Sparkassen

6 Recherchetipps für Lokaljournalisten

Viele Lokaljournalisten stoßen an Grenzen, wenn sie über die Sparkasse bei sich vor Ort berichten. Sie stehen als Einzelkämpfer einem der größten lokalen Player gegenüber, der wenig Interesse hat, brisante Daten zu veröffentlichen. Der CrowdNewsroom sorgt für neue Transparenz - und ist eine Quelle für spannende Storys.

von Jonathan Sachse

© Ivo Mayr

Nicht nur Lokalredakteure geraten in Sackgassen, wenn über „ihre“ Sparkasse berichten wollen. Auch Fachredakteuren von großen Zeitungen passiert das. Etwa Hanno Mussler von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, einem ausgewiesenen Bankenexperten:

Deswegen haben wir den CrowdNewsroom entwickelt. Dort könnt Ihr im Team in einer virtuellen Redaktion gemeinsam mit Kollegen und Bürgern recherchieren. Wir bei CORRECTIV sind der Überzeugung: Wer sein Wissen teilt, verdoppelt es. Hier sechs Tipps, wie ihr den crowdnewsroom.org möglichst effizient nutzt:

1.) Vergleiche Deine Sparkasse

An das Einzugsgebiet der Sparkasse Duisburg grenzt das Reich der Stadtsparkasse Oberhausen. Nicht weit: die Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe. Vergleiche Deine Sparkasse mit den direkten Nachbarn. Sieh sie in einem größeren Kontext. Vergleiche sie mit Sparkassen, die eine vergleichbare Bilanzsumme haben. Indem Du folgende Fragen beantwortest: Werden mehr Mitarbeiter als in vergleichbaren Sparkassen beschäftigt? Sind die Soll-Zinsen höher? Liegt das Vorstandsgehalt über dem Durchschnitt? Wie viele Filialen gibt es?

Im CrowdNewsroom findest Du vom Start weg erste Datensätze, mit denen Du die Sparkassen vergleichen kannst.

2.) Wie hoch ist der Anteil der faulen Kredite?

Ihr Geld verdienen die Sparkassen hauptsächlich mit Krediten. Wird ein Kredit nicht rechtzeitig zurückgezahlt, nennt man ihn „faul“ oder „notleidend“.

Wie hoch deren Anteil ist, muss die Sparkasse in ihrem jährlichen Offenlegungsbericht bekannt machen. Das Volumen der faulen Kredite kannst Du in Bezug zu den Gesamtkrediten setzen. Richtwert: Ab einer faulen Kreditquote von 10 Prozent wird es problematisch.

Wie Du Dich im Offenlegungsbericht zurecht findest, erklären wir Dir in der siebten Recherchefrage.

3.) Wie hoch sind Gehalt und Betriebsrente der Vorstände?

Manche Sparkassen-Chefs verdienen mehr als die Bundeskanzlerin – trotz sinkender Einnahmen ihres Instituts.

Und auch bei den Betriebsrenten haben einige Sparkassen-Vorstände hochdotierte Verträge ausgehandelt. In NRW empfiehlt der rheinische Sparkassen- und Giroverband, dass die Betriebsrente nicht höher als 55 Prozent des zuvor bezogenen Gehalts sein soll. Dennoch kassieren einige Vorstände deutlich mehr. 

Über ein Viertel aller Sparkassen hat die Vorstandsbezüge in ihren Jahresabschlüssen offen gelegt. Die Details findest Du in der zweiten und dritten Recherchefrage im Crowdnewsroom.

4.) Wo landet der Gewinn?

Eigentlich sollen die Sparkassen die Spardosen der Kommunen sein. Gut für die Bürger, gut für die Unternehmen vor Ort, gut für die Städte und Gemeiden. Sie sind die Besitzer beziehungsweise „Träger“ der örtlichen Sparkassen — und sollten vom Gewinn der Sparkassen in jährlichen Ausschüttungen profitieren. Doch das geschieht kaum noch, weil die Sparkassen mit mangelnden Zinseinnahmen kämpfen.

Überprüfe doch einmal, wann Deine Sparkasse zuletzt ihrem Träger eine Rendite ausgeschüttet hat. Wen sponsert die Sparkasse? Welche Organisationen werden im Laufe des Jahres unterstützt? Bekommen Vereine Geld, die mit den Vorständen oder Verwaltungsräten verbandelt sind?

Auch hier geben wir Dir Tipps. Wähle hier Deine Sparkasse aus und springe zur fünften Recherchefrage.

5.) Nutze die Auskunftsrechte

Für die Sparkassen gelten die staatlichen Auskunftsrechte, sowohl die Informationsfreiheitsgesetze als auch die Pressegesetze der Länder. Sie greifen grob gesagt überall dort, wo öffentliche Mittel eingesetzt werden. Das heißt: Prinzipiell kannst Du Deine Sparkasse um Offenlegung sämtlicher Informationen bitten. Darauf hast Du ein Recht. Wenn Dir deine Sparkasse Informationen vorenthalten will, muss sie das detailliert begründen.  

Falls für Dich die Auskunftsrechte noch Neuland sind, findest Du hier im CrowdNewsroom eine Videoschulung zum Thema.

6.) Teile Deine Ideen

Die virtuelle Redaktion wird dann ein Erfolg, wenn wir unsere Erfahrungen miteinander teilen. Die anderen Rechercheure profitieren von Dir. Du profitierst vom Spezialwissen anderer Nutzer. 

Auf jeder Unterseite zu einer Sparkasse findest du ein Kommentarfeld. Dort kannst Du Dich mit anderen Personen austauschen. Der CrowdNewsroom wird beständig fortentwickelt und verbessert. Eines der nächsten Tools wird ein virtueller Konferenzraum sein, der den Austausch vereinfacht.

Vielen Dank für Deine Mitarbeit!

Hast Du Fragen? Recherchetipps? Teile Deine Gedanken in der Kommentarspalte.

Helft bei der Recherche!

CORRECTIV bleibt dran am Thema und bittet um Eure Mithilfe. Gemeinsam können wir Missstände bei den 414 Sparkassen aufdecken – eine Aufgabe, die eine Redaktion alleine überfordern würde.

In welcher Kommune verbergen sich die größten Risiken? In welchen Städten genehmigen sich die Sparkassen-Chefs höhere Pensionen als vorgesehen? Welche Bürgermeister nutzen die Sparkassengewinne für Wohltaten in Wahlkampfzeiten?

In den vergangenen Monaten haben wir eine Rechercheplattform entwickelt, den CrowdNewsroom. In Kooperation mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ führen wir dort diese Informationen in einer öffentlich zugänglichen Datenbank zusammen. Im CrowdNewsroom erklären wir einige Grundlagen des journalistischen Handwerks und recherchieren gemeinsam.

Welche Sparkasse möchtest Du recherchieren?

Textchef: Ariel Hauptmeier