Wirtschaft

Das Mysterium der fehlenden Sprinter

Die Deutsche Bahn verspricht, Fernreisende bis zu 100 Mal am Tag per Superschnellzug von Großstadt zu Großstadt zu bringen – Teil der Mobilitätswende. Das Problem: Die sogenannten Sprinter gibt es oft gar nicht. Und Kommunikation dazu auch nicht.

von Anette Dowideit , Robin Albers

ICE in München, 2025
Schnell wie der Wind? Leider längst nicht immer – ICE der Deutschen Bahn. Foto: Robert Haas/SZ Photo/picture alliance

Was die Deutsche Bahn auf ihrer Internetseite verspricht, klingt nach entspanntem, modernem Reisen – ganz entsprechend der angekündigten Mobilitätswende, die Inlandsflüge bald überflüssig machen soll: „Der ICE-Sprinter ist unsere schnellste Direktverbindung zwischen Metropolen und bringt Sie in unter vier Stunden von Zentrum zu Zentrum.“

Die Liste an Verbindungen, die sich auf der Webseite findet, liest sich beeindruckend: Bis zu 100 solcher Sprinter-Verbindungen gibt es demnach jeden Tag; von Frankfurt nach Karlsruhe, von Düsseldorf nach München und von so ziemlich jeder deutschen Großstadt nach Berlin.

Das Problem: Viele der versprochenen Züge fahren nicht wirklich. Am größten ist das Problem ausgerechnet auf der vielbefahrenen Strecke Bonn-Köln-Berlin – jener Route, die die ehemalige Hauptstadt Bonn mit ihren zahlreichen nachgeordneten Bundesbehörden mit der heutigen Hauptstadt verbindet.

Seit Monaten taucht die Sprinter-Verbindung, auf die viele Berufspendler angewiesen sind, in der Bahn-App nur noch in Ausnahmefällen auf. Das bedeutet: Fahrzeiten von bis zu sechs Stunden von Stadt zu Stadt anstatt der versprochenen unter vier Stunden.

Kommunikation dazu gibt es vom Unternehmen nicht, betroffene Bahnkunden können sich somit nicht darüber informieren, woran es liegt und vor allem, wann die Sprinter-Züge denn wohl wieder zuverlässig fahren.

Schon seit über einem Jahr gestrichen

CORRECTIV hat beim Fahrgastverband Pro Bahn nachgefragt. Dessen Sprecher Detlef Neuß sagt, dem Verband sei das Problem seit langem bekannt: „Genaue Gründe liegen uns nicht vor – aber es ist zu vermuten, dass es mit den derzeit überall auftretenden Problemen der DB AG zusammenhängt.“ Konkret gemeint seien „marode Infrastruktur und damit verbundene Baustellen-, Personal- und Fahrzeugmangel.“

Der Sprinter Bonn-Berlin, sagt Neuß, sei schon seit mehr als einem Jahr fast komplett aus dem Fahrplan gestrichen. Andere Strecken seien gelegentlich, aber nicht grundsätzlich betroffen.

CORRECTIV hat stichprobenmäßig in der Bahn-App (dem „DB Navigator“) überprüft, wie viele der versprochenen Sprinter tatsächlich fahren. Es zeigte sich: Auch auf der Strecke Hamburg-Köln fuhr zum Zeitpunkt der Stichprobe lediglich ein Sprinter pro Tag – anstatt versprochener „bis zu vier“. Auf der Strecke Dortmund-Frankfurt waren es drei anstatt „bis zu 14“.

Die Deutsche Bahn selbst antwortete auf eine Anfrage von CORRECTIV zum Sprinter-Ausfall: „Bis zu“ bedeute, dass einige Verbindungen nicht täglich angeboten würden. „Hinzu kommt: Unsere ICE-Sprinter sind von dem derzeit hohen Baugeschehen zur Sanierung des deutschen Bahnnetzes ebenso betroffen wie alle anderen Züge auch.“ Leider sei dieses Baugeschehen gerade auf der Strecke Bonn-Berlin sehr hoch. Deshalb könne es „im Jahresverlauf zu weiteren Einschränkungen kommen“.