Faktencheck

Haushaltsplan: Bei diesen Projekten wollte die AfD Hessen wirklich sparen

Ein Facebook-Beitrag kritisiert, dass die AfD-Fraktion in Hessen sozialen Projekten den Geldhahn zudrehen wolle. Tatsächlich gab es dazu Anträge der Partei. Die Förderung kranker Schüler wollte die AfD jedoch – anders als behauptet – nicht kürzen.

von Lea Weinmann

Der hessische Landtag
In Wiesbaden wird ein neuer Landeshaushalt diskutiert. Ein Facebook-Beitrag kritisiert, wo die AfD-Fraktion dabei künftig sparen wollte. (Symbolfoto: Hessischer Landtag, Kanzlei 2019, Hermann Heibel)
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Größtenteils richtig. Die AfD-Fraktion Hessen hat alle in dem Beitrag aufgezählten Änderungsanträge gestellt – im Bereich „Förderung kranker Schüler“ wollte die Partei aber keine Kürzungen durchsetzen.

Die Facebook-Seite „Gegen die Alternative für Deutschland“ kritisiert in einem Beitrag vom 15. Februar einen Änderungsantrag der AfD-Fraktion in Hessen zum neuen Haushaltsplan 2020. In dem Antrag schlage die AfD laut des Beitrags vor, die Mittel zur Förderung kranker Kinder zu streichen. Auch andere angebliche Kürzungsanträge der Partei werden thematisiert, so zum Beispiel zur Streichung der Gelder für Kulturinitiativen.

Der Beitrag wurde auf Facebook mehr als 4.900 Mal geteilt. Die Fakten stimmen größtenteils: Die hessische AfD-Fraktion hat alle im Beitrag genannten Anträge zur Änderung des Haushaltsplans im Landtag gestellt. Die Behauptung, die AfD wolle bei der Förderung kranker Kinder sparen, ist so jedoch nicht richtig: Diese Förderung hat die Partei bei den vorgeschlagenen Kürzungen explizit ausgeklammert.

Der Facebook-Beitrag von „Gegen die Alternative für Deutschland“
Der Facebook-Beitrag vom 15. Februar kritisiert verschiedene Änderungsanträge der AfD-Fraktion Hessen. (Screenshot: CORRECTIV)

AfD Hessen wollte bei Integration, Werte-Kampagne und Naturschutzverbänden sparen

Der Facebook-Beitrag kritisiert in erster Linie einen Antrag der AfD Hessen zur „signifikanten Einsparung im Bereich Prävention von sonderpädagogischer Förderung/Inklusive Beschulung/Förderung kranker Schülerinnen und Schüler“. Zudem solle nach Wunsch der Partei unter anderem die Unterstützung für die Betreuung unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge, eine Kampagne für Respekt und Werte sowie Zuwendungen für Naturschutzverbände wegfallen.

In dem Beitrag sind die Parlamentsdatenbank des Hessischen Landtags als auch ein Facebook-Beitrag der hessischen Landtagsabgeordneten Katy Walther (Grüne) als Quellen verlinkt. Die Politikerin hatte auf ihrem Facebook-Profil am 12. Februar mehr als 20 Fotos hochgeladen, die verschiedene Änderungsanträge der AfD zum neuen Haushaltsplan des Landes (Haushaltsgesetz 2020, PDF zum Gesetzentwurf) zeigen.

Die AfD Hessen hat all diese Anträge gestellt

In der Parlamentsdatenbank findet sich der kritisierte Änderungsantrag der AfD-Fraktion unter der Drucksache 20/1901: Es geht darin um die „signifikante Einsparung im Bereich Prävention von sonderpädagogischer Förderung/Inklusive Beschulung/Förderung kranker Schülerinnen und Schüler“.

Ausschnitt aus dem Antrag der AfD
Ausschnitt aus dem Änderungsantrag (PDF) der AfD-Fraktion zum Haushaltsplan des Landes Hessen. (Quelle: Parlamentsdatenbank Hessischer Landtag, Screenshot: CORRECTIV)

In dem Papier vom 14. Januar begründet die AfD-Fraktion ihren Vorschlag damit, dass die Inklusionsmaßnahmen der Landesregierung gegenüber der „pädagogisch begründeten“ Inklusion „unsachgemäß und ideologiegetrieben“ sei. 

Die Förderung kranker Schüler sollte nicht gekürzt werden

Die Partei schlägt vor, die Beträge von aktuell etwa 260 Millionen Euro auf rund 123 Millionen Euro zu senken. „Die hierdurch eingesparten Finanzmittel können zur Stärkung des bewährten Förderschulsystems zum Einsatz kommen“, schreibt die Fraktion in dem Papier. Die Förderung kranker Schülerinnen und Schüler solle von der Kürzung jedoch ausgenommen werden.

Die Behauptung, die AfD-Fraktion wolle „keine Förderung für kranke Kinder“, ist also nicht richtig. Es stimmt aber, dass die Fraktion zumindest für den Bereich der Prävention von sonderpädagogischer Förderung und inklusiver Beschulung eine „signifikante Einsparung“ um mehr als die Hälfte vorgeschlagen hat.

Die übrigen Änderungsanträge der AfD Hessen, die in dem Facebook-Beitrag aufgezählt werden, hat CORRECTIV in der Parlamentsdatenbank ebenfalls wiedergefunden. Anders als behauptet wird nicht in allen, sondern in acht Anträgen die vollständige Streichung der Gelder vorgeschlagen. In weiteren sieben Anträgen ging es um eine – in Teilen massive – Kürzung.

Hier die Liste aller Anträge mit Link zum originalen Dokument:

  • Zu „Kulturinitiativen und Kulturzentren“: Inhalt des Antrags: „Streichung der Mittel für die Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und soziokulturellen Zentren e.V. (LAKS)“ (Drucksache 20/1944)
  • Zu „hochqualifizierten Studierenden und Wissenschaftlern unter den Flüchtlingen“: Inhalt des Antrags: „Streichung des HessenFonds für Flüchtlinge – hochqualifizierte Studierende und Wissenschaftler“ (Drucksache 20/1937)
  • Zur „Anerkennungsberatung für Bildungsqualifikationen“: Inhalt des Antrags: „Streichung der Anerkennungsberatung für Bildungsqualifikationen“ (Drucksache 20/1936)
  • Zur „Flüchtlingsbetreuung & Flüchtlingsintegration“: Inhalt des Antrags: „Reduzierung der Förderung von Maßnahmen zur Flüchtlingsbetreuung und -integration“ (Drucksache 20/1922)
  • Zur „Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“: Inhalt des Antrags: „Verringerung der Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ (Drucksache 20/1920)
  • Zu „Naturschutzverbänden“: Inhalt des Antrags: „Zuwendungen an Naturschutzverbände reduzieren“ (Drucksache 20/1931)
  • Zum „Förderprojekt ‘Antidiskriminierung’“: Inhalt des Antrags: „Streichung des Förderprodukts Nr. 64: ‘Antidiskriminierung’“ (Drucksache 20/1925)
  • Zum „Förderprojekt für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und zum Ausgleich von sozialen Benachteiligungen“: Inhalt des Antrags: „Streichung des Förderprodukts Nr. 62: Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Ausgleich von sozialen Benachteiligungen“ (Drucksache 20/1923)
  • Zur „Innovativen Mobilität“: Inhalt des Antrags: „Streichung der Mittel für ‘Innovative Mobilität’“ (Drucksache 20/1917)
  • Zur „Ausbildungs- und Berufsvorbereitung“: Inhalt des Antrags: „Leistungen für Ausbildungs- und Berufsvorbereitung an beruflichen Schulen sowie Mittelstufe an Schulen für Erwachsene kürzen“ (Drucksache 20/1906)
  • Zu „Schulen in freier Trägerschaft“: Inhalt des Antrags: „Leistungen für Schulen in freier Trägerschaft kürzen“ (Drucksache 20/1903)
  • Zur „Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund“: Inhalt des Antrags: „Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund reduzieren“ (Drucksache 20/1902)
  • Zur „Förderung von kranken Kinder“: Inhalt des Antrags: „Signifikante Einsparung im Bereich Prävention von sonderpädagogischer Förderung/Inklusive Beschulung/Förderung kranker Schülerinnen und Schüler“ (Drucksache 20/1901)
  • Zur „Koordination von Asyl- und Flüchtlingspolitik“: Inhalt des Antrags: „Streichung der Stabsstelle ‘Koordinierung Asyl- und Flüchtlingspolitik’“ (Drucksache 20/1892)
  • Zur „Kampagne für Respekt und Werte“: Inhalt des Antrags: „Streichung der Mittel für die Respekt-/Werte-Kampagne“ (Drucksache 20/1891)
  • Zu „Kulturinitiativen und Kulturzentren“: Inhalt des Antrags: „Streichung der Mittel für die Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und soziokulturellen Zentren e.V. (LAKS)“ (Drucksache 20/1944)
  • Zu „hochqualifizierten Studierenden und Wissenschaftlern unter den Flüchtlingen“: Inhalt des Antrags: „Streichung des HessenFonds für Flüchtlinge – hochqualifizierte Studierende und Wissenschaftler“ (Drucksache 20/1937)
  • Zur „Anerkennungsberatung für Bildungsqualifikationen“: Inhalt des Antrags: „Streichung der Anerkennungsberatung für Bildungsqualifikationen“ (Drucksache 20/1936)
  • Zur „Flüchtlingsbetreuung & Flüchtlingsintegration“: Inhalt des Antrags: „Reduzierung der Förderung von Maßnahmen zur Flüchtlingsbetreuung und -integration“ (Drucksache 20/1922)
  • Zur „Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“: Inhalt des Antrags: „Verringerung der Kosten für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ (Drucksache 20/1920)
  • Zu „Naturschutzverbänden“: Inhalt des Antrags: „Zuwendungen an Naturschutzverbände reduzieren“ (Drucksache 20/1931)
  • Zum „Förderprojekt ‘Antidiskriminierung’“: Inhalt des Antrags: „Streichung des Förderprodukts Nr. 64: ‘Antidiskriminierung’“ (Drucksache 20/1925)
  • Zum „Förderprojekt für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und zum Ausgleich von sozialen Benachteiligungen“: Inhalt des Antrags: „Streichung des Förderprodukts Nr. 62: Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Ausgleich von sozialen Benachteiligungen“ (Drucksache 20/1923)
  • Zur „Innovativen Mobilität“: Inhalt des Antrags: „Streichung der Mittel für ‘Innovative Mobilität’“ (Drucksache 20/1917)
  • Zur „Ausbildungs- und Berufsvorbereitung“: Inhalt des Antrags: „Leistungen für Ausbildungs- und Berufsvorbereitung an beruflichen Schulen sowie Mittelstufe an Schulen für Erwachsene kürzen“ (Drucksache 20/1906)
  • Zu „Schulen in freier Trägerschaft“: Inhalt des Antrags: „Leistungen für Schulen in freier Trägerschaft kürzen“ (Drucksache 20/1903)
  • Zur „Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund“: Inhalt des Antrags: „Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund reduzieren“ (Drucksache 20/1902)
  • Zur „Förderung von kranken Kinder“: Inhalt des Antrags: „Signifikante Einsparung im Bereich Prävention von sonderpädagogischer Förderung/Inklusive Beschulung/Förderung kranker Schülerinnen und Schüler“ (Drucksache 20/1901)
  • Zur „Koordination von Asyl- und Flüchtlingspolitik“: Inhalt des Antrags: „Streichung der Stabsstelle ‘Koordinierung Asyl- und Flüchtlingspolitik’“ (Drucksache 20/1892)
  • Zur „Kampagne für Respekt und Werte“: Inhalt des Antrags: „Streichung der Mittel für die Respekt-/Werte-Kampagne“ (Drucksache 20/1891)

Alle Anträge wurden abgelehnt

Der Gesetzentwurf zum neuen Haushaltsplan des Landes hat das Hessische Ministerium für Finanzen im Oktober 2019 vorgestellt. Alle hier aufgeführten Anträge der AfD-Fraktion wurden vom Haushaltsausschuss abgelehnt. Der Landtag hat den neuen Haushalt mittlerweile verabschiedet, teilte das Hessische Finanzministerium am 19. Februar mit.