Faktencheck

Falscher Kontext: Foto von verletzter Frau hat keinen Bezug zu George Floyd

Auf Facebook wird ein Foto einer verletzten Frau verbreitet, um Stimmung gegen den getöteten George Floyd und die „Black Lives Matter“-Bewegung zu machen. Die Frau sei von Floyd und Komplizen geschlagen worden, wird behauptet. Das ist falsch. Das Bild zeigt eine Studentin, die 2018 in Madrid überfallen wurde.

von Alice Echtermann

George Floyd
George Floyds Tod war der Anlass weltweiter Proteste, wie hier in New York. Anschließend wurden im Netz Behauptungen verbreitet, die ihn diskreditieren sollten. (Symbolfoto: Marie Le Ble / ZUMA Wire / picture alliance)
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Größtenteils falsch. Das Foto hat keinen Bezug zu George Floyd. Den Raubüberfall auf Aracely Henriquez gab es, der Vorfall wird jedoch nicht korrekt dargestellt.

Auf Facebook wurde am 21. Juni ein Foto geteilt, das eine verletzte Frau zeigt. Darüber steht, ihr Name sei Aracely Henriquez. Sie sei von George Floyd und fünf weiteren Männern „entführt und brutal geschlagen“ worden und zu diesem Zeitpunkt schwanger gewesen. Floyd habe ihr gedroht, ihr Kind zu töten. 

Der Beitrag wurde bis zum 24. Juni mehr als 800 Mal geteilt. Das Foto zeigt nach Recherchen von CORRECTIV jedoch nicht das, was behauptet wird. Es stammt aus Spanien, ist von 2018 und hat nichts mit dem Schwarzen George Floyd zu tun, der im Mai in Minneapolis, Minnesota, bei einem Polizeieinsatz getötet wurde. Ein weißer Polizeibeamter kniete dabei minutenlang auf seinem Hals – der Vorfall löste weltweit Proteste unter dem Slogan „Black Lives Matter“ aus. 

Aracely Henriquez ist der Name einer Frau, die tatsächlich 2007 Opfer eines Raubüberfalls wurde, an dem George Floyd beteiligt war. US-Medien haben zu dieser Vorstrafe Floyds bereits recherchiert. Auf dem Foto, das auf Facebook geteilt wird, ist jedoch nicht Henriquez zu sehen, sondern eine andere Frau aus Spanien.

Der Beitrag auf Facebook mit dem falschen Foto. (Screenshot am 23. Juni 2020, Verpixelung und Schwärzung: CORRECTIV)

Mit einer Bilder-Rückwärtssuche bei Google fanden wir das Foto der Frau in einem Medienbericht von 2018 auf der englischen Version der Webseite von El PaísDarin heißt es, die junge Frau sei eine US-amerikanische Studentin namens Andrea Sicignano, die in Madrid von einem Mann überfallen und vergewaltigt worden sei. Sie selbst hatte das Foto und den Vorfall im Dezember 2018 auf Facebook publik gemacht. Laut El País wurde der Verdächtige bereits wenig später festgenommen, das habe die Polizei mitgeteilt.

Am 12. Juni 2020 schrieb Sicignano auf Facebook, sie sei „angewidert“ davon, dass Menschen ihr Foto für „politische Propaganda“ benutzen.

Falsches Foto wurde zuerst im englischsprachigen Raum verbreitet 

Das Foto kursierte mit der falschen Beschreibung zunächst auf Englisch. Internationale Faktenchecker, zum Beispiel von Snopes (12. Juni), recherchierten ebenfalls, dass das Bild nicht Aracely Henriquez zeigt. 

Snopes hat zudem die Vorstrafen von George Floyd anhand von Gerichtsdokumenten analysiert und über den Raubüberfall 2007 berichtet. Demnach wird der Vorfall, bei dem George Floyd gemeinsam mit fünf Komplizen eine Frau überfiel, in dem Facebook-Beitrag verzerrt dargestellt. 

Snopes berichtete, Floyd und fünf weitere Männer seien im August 2007 in Henriquez’ Haus eingebrochen, während sie zu Hause war, und hätten Drogen und Geld gesucht. Floyd habe sie mit einer Pistole bedroht, die er ihr auf den Bauch setzte. Henriquez sei auch geschlagen worden, als sie um Hilfe rief. Es gibt jedoch laut Snopes keine Belege, dass sie schwanger war, oder dass Floyd drohte, ihr Baby zu töten. Henriquez wurde demnach auch nicht entführt.

Das offizielle Dokument, das den Vorfall schildert, wurde von Factcheck.org ins Netz gestellt und kann hier eingesehen werden. Tatsächlich steht darin nichts von einer Schwangerschaft oder Drohung gegen ein Kind. George Floyd habe sich schuldig bekannt, sei wegen des Überfalls 2009 zu fünf Jahren Haft verurteilt und im Januar 2013 entlassen worden, schreibt Snopes