Firma selbst haben die EOS-Laser eine Leistung von 100 Kilowatt. Je mehr Kilowatt solch ein Lasersystem zur Verfügung hat, desto eher kann es Drohnen außer Gefecht setzen.
Der Chef von EOS ist der deutsche Rüstungsmanager Andreas Schwer. Er versprach in einem Interview im August, dass seine Laser 20 Drohnen pro Minute abschießen könnten – und das angeblich zu deutlich niedrigeren Kosten als bei herkömmlichen Luftabwehrsystemen wie den Lenkflugkörpern des Typs Iris-T, die Deutschland an die Ukraine geliefert hat. Kostet ein Einsatz bei diesem System geschätzt jeweils über 500.000 Euro, soll der Preis per abgeschossener Drohne bei einem Laser auf etwa einen Euro sinken. EOS sprach in einer Pressemitteilung sogar von nur zehn Cent pro Schuss.
Auch das deutsche Verteidigungsministerium hat bereits Lasersysteme zur Drohnenbekämpfung ausprobiert. Sie wurden von dem deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall zusammen mit der deutschen Sparte des internationalen Raketenbauers MBDA entwickelt. Zuletzt erprobte die Bundesmarine in den Jahren 2022 und 2023 auf der Fregatte „Sachsen“ Laser der beiden deutschen Anbieter. Das System feuerte dabei laut Rheinmetall mehr als 100 Testschüsse ab. Die Leistung der deutschen Laser soll bei 30 Kilowatt gelegen haben.
Laut Informationen aus der Branche will die Bundeswehr jetzt für ihre Marineschiffe neue Prototypen von Rheinmetall und MBDA anschaffen; unter Industrieinsidern ist davon die Rede, dass sie eine Leistung von 50 oder 60 Kilowatt erbringen könnten, immer noch deutlich weniger als die Systeme von EOS. Ähnlich berichtete es jüngst auch die Welt.
Beschaffungsverfahren für Laser im Gang
Auf einer aktuellen Beschaffungsliste des Verteidigungsministeriums, die das Nachrichtenportal Politico jüngst veröffentlichte, sind in der Tat 502,9 Millionen Euro für „Wirklaser“ vorgesehen. Dafür – so sagte es ein Insider CORRECTIV – sollen die Anbieter um Rheinmetall lediglich drei Systeme liefern.
Mitte Dezember soll laut der Liste der Haushaltsausschuss des Bundestages gebeten werden, der Beschaffung zuzustimmen. Eine andere Aufstellung des Wehrressorts für den Ausschuss erwähnt für das vierte Quartal 2025 ebenfalls das Thema Laser und eine geplante Beschaffungsvorlage für ein „Laserwaffensystem hochpräzise für die Marine“ – offenbar als Entwicklungsauftrag, nicht für ein fertiges Serienprodukt.
Das Beschaffungsamt der Bundeswehr, das die sperrige Abkürzung BAAINBw trägt, bestätigte jetzt auf Anfrage, dass hier ein Verfahren im Gang sei. „Für ein für die Marine vorgesehenes Laserwaffensystem läuft derzeit ein Vergabeverfahren“, teilte eine Sprecherin mit. Auf Fragen nach der Leistungsfähigkeit der Rheinmetall-Laser im Vergleich zu den EOS-Lasern verwies das Beschaffungsamt darauf, „dass die genauen Leistungsdaten des für die Marine vorgesehenen Laserwaffensystems aufgrund von Aspekten der militärischen Sicherheit eingestuft“ seien. Die „reine Betrachtung“ der Kilowatt-Leistung lasse „keinen eindeutigen Rückschluss auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit eines Systems zu“, weil auch Strahlqualität und Präzision eine Rolle spielten. Rheinmetall wollte den Vorgang bisher nicht im Detail kommentieren.
Der Konkurrenzanbieter EOS wurde nach eigenen Angaben bei diesem oder anderen deutschen Vergabeverfahren bisher nicht eingeladen. Auch ein anderer möglicher Wettbewerber – die deutsche Tochter des italienischen Rüstungsriesen Leonardo – wurde nach eigenen Angaben nicht gefragt.
Den deutschen Behörden seien die EOS-Laser aber bekannt, versicherte ein Sprecher der australischen Firma auf Anfrage von CORRECTIV. So sei man seit dem Jahr 2022 in Kontakt mit dem deutschen Verteidigungsministerium und dem BAAINBw. Auch die Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition (WTD 91) kenne die Produktangebote von EOS. Die WTD 91 erprobt auf einem Schießplatz im niedersächsischen Meppen Kriegsgerät für die Bundeswehr. Zweimal – 2023 und 2025 – hätten auch Vertreter des deutschen Ministeriums an Schießvorführungen der EOS-Laser teilgenommen, so der Sprecher der Australier.
Abgeordneter kritisiert intransparente Direktvergaben
Im Haushaltsausschuss stößt es auf Kritik, dass das Verteidigungsministerium auf Ausschreibungen verzichtet. „Intransparente Direktvergaben können zu teuren, ineffizienten Lösungen führen, und damit auch zu einem Vertrauensverlust bei den Bürgerinnen und Bürgern“, sagte der Budgetexperte der Grünen, Sebastian Schäfer. Nach Informationen von CORRECTIV gibt es auch unter Abgeordneten der Regierungsparteien Irritationen über die Vergabepolitik des Verteidigungsministeriums.
Ein möglicher Grund, warum Minister Pistorius auf den deutschen Platzhirschen Rheinmetall setzen könnte, ist der Wunsch, das Know-how im eigenen Land zu haben. EOS setzt dem das Versprechen entgegen, ihre in Singapur entwickelten Technologierechte auch nach Deutschland zu transferieren und hier im Land zu produzieren. Bei einem Zuschlag werde EOS in einem Konsortium mit Partnerfirmen aus der deutschen Industrie antreten.
„Wir würden eine vollständig lokalisierte Lösung anbieten, die der deutschen Regierung Souveränität und Autonomie über diese strategische Waffentechnologie verschafft“, beteuerte ein Firmensprecher. Das habe man auch bei mehreren Treffen mit Vertretern des Verteidigungsministeriums angeboten. Dennoch sei EOS bisher „zu keiner einzigen Teilnahme an deutschen Bieterverfahren oder Ausschreibungen im Zusammenhang mit Hochenergielaserwaffen eingeladen worden“.
„Keine weiteren Jahre mit Demonstrationen, Tests und Prototypenentwicklung verbringen“
Laut ihrem jüngsten Geschäftsbericht hatte EOS im Jahr 2024 insgesamt 496 Mitarbeiter – ein Bruchteil der über 27.000 Beschäftigten, über die der große Konkurrent Rheinmetall verfügt. Der deutsche Rüstungsmanager Schwer führt EOS seit dem Jahr 2022. Er war früher selbst bei Rheinmetall tätig und trieb dort auch umstrittene Projekte wie eine Rüstungskooperation mit der Türkei voran. Nach mehreren Berichten von CORRECTIV und dem Stern in den Jahren 2017 und 2018 gab Rheinmetall diese Türkei-Pläne aber wieder auf.
Jetzt bewirbt Schwer die Lasersysteme von EOS als Antwort auf russische Drohnenschwärme, wie sie die Ukraine an der dortigen Front bekämpfen muss. „Wir sollten keine weiteren Jahre mit Demonstrationen, Tests und Prototypenentwicklung verbringen“, zitierte Mitte September die New York Times den deutschen Manager. EOS, so Schwer, habe einige Kunden, die sagten: „Hören Sie, wir können nicht warten – wir brauchen morgen etwas.“
Redaktion: Anette Dowideit, Alexej Hock
Redigat und Faktencheck: Finn Schöneck