Faktencheck

Nein, ein 13-Jähriger aus Ostfriesland ist nicht wegen eines Mund-Nasen-Schutzes gestorben

In einigen Beiträgen auf Facebook wird suggeriert, dass ein 13-jähriger Schüler aus Ostfriesland im Schulbus erstickt sei, weil er eine Maske trug. Das ist falsch. Das Bestattungsunternehmen hat das Gerücht dementiert und bittet um Respekt gegenüber der Familie.

von Sarah Thust

Kinder im Regen
In einigen Facebook-Beiträgen wird fälschlicherweise behauptet, ein 13-Jähriger aus Ostfriesland sei gestorben, weil er eine Maske trug. Das ist falsch. (Symbolbild: Unsplash / Ben Wicks)
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Falsch. Der Junge aus Ostfriesland ist weder im Bus gestorben, noch trug er bei seinem Zusammenbruch einen Mund-Nasen-Schutz.

Zum wiederholten Mal kursiert im Internet das Gerücht, ein Kind sei wegen eines Mund-Nasen-Schutzes gestorben. Diesmal soll es sich um einen 13-Jährigen aus Ostfriesland handeln, der im Bus kollabiert sei. Das Gerücht wurde seit dem 6. Oktober mehrere Hundert Mal auf Facebook geteilt. Als vermeintliche Belege wurden die Todesanzeige sowie die Kontaktdaten der Schule des Jungen mit veröffentlicht.

Name, Wohnort, Traueranzeige und die Adresse der Schule liegen CORRECTIV vor. Wir werden diese Informationen sowie die Links zu den Facebook-Beiträgen in diesem Bericht nicht verlinken, um die Privatsphäre des Jungen und seines Umfelds zu schützen.

Auf Facebook werden die Traueranzeige der Familie und sogar die Adresse der Schule geteilt.
Auf Facebook werden die Traueranzeige der Familie und sogar die Adresse der Schule geteilt. (Quelle: Facebook / Screenshot: CORRECTIV)

Der Junge trug keinen Mund-Nasen-Schutz und brach auch nicht in einem Bus zusammen

Das Bestattungsunternehmen der ostfriesischen Stadt hat inzwischen eine Stellungnahme zu den Behauptungen auf der Gedenkseite des Jungen veröffentlicht. Darin hieß es, in der letzten Zeit seien viele Falschmeldungen bezüglich des Tods des Jungen in den Sozialen Medien verbreitet worden. Der Junge habe bei seinem Zusammenbruch keinen Mund-Nasen-Schutz getragen und er sei auch nicht in einem Bus zusammengebrochen. Sein Tod habe „rein gar nichts mit dem Coronavirus zu tun“.

Zuletzt schrieb das Unternehmen: „Wir möchten alle bitten, aus Respekt seiner Familie gegenüber, keine Falschmeldungen zu verbreiten.“

Erklärung des Bestattungsunternehmens zu Falschbehauptungen in den Sozialen Netzwerken.
Erklärung des Bestattungsunternehmens zu Falschbehauptungen in den Sozialen Netzwerken. (Screenshot: CORRECTIV)

Wir haben zudem versucht, die Schule des Jungen für eine Auskunft zu erreichen. Eine Angestellte durfte uns gegenüber jedoch keine Angaben machen. Einen Rückruf durch die Schulleitung erhielten wir nicht. 

Es gelang uns jedoch, die zuständige Staatsanwaltschaft in Aurich zu kontaktieren. Ein Sprecher schrieb uns per E-Mail: „Der Facebook-Beitrag entspricht nicht den Tatsachen. Zutreffend ist, dass leider in unserem Bezirk ein 13-jähriger Junge verstorben ist. Der Tod des 13-Jährigen stand jedoch nicht im Zusammenhang mit einem Mund-Nasen-Schutz. Auch stand der Tod des 13-jährigen Jungen in keinem Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.“ Zuvor hatte die DPA darüber berichtet. 

Die Staatsanwaltschaft schreibt, der Facebook-Beitrag entspreche nicht den Tatsachen.
Die Staatsanwaltschaft schreibt, der Facebook-Beitrag entspreche nicht den Tatsachen. (Quelle: E-Mail der Staatsanwaltschaft vom 8.10.2020 / Screenshot)

WHO und Unicef: Kinder ab sechs Jahren können Masken tragen

Für gesunde Kinder ist das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes genauso wie für Erwachsene laut Experten unbedenklich, wie wir bereits in einem Faktencheck erläuterten. Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin schrieb uns per E-Mail: „Für gesunde Kinder, die ein Jahr oder älter sind, sind solche Masken ungefährlich, solange das Kind wach ist und man es nicht zwingt, die Masken auf zu behalten, wenn es diese nicht mehr haben will.“ 

Die Weltgesundheitsorganisation und Unicef empfehlen, dass Kinder unter fünf Jahren nicht verpflichtend Masken tragen sollten. Weiter heißt es: „Dies basiert auf der Sicherheit und dem allgemeinen Interesse des Kindes sowie auf der Fähigkeit, eine Maske mit minimaler Unterstützung angemessen zu verwenden.“ 

Kinder zwischen sechs und elf Jahren sollten einen Mund-Nasen-Schutz nur unter bestimmten Bedingungen aufsetzen. Risiken seien dabei aber nicht Atemprobleme, sondern beispielsweise „mögliche Auswirkungen des Tragens einer Maske auf das Lernen und die psychosoziale Entwicklung“.

Kinderschutzbund kritisiert Falschmeldungen scharf

Neben der Falschbehauptung über den Jungen aus Ostfriesland verbreiten sich in Sozialen Netzwerken Behauptungen über angeblich vier weitere Kinder, die wegen des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes verstorben seien. Belege dafür liefert niemand – und die sind auch nicht zu finden (CORRECTIV berichtete, zum Beispiel hier.).

Am 2. Oktober hat der Kinderschutzbund Falschbehauptungen wie diese scharf kritisiert. In einem Beitrag auf Twitter schrieb die Organisation: „Wir sind erschüttert darüber, dass es in unserem Land eine Gruppe von Menschen gibt, die den Tod von Kindern für ihre eigenen politischen Zwecke instrumentalisiert. Diese Menschen haben vieles, aber ganz sicher nicht das Wohl der Kinder im Sinn.“

Der Kinderschutzbund hat sich auf Twitter zu den Falschmeldungen geäußert.
Der Kinderschutzbund hat sich auf Twitter zu den Falschmeldungen geäußert. (Quelle: Twitter / Screenshot: CORRECTIV)