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Wie sauber sind die Geldanlagen der Ruhrgebiets-Städte?

Es gibt für diese Frage wohl kaum eine widersprüchlichere Region in Deutschland als das Revier. Denn die Städte im Ruhrgebiet haben zwar einerseits kein Geld für Pensionsfonds, halten andererseits aber trotzdem klimaschädliche Aktien.

von Annika Joeres

Das Kraftwerk Westfalen von RWE. Ein Symbol für die Klimasünden der Städte im Ruhrgebiet.© Power Plant von Frank Friedrichs unter BY-NC-ND 2.0

CORRECTIV hat vor wenigen Tagen die Anlagen der Bundesländer in klimaschädliche und korrupte Firmen für ihre Pensionsfonds öffentlich gemacht. Allein Nordrhein-Westfalen hat dabei rund 81 Millionen Euro in Firmen investiert, die mit Kohle, Öl und Gas ihr Geld verdienen und damit den Klimazielen der Bundesregierung zuwider laufen.

Zugleich hat die Armut der Städte im Ruhrgebiet diese ungewollt davor geschützt, Geld in kritische Anlagen zu stecken. Die beiden größten Kommunen, Essen und Dortmund, haben ihre einmal angesparten Pensionsfonds längst wieder verkauft.

Kein Geld für Pensionsfonds

„Aktuell gibt es bei der Stadt Dortmund keine Versorgungsrücklage“, sagt Sprecher Frank Bußmann. Die 1999 erworbenen Fondsanteile in Höhe von rund 7,5 Millionen Euro wurden zum Februar 2008 wieder verkauft. Damals kümmerte sich noch die inzwischen abgewickelte WestLB um die städtischen Anlagen. Auch in Essen gibt es keine direkten Investitionen mehr, um die späteren Pensionen zu bezahlen.

1999 hatte die Düsseldorfer Landesregierung die Kommunen noch verpflichtet, für spätere Pensionen Geld anzulegen. Dafür hatte die Regierung das „Versorgungsfondsgesetz“ verabschiedet. Nur sechs Jahre später wiederum erlaubte das „Kommunale Finanzmanagementgesetz NRW“ den Kommunen, lediglich Rückstellungen zu bilden.

Wohlhabendere Städte in NRW – wie Münster beispielsweise – haben ihre Investitionen auch mit dem neuen Gesetz aufrecht erhalten. Die westfälische Stadt hat inzwischen beschlossen, aus klimaschädlichen Anlagen wieder auszusteigen. Die weltweite Divestment-Bewegung, die von Staaten und Städten fordert, ihre Anlagen aus klimaschädlichen Firmen abzuziehen, feierte in Münster ihren ersten Erfolg.

Das Problem: RWE-Aktien

Auch im Pott ist die FossilFree-Bewegung aktiv. Zwar gibt es bei den Städten im Ruhrgebiet kaum noch eine fragwürdige Investition durch die Pensionsfonds – weil diese schlicht nicht mehr existieren. Doch die Kommunen halten traditionell große Pakete an klimaschädlichen RWE-Aktien. Das war lange eine gute Rücklage, bis zunächst die Energiewende und dann die Debatte um den Kohleausstieg einschlugen. RWE strich die Dividende, die Aktie rauschte innerhalb eines Jahres in den Keller Heute dümpelt sie bei rund 14 Euro vor sich hin. Finanziell stehen dadurch Städte wie Essen, Dortmund und Bochum inzwischen mit dem Rücken zur Wand – die Kämmerer drängen mitunter auf Steuererhöhungen.

Vielleicht tut sich deshalb langsam etwas im Revier. Klimaschädliche Firmen haben langfristig eben keine Chance mehr. Um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, müssten zum Beispiel 80 Prozent der noch vorhandenen Kohlevorräte im Boden bleiben. Ökonomen von der renommierten London School of Economics sehen auch deshalb für alle Unternehmen der Öl- und Kohlebranche den Niedergang voraus. Die so genannte „Carbon Bubble“, die Kohleblase, werde früher oder später platzen.

In Essen feiert die FossilFree-Bewegung erste Erfolge. Die SPD-Fraktion habe zugesichert, „aktuell über den Umgang mit der RWE Aktien“ zu diskutieren. Für eine Region, in der die Städte lange nicht genug RWE-Aktien bekommen konnten, ist das schon fast eine kleine Revolution.